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BFG zur Anteilsvereinigung und zum Stiftungseingangssteueräquivalent

Bearbeiter: Franz Wallig

GrEStG 1987: § 1 Abs 3, § 4, § 7

StiftEG: § 1

Abstract

Im vorliegenden Fall wurden einer Privatstiftung alle Anteile an einer GmbH gestiftet. Dadurch wurde eine Anteilsvereinigung gem § 1 Abs 3 Z 2 GrEStG verwirklicht, die nach dem Gesetzeswortlaut zur Erhebung eines Stiftungseingangssteueräquivalents gem § 7 Abs 2 GrEStG führt. Allerdings wurde für die Übertragung der Anteile bereits Stiftungseingangssteuer entrichtet, weil nur direkte Grundstücksübertragungen von der Stiftungseingangssteuer befreit sind. Das BFG kam zum Schluss, dass in diesem Fall eine Erhebung des Stiftungseingangssteueräquivalents systemwidrig ist und § 7 Abs 2 GrEStG teleologisch reduziert werden muss.

BFG 31. 7. 2024, RV/6100332/2021

Sachverhalt und Verfahrensgang

Mit einer Nachstiftungsvereinbarung vom 4. 12. 2020 wurden sämtliche Geschäftsanteile an einer GmbH unentgeltlich auf die Beschwerdeführerin (Bf), eine österreichische Privatstiftung, übertragen. Im Vermögen der GmbH befand sich eine Betriebsliegenschaft, deren Gründstückswert iSd § 4 Abs 1 GrEStG unstrittig 1.491.885,17 € betrug. Die Bf zeigte die Nachstiftungsvereinbarung dem Finanzamt an und errechnete Grunderwerbsteuer für die Verwirklichung einer Anteilsvereinigung in einer Hand gem § 1 Abs 3 Z 2 iVm § 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG iHv 0,5 % des Grundstückswerts (= 7.459,43 €). Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass zusätzlich ein Stiftungseingangssteueräquivalent iHv 2,5 % des Grundstückswerts (= 37.297,13 €) gem § 7 Abs 2 GrEStG festzusetzen ist.

Entscheidung des BFG

Da zum Vermögen der GmbH ein inländisches Grundstück gehört und alle Anteile an der Gesellschaft in der Hand der Bf vereinigt wurden, liegt unstrittig eine Anteilsvereinigung iSd § 1 Abs 3 Z 2 GrEStG vor. Für solche Anteilsvereinigungen ist der Grundstückswert gem § 4 GrEStG als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Die Steuer beträgt gem § 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG 0,5 %. Demnach wurde die Grunderwerbsteuer für die Anteilsvereinigung von der Bf korrekt iHv 7.459,43 € errechnet.

Fällt bei einem unentgeltlichen Erwerb durch eine Privatstiftung eine Steuer gem § 7 Abs 1 GrEStG an, erhöht sich diese Steuer gem § 7 Abs 2 GrEStG um 2,5 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem Grundstückswert und einer allfälligen Gegenleistung (Stiftungseingangssteueräquivalent). Dieses Stiftungseingangssteueräquivalent sollte die Stiftungseingangssteuer für Grundstücksübertragungen an eine Privatstiftung nach dem StiftEG ersetzen, die vom VfGH mit Erk v 2. 3. 2011, G 150/10 als verfassungswidrig aufgehoben wurde. Nach dieser Entscheidung hat der Gesetzgeber im Steuerreformgesetz 2015/2016 die Zuwendung von Grundstücken in § 1 Abs 6 Z 5 StiftEG ausdrücklich von der Stiftungseingangssteuer befreit und stattdessen eine erhöhte Grunderwerbsteuer durch das Stiftungseingangssteueräquivalent eingeführt. Im vorliegenden Fall fällt jedoch eine Stiftungseingangssteuer an, weil die Befreiung in § 1 Abs 6 Z 5 StiftEG nur direkte Zuwendungen erfasst. Es würde daher sowohl Stiftungseingangssteuer iHv 2,5 % als auch ein Stiftungseingangssteueräquivalent iHv 2,5 % anfallen.

Nach Ansicht des BFG ist die kumulierte Besteuerung von Stiftungseingangssteuer und Stiftungseingangssteueräquivalent systemwidrig. § 7 Abs 2 GrEStG ist teleologisch zu reduzieren und das Gesetz nach seinem Sinn und Zweck auszulegen. Sinn und Zweck des Gesetzes kann nur darin liegen, dass bei einer Anteilsvereinigung iVm einem der Stiftungseingangssteuer unterliegenden Sachverhalt nicht auch das Stiftungseingangssteueräquivalent anzuwenden ist (vgl dazu auch Pinetz/Plansky in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG2 [2024] § 7 Rz 58). Das BFG hat die Grunderwerbsteuer daher ohne Stiftungseingangssteueräquivalent gem § 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG iHv 0,5 % des Grundstückswerts festgesetzt.

Conclusio

Das Problem der doppelten Belastung mit Stiftungseingangssteuer und Stiftungseingangssteueräquivalent bei Anteilsvereinigung ist bereits seit Einführung des Stiftungseingangssteueräquivalents durch das Steuerreformgesetz 2015/2016 bekannt (siehe bspw Wilplinger, PSR 2015, 109 [112]). Dabei wurde auch in der Lit bereits vielfach vorgebracht, dass bei Anteilsvereinigungen eine teleologische Reduktion des Stiftungssteuereingangsäquivalents gem § 7 Abs 2 GrEStG vertretbar ist (N. Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG [17. Lfg 2020] zu § 7 GrEStG, Rz 48a; Varro, JEV 2015, 92 [95]; Brezina/Kampitsch/Leyrer, PSR 2019, 28 [29]). Es ist zu begrüßen, dass sich das BFG den Stimmen in der Lit angeschlossen und sich gegen die doppelte Belastung mit Stiftungseingangssteuer und Stiftungseingangssteueräquivalent ausgesprochen hat. Die ordentliche Revision wurde jedoch zugelassen und es bleibt abzuwarten, ob das Finanzamt eine solche einlegen wird.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35984 vom 21.10.2024