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EStG 1988 (idF AbgÄG 2012): § 16 Abs 1 Z 8 lit c, § 30 Abs 1, § 30 Abs 4
Abstract
Als AfA-Bemessungsgrundlage können die fiktiven Anschaffungskosten gem § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG für ein Gebäude des Altvermögens herangezogen werden, sofern dieses Gebäude erstmalig zur Einkünfteerzielung verwendet wird. Nach Ansicht des BFG bezieht sich der Begriff Grundstück im § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG auf das Grundstück in seiner Gesamtheit. Die erstmalige Nutzung zur Einkünfteerzielung bei einem nicht parifizierten Gebäude liegt daher bereits dann vor, wenn ein Teil des des Gebäudes zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt wurde. Da das Gebäude im vorliegenden Fall jedoch nicht erstmalig zur Einkünfteerzielung genutzt wurde, fand keine Änderung der Bemessungsgrundlage der AfA statt.
BFG 20. 3. 2024, RV/5100046/2024
Sachverhalt
Im Jahr 1985 erwarb der Beschwerdeführer (Bf) einen Drittelanteil des betreffenden Grundstücks, gefolgt von einem Erwerb der verbleibenden Anteile im Jahr 1995. In beiden Fällen betrug das bezahlte Entgelt weniger als 50 % des Verkehrswertes der erworbenen Anteile. Zudem handelte es sich bei dem betreffenden Gebäude um ein Zinshaus, da die Wohneinheiten nicht parifiziert waren und somit kein Wohnungseigentum gemäß dem WEG bestand. Im Jahr 1995 beantragte der Bf schließlich für den erhaltenen Zweidrittelanteil den Ansatz der fiktiven Anschaffungskosten gem § 16 Abs 1 Z 8 lit b Satz 2 EStG 1988 idF BGBl 1993/818. Zusätzlich wurde im Kaufvertrag von 1995 den Eltern des Bf das lebenslange entgeltliche und grundbücherlich sicherzustellende Wohnrecht in der von ihnen schon bisher bewohnten Wohnung eingeräumt. Obwohl die Eltern des Bf dafür ein fremdunübliches Nutzungsentgelt bezahlten, erklärte der Bf dieses Nutzungsentgelt bzw die auf diese Wohnung entfallenden Ausgaben als Bestandteil der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Gebäudes. Erst im Zuge einer Betriebsprüfung im Jahr 2010 wurde die Feststellung getroffen, dass aufgrund der Belastung der Wohnung mit dem entgeltlichen Wohnrecht für den Bf keine Möglichkeit bestand, hieraus gewinnbringend Einkünfte zu erzielen. Auch war das entrichtete Nutzungsentgelt nicht wertgesichert. Somit war die Entgeltlichkeit des Wohnrechts nicht fremdüblich. In der Folge waren daher steuerlich, solange das Wohnrecht zu fremdunüblichen Bedingungen aufrecht war, aus dieser Wohnung weder Einnahmen noch Werbungskosten zu berücksichtigen. Erst im Zuge der Sanierung bzw Umgestaltung des Gebäudes im Jahr 2016 einigten sich der Bf und dessen Eltern auf ein ortsübliches Nutzungsentgelt. Ab diesem Zeitpunkt wurde daher auch die von den Eltern benutzte Wohnung wieder als Bestandteil der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks behandelt. Dabei wurden die fiktiven Anschaffungskosten im Jahr 2016 als Bemessungsgrundlage für die AfA angesetzt. Darüber hinaus wurde das betreffende Grundstück bzw Gebäude bereits zuvor über mehrere Jahre hinweg (seit 1995 und auch zuvor) zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet.
Entscheidung des BfG
Seit dem AbgÄG 2012 (BGBl) ist es nur mehr bei Gebäuden des Altvermögens iSd § 30 Abs 4 EStG zulässig, die fiktiven Anschaffungskosten als Bemessungsgrundlage für die AfA anzusetzen. Demnach sind gem § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG bei Altvermögen die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung für die AfA heranzuziehen. Da die Zahlungen des Bf für die Übertragung der Anteile weniger als 50 % des Verkehrswertes betrugen, liegt eine gemischte Schenkung zwischen den Eltern des Bf und dem Bf und somit eine unentgeltliche Übertragung vor. Folglich handelt es sich bei dem betreffenden Grundstück um ein nicht steuerverfangenes Grundstück gem § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG 1988. Das Gebäude samt Liegenschaft wurde nämlich seit dem 31. 3. 2002 nicht entgeltlich angeschafft. Im Ergebnis stellt das betreffende Grundstück bzw Gebäude daher Altvermögen iSd § 30 Abs 4 EStG dar.
Unstrittig ist zudem, dass es sich bei den Eltern des Bf um dessen nahe Angehörige iSd § 25 Abs 1 Z 2 BAO handelt. Nach der stRsp des VwGH können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur dann Anerkennung finden, wenn sie die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllen: Die Vereinbarungen müssen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden (vgl zB VwGH 19. 3. 2021, Ra 2021/13/0034). Aufgrund des von den Eltern bezahlten fremdunüblich niedrigen Nutzungsentgeltes konnte nach der Ansicht des BFG ertragsteuerlich keine entgeltliche Mietvereinbarung zwischen den Eltern und dem Bf bis zur Vereinbarung vom 1. 7. 2016 anerkannt werden.
