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BFG zur Berechnung der anrechenbaren Quellensteuer bei Dividenden aus auf einem Schweizer Depot verwahrten Beteiligungen

Bearbeiter: Theres Neumüller

DBA-CH: Art 10, Art 23

DBA-USA: Art 10, Art 22 Abs 3

EStG 1988: § 27

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden, ob die Auslands-KESt VO auch im Fall von Beteiligungserträgen aus Dividenden auf einem ausländischen Depot anwendbar ist und wie sich diesfalls die Bemessungsgrundlage für den Anrechnungshöchstbetrag in § 1 Abs 2 Auslands-KESt VO zusammensetzt. Aus dem Gesamtkontext von § 1 Auslands-KESt VO ergibt sich, dass deren Bestimmungen ausschließlich auf ausländische Kapitalerträge einer inländischen auszahlenden Stelle (zB Kreditinstitut oder Bank) anzuwenden sind. Darüber hinaus sind die maximal anzurechnenden ausländischen Quellensteuern nur von jenen ausländischen Kapitalerträgen zu berechnen, die in § 27 Abs 2 Z 1 lit a‒c EStG genannt werden.

BFG 9. 5. 2023, RV/7105555/2019

Sachverhalt

Die in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Bf erzielte 2015 ausländische Kapitalerträge ua aus Dividenden, Veräußerungsgewinnen aus Aktien und Zinsen. Neben mehreren Depots bei Banken in Deutschland, besitzt die Bf in der Schweiz ein Wertpapierdepot, auf dem Beteiligungen an drei Unternehmen in der Schweiz und einem Unternehmen in den USA verwahrt und verwaltet werden. Von diesen Unternehmen erhielt die Bf im Streitjahr 2015 Beteiligungserträge (Dividenden). Für die Dividenden aus den Beteiligungen an den Schweizer Unternehmen behielt die