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BFG zur Antragsberechtigung für die Forschungsprämie nach einem Zusammenschluss

Bearbeiter: Kilian Posch

EStG 1988: § 108c Abs 1

UmgrStG: § 13 Abs 1, § 24 Abs 1 Z 2, § 25 Abs 2

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob sich die Rückwirkungsfiktion gem § 24 Abs 1 Z 2 iVm § 13 Abs 1 UmgrStG auch auf die Antragsberechtigung für die Forschungsprämie erstreckt. Im vorliegenden Fall übertrug eine Gesellschaft ihren Forschungsbetrieb im Rahmen eines Zusammenschlusses rückwirkend auf eine Mitunternehmerschaft. Das BFG erkannte, dass § 108c EStG auf die Mitunternehmerschaft als Zurechnungssubjekt der Forschungsprämie und somit rückwirkend auf ihren ertragsteuerlichen Entstehungszeitpunkt abstellt. Damit ist die Mitunternehmerschaft und nicht die übertragende Gesellschaft zur Geltendmachung der Prämie für alle Forschungsausgaben berechtigt, die ab dem Zusammenschlussstichtag angefallen sind. Die Revision ist zulässig.

BFG 10. 9. 2024, RV/7100391/2023

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine nicht näher beschriebene Gesellschaft, die in ihrem Betrieb Arzneimittel entwickelt und medizinische (Grundlagen-)Forschung betreibt. Sie schloss im Jänner 2020 einen Zusammenschlussvertrag mit einer GmbH & Co KG ab, welche sich laut Vertrag rückwirkend ab April 2019 an der Bf als atypisch stille Gesellschafterin beteiligte. Die Bf übertrug mit dem Zusammenschluss iSd Art IV UmgrStG ihren gesamten Betrieb auf die atypisch stille Gesellschaft. Zwischen Zusammenschlussstichtag im April 2019 und Ende desselben Jahres fielen in diesem Betrieb Aufwendungen für Forschung und Entwicklung an, für welche die Bf die Forschungsprämie gem § 108c EStG beziehen wollte. Mit ihrer Beschwerde gegen den im Erkenntnis nicht weiter erwähnten Bescheid begehrte sie die Forschungsprämie selbst und bekämpfte damit die Antragsberechtigung der Mitunternehmerschaft zur Prämie für die Forschungsaufwendungen im Jahr 2019.

Entscheidung des BFG

Gem § 108c Abs 1 EStG können Steuerpflichtige (Stpfl), soweit sie nicht Mitunternehmer sind, sowie Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, eine Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und für Auftragsforschung in der Höhe von jeweils 14 % der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen geltend machen. Neben den Stpfl, die keine Mitunternehmer sind, sind demnach ausdrücklich Mitunternehmerschaften Zurechnungssubjekte für die prämienbegünstigten Aufwendungen. Ein Zusammenschluss, der in diesem Fall zum Entstehen der Mitunternehmerschaft geführt hat, kann gem § 24 Abs 1 Z 2 iVm § 13 Abs 1 UmgrStG von der Anmeldung beim Firmenbuchgericht oder von der Meldung beim zuständigen Finanzamt an gerechnet auf einen bis zu neun Monate zurückliegenden Stichtag rückbezogen werden. Diese Rückwirkungsfiktion bewirkt, dass die Einkünfte der Zusammenschließenden nach § 25 Abs 2 iVm § 14 Abs 2 UmgrStG in Hinsicht auf das betroffene Vermögen so zu ermitteln sind, als ob die Vermögensübertragung mit Ablauf des Zusammenschlussstichtages erfolgt wäre. Die dadurch mit dem Ablauf des Zusammenschlussstichtages entstehende Mitunternehmerschaft ist rein ertragsteuerrechtlich existent und vom zivilrechtlichen Entstehungszeitpunkt des Zusammenschlusses zu unterscheiden. Das Heranziehen der Mitunternehmerschaft als Zurechnungssubjekt in § 108c EStG führt demnach dazu, dass auch die Antragsberechtigung für die Forschungsprämie mit dem ertragsteuerlichen Entstehungszeitpunkt, dh dem Zusammenschlussstichtag, auf die Mitunternehmerschaft übergegangen ist. Der Wortlaut schließt es aus, dass neben der Mitunternehmerschaft auch die Bf als Stpfl eine eigene Antragsberechtigung haben könne. Daher ist nur die Mitunternehmerschaft selbst zur Geltendmachung der Forschungsprämie für die Forschungsaufwendungen seit April 2019 berechtigt. In Bestätigung der Ansicht der Finanzverwaltung (vgl EStR 2000, Rz 8208fa) hält das BFG zudem fest, dass zur Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie auch die Aufwendungen zählen, die aus Anlass der Aufnahme von atypisch stillen Gesellschaftern entstehen, soweit sie dem Bereich Forschung und Entwicklung zuzurechnen sind. Da noch keine hgRsp zur Frage besteht, ob die Rückwirkungsfiktion des UmgrStG auch auf die Antragsberechtigung zur Forschungsprämie anzuwenden ist, war die Revision zuzulassen.

