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BFG zur AfA-Berechtigung für gepachtete Wirtschaftsgüter und zur Bewertung des abnutzbaren Anlagevermögens bei Wechsel von Teilpauschalierung auf vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung

Bearbeiter: Theres Neumüller

EStG 1988: § 7 Abs 1

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob dem Pächter einer land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft nach § 7 Abs 1 EStG eine Berechtigung zur AfA der gepachteten Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens zusteht. Weiters war strittig, welche Werte im Fall eines Wechsels von einer Teilpauschalierung zu einer vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung als Bemessungsgrundlage für die AfA heranzuziehen seien. Voraussetzung für die AfA ist das wirtschaftliche Eigentum am jeweiligen Wirtschaftsgut. Da dieses bei einem Pachtverhältnis nicht vorliegt, war eine AfA der gepachteten Gegenstände durch die Bf nicht möglich. Als Bemessungsgrundlage der selbst erworbenen Wirtschaftsgüter sind für die AfA nach dem Wortlaut von § 7 Abs 1 EStG unstrittig die Anschaffungs- bzw Herstellungskosten anzusetzen. Eine Aufwertung auf den Zeitwert ist nicht zulässig.

BFG 11. 4. 2023, RV/6100002/2023

Sachverhalt

Die Beschwerdeführer (Bf) pachteten ab 1. 1. 2011 auf unbestimmte Zeit eine Liegenschaft samt dazugehörigen Baulichkeiten und Inventar von ihren Eltern und nutzten diese – wie auch die Eltern zuvor – im Rahmen ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Im Fall eines Ablaufs der Pacht sind die Bf vertraglich dazu verpflichtet, die übernommenen Inventargegenstände gleichwertig rückzustellen. Der vorerst mündlich abgeschlossene Pachtvertrag wurde am 9. 3. 2011 verschriftlicht. Neben dem gepachteten Inventar haben die Bf ab 2011 weitere Maschinen und andere Wirtschafsgüter für ihren Betrieb angeschafft. Von 2011‒2015 ermittelten die Bf ihren Gewinn mittels Teilpauschalierung und wechselten ab 2016 zu einer vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Dabei berücksichtigten sie für die übernommenen sowie für die selbst angeschafften Wirtschaftsgüter eine Abschreibung für Abnutzung (AfA) iSd § 7 Abs 1 EStG als Betriebsausgabe. Als Bemessungsgrundlage für die AfA wurden die (höheren, tw die Anschaffungskosten übersteigenden) Zeitwerte der Wirtschaftsgüter in 2016 herangezogen, deren Restnutzungsdauer wurde geschätzt. Strittig war zum einen die Bemessungsgrundlage für die AfA und zum anderen, wem die Geltendmachung der AfA tatsächlich zustand.

Entscheidung des BFG

Für die Berechtigung zur Geltendmachung der AfA iSd § 7 Abs 1 EStG wird zumindest wirtschaftliches Eigentum an den jeweiligen (abnutzbaren) Anlagegütern vorausgesetzt. Pächter gelten idR nicht als wirtschaftliche Eigentümer der gepachteten Wirtschaftsgüter, weshalb ihnen grds auch keine AfA-Berechtigung zukommt. Eine AfA können Pächter lediglich für selbst angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter geltend machen (vgl Kirchmayr/Geringer in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG [21. Lfg 2020] § 7 Rz 10). Bemessungsgrundlage für die AfA sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wobei die AfA idR erstmals mit Inbetriebnahme möglich ist. Bei der land- und forstwirtschaftlichen Teilpauschalierung ist die AfA als regelmäßiger Vorgang bereits von der Pauschalierung umfasst und kann nicht noch zusätzlich geltend gemacht werden (vgl Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG [19. Lfg 2017] § 21 Rz 154/1).

Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall, dass den Bf als Pächter mangels wirtschaftlichen Eigentums keine Berechtigung zur AfA für die von den Eltern gepachteten Wirtschaftsgüter zukommt. Hinsichtlich der selbst angeschafften Wirtschaftsgüter liegt wirtschaftliches Eigentum vor, weshalb den Bf idZ grundsätzlich eine AfA zusteht. Nach dem Wortlaut von § 7 Abs 1 EStG sind als Bemessungsgrundlage für die AfA jedoch die tatsächlichen Anschaffungskosten heranzuziehen und nicht – wie von den Bf vertreten – die etwaigen Zeitwerte. Daran vermöge auch der Wechsel von der Gewinnermittlung durch Teilpauschalierung nach § 9 der Land- und Forstwirtschaft-Pauschalierungsverordnung 2015 (LuF-PauschVO 2015, BGBl II 2013/125 idgF) zu einer vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nichts zu ändern. Die Teilpauschalierung unterscheidet sich von der ab 2016 angewendeten vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nur dadurch, dass die Betriebsausgaben bis 2015 pauschal iHv 70 % der tatsächlichen Betriebseinnahmen und ab 2016 mit den tatsächlichen Werten angesetzt wurden. Es sei dadurch weder zu einem Wechsel des wirtschaftlichen Eigentums an den gepachteten Wirtschaftsgütern noch zu einem Wechsel der Gewinnermittlungsart gekommen. Dementsprechend seien die Buchwerte des Anlagevermögens aus der Zeit der Pauschalierung fortzuführen. Das EStG enthalte dazu keine Grundlage für eine etwaige Aufwertung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Auch die Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter sei ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme zu bemessen und nicht ab dem Zeitpunkt des Wechsels auf eine vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung in 2016. Den Bf wurde daher im Ergebnis nur die AfA für die selbst erworbenen Wirtschaftsgüter zugesprochen. Zudem war die AfA auf Basis der tatsächlichen Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Inbetriebnahme zu bemessen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Conclusio

Die beiden in der vorliegenden Entscheidung zu klärenden Fragen zur AfA-Berechtigung einerseits und der AfA-Bemessungsgrundlage andererseits scheinen auf den ersten Blick insb durch den Wortlaut des Gesetzes in § 7 Abs 1 EStG, aber auch aufgrund der zitierten Literatur relativ eindeutig zu beantworten zu sein und wenig Raum für Diskussion zu lassen. Denn, dass die Geltendmachung der AfA als Betriebsausgabe nur dem wirtschaftlichen Eigentümer des Wirtschaftsguts (und damit keinem Mieter oder Pächter) zusteht, erscheint nachvollziehbar, da es ansonsten uU zur Mehrfachberücksichtigung der AfA für ein und dasselbe Wirtschaftsgut kommen könnte. Auch die Tatsache, dass der Wechsel von einer Teilpauschalierung (der Betriebsausgaben) zu einer vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu keinem Wechsel der Gewinnermittlungsart führt, ist in der Literatur hinreichend geklärt (vgl dazu zB Kofler/Urnik/Rohn, Handbuch Betriebsaufgabe und Wechsel der Gewinnermittlung3 [2020] 176 ff). Demnach sind für abnutzbares Anlagevermögen auch die (historischen) Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen; für abnutzbares Anlagevermögen der rechnerische Buchwert (vgl EStR 2000 Rz 716). Auffallend ist im vorliegenden Fall, dass die Bf für bereits vor vielen Jahren angeschaffte (und gepachtete) Wirtschaftsgüter, außerordentlich hohe Zeitwerte angesetzt haben, die zumeist deutlich über den historischen Anschaffungskosten lagen. Im Ergebnis hätte dies zu hohen und damit für die Bf günstigen AfA-Beträgen geführt. Selbst, wenn diese Werte tatsächlich anerkannt würden, ist ein ausnahmsweiser Ansatz des über den Anschaffungskosten liegenden Teilwerts bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben nach § 6 Z 2 lit b EStG nur für Wirtschaftsgüter mit biologischem Wachstum zulässig. Auch dies lag im Beschwerdefall jedoch nicht vor.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34463 vom 05.09.2023