Des Weiteren ist im gegenständlichen Fall fraglich, ob die Voraussetzung der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung bei einem nicht parifizierten Gebäude mit mehreren Wohneinheiten vorliegt, wenn bereits eine Wohneinheit zur Erzielung von Einkünften verwendet wurde, oder, ob auf die jeweilige Wohneinheit abzustellen ist. Nach der Ansicht des BFG bezieht sich die Wendung „Grundstück“ in § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG auf das Grundstück bzw das Gebäude iSd § 30 Abs 1 Satz 2 EStG in seiner Gesamtheit.
Diese Auslegung folgt auch daraus, da die AfA grundsätzlich einheitlich für ein Wirtschaftsgut vorzunehmen ist und dies auch für das Wirtschaftsgut Gebäude gilt. Zudem ist bei der Interpretation des Begriffs Grundstück in § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG maßgeblich, ob ein einheitliches Gebäude vorliegt. Nach der Rsp des VwGH stellt bei Gebäuden jede bautechnische Einheit für sich ein einzelnes Wirtschaftsgut Gebäude dar (vgl VwGH 10. 2. 2016, 2013/15/0181). Bei dem betreffenden Gebäude handelt es sich, wie sich aus einem Gutachten ergibt, um eine bautechnische Einheit, das sog Haupthaus. Die Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG kann daher nicht angewendet werden, wenn ein Teil des Grundstücks bereits zur Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung genutzt wurde. Wird in der Folge ein bisher nicht vermieteter Teil des Grundstücks ebenfalls zur Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung verwendet, liegt keine erstmalige Vermietung iSd § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG vor. Die bereits seit mehreren Jahren erfolgte fremdübliche Vermietung von Wohneinheiten in diesem Gebäude führt dazu, dass eine Anwendung des § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG auch für bisher nicht vermietete Wohneinheiten ausgeschlossen ist, weil das Gesetz auf das Grundstück als Gesamtheit abstellt.
Die notwendige Konsequenz der fehlenden Anwendbarkeit des § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG ist daher, dass sich an der bisherigen Bemessungsgrundlage der AfA nichts ändert. Die AfA ist weiterhin zu einem Drittel auf Basis des Einheitswerts und zu zwei Dritteln auf Grundlage der fiktiven Anschaffungskosten des Jahres 1995 vorzunehmen. Lediglich der Privatanteil vermindert sich aufgrund der ab dem Jahr 2016 stattfindenden fremdüblichen Vermietung an die Eltern des Bf.
Im Ergebnis wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Bislang liegt jedoch noch keine Rsp des VwGH zu der Frage vor, ob eine erstmalige Vermietung iSd § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG bei einem nicht parifizierten Gebäude bereits dann gegeben ist, wenn eine Wohneinheit des Gebäudes zur Einkünfteerzielung verwendet wird oder ob auf die jeweilige Wohneinheit abzustellen ist. Damit wurde die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG aufgrund des Fehlens einschlägiger hgRsp zugelassen und entsprechend erhoben.
Conclusio
Im vorliegenden Fall ist die Eigenschaft des Grundstücks als Altvermögen iSd § 30 Abs 4 EStG gegeben. Der Erwerb des Drittelanteils im Jahr 1985 und anschließend der Erwerb der Zweidrittelanteile im Jahr 1995 wurden vom BFG als gemischte Schenkung und folglich als unentgeltlich eingestuft. Da der Bf das Alleineigentum am Grundstück daher bereits vor dem 31. 3. 2002 erworben hat, war das Grundstück zum 31. 3. 2012 nicht mehr steuerverfangen und demnach als Altvermögen einzustufen. Des Weiteren kam das BFG zu dem Schluss, dass sich die Auslegung des Begriffs „Grundstück“ gem § 30 Abs 1 EStG auf das Grundstück und das darauf befindliche Gebäude als Gesamtheit bezieht. Damit stellt die bei dem für Altvermögen möglichen Ansatz der fiktiven Anschaffungskosten gem § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG erforderliche erstmalige Vermietung nicht auf den einzelnen Gebäudeteil, sondern auf das Grundstück im Gesamten ab. In der Folge änderte sich daher nichts an der bisherigen Bemessungsgrundlage der AfA, da Teile des Gebäudes bereits über mehrere Jahre hinweg zur Einkünfteerzielung genutzt wurden. Erwähnenswert ist zudem, dass die Entscheidung des BFG in Einklang mit der rezenten Rsp des VwGH (VwGH 22. 2. 2024, Ra 2022/13/0086) steht. Der VwGH hat sich in dieser Entscheidung für eine gebäudebezogene Betrachtungsweise ausgesprochen. Im Zuge dessen ist der VwGH zu dem Ergebnis gekommen, dass die erstmalige Vermietung iSd § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG ausscheidet, wenn ein Teil des Grundstücks bereits zu einem früheren Zeitpunkt von einem Miteigentümer vermietet wurde. Im vorliegenden Fall wurde Revision erhoben. Es bleibt daher abzuwarten, ob eine erstmalige Vermietung iSd § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG auch bei einem nicht parifizierten Gebäude ausscheidet, wenn ein Teil des Gebäudes bereits zur Einkünfteerzielung genutzt wurde.