Conclusio

Die Schlussfolgerung des BFG, dass mit der Heranziehung des Begriffs der Mitunternehmerschaft in § 108c EStG auch der Zeitpunkt des ertragsteuerlichen „Entstehens“ der Mitunternehmerschaft für die Antragsberechtigung maßgeblich sein muss, ist überzeugend. Gem § 24 Abs 1 Z 1 iVm § 13 UmgrStG sind mit dem Ablauf des Zusammenschlussstichtages sämtliche das übertragene Vermögen betreffende Rechtsgeschäfte ertragsteuerlich der übernehmenden Mitunternehmerschaft zuzurechnen, auch wenn die Anmeldung der Einbringung erst bis zu neun Monate nach dem Stichtag erfolgt. Diese Rückwirkungsfiktion betrifft allerdings allein die ertragsteuerliche Vermögens- und Einkünftezurechnung des Einbringungsvermögens und hat keine Bedeutung für andere Rechtsbereiche (vgl Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler (Hrsg), UmgrStG13 § 24 Rz 11 ff).

Die Kernfrage, die im Erk des BFG nicht tangiert wird, lautet demnach, ob die Forschungsprämie in die ertragsteuerliche Sphäre iSd § 13 iVm § 24 UmgrStG fällt. Im vorliegenden Fall betrifft die Forschungsprämie unzweifelhaft das übertragene Vermögen, weil dieses aus dem Forschungsbetrieb besteht. Die Forschungsprämie ist hingegen als Gutschrift konzipiert, die Investitionen unabhängig vom konkreten Steuersatz des Unternehmens fördert. Auch in den Gesetzesmaterialien ist zu lesen, dass es sich bei der Forschungsprämie um keine steuerliche, sondern um eine allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahme handle, die aus historischen Gründen im EStG kodifiziert worden sei (vgl ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 113). Dennoch gibt es inhaltliche Anknüpfungspunkte der Forschungsprämie an das Ertragsteuerrecht, die schlussendlich für die Ansicht des BFG sprechen dürften. Das offensichtlichste Argument ist die bewusste Einbettung der Forschungsprämie in das EStG, was bereits eine Zuordnung zur ertragsteuerlichen Sphäre indiziert. Allerdings finden sich auch über dieses eher formalistisch geprägte Argument weitere Anhaltspunkte, die für die Ansicht des BFG sprechen. So muss die Forschung in einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte erfolgen, wodurch die Prämie im Regelfall mit dem Besteuerungsrecht Österreichs an den Gewinnen korrespondiert (vgl Atzmüller in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG24 [2024] § 108c Rz 14 ff). Darüber hinaus sind die Gewinne aufgrund der Rückwirkungsfiktion bei der Mitunternehmerschaft zu ermitteln und später den einzelnen Mitunternehmern zuzurechnen. Auch wenn die Mitunternehmerschaft in wirtschaftlicher Betrachtung nicht die unternehmerische Entscheidung getroffen hat, die in der Vergangenheit liegenden Forschungsaufwendungen zu tätigen und von der Prämie somit nicht der gewünschte Investitionsanreiz ausgehen kann, erscheint es deshalb angemessen, die Gutschrift gem § 108c EStG ebenfalls auf Ebene der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen. Des Weiteren ist ins Feld zu führen, dass § 108c Abs 4 EStG die Prämie als auch ihre Rückforderungsansprüche als Abgabe vom Einkommen iSd BAO legaldefiniert. Ungeachtet dessen, dass diese Einordnung nicht zwingend für die Auslegung des Umgründungssteuerrechts gelten muss, sprechen somit insgesamt triftige Gründe für die Maßgeblichkeit der Rückwirkungsfiktion für die Anspruchsberechtigung zur Forschungsprämie.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36230 vom 02.01.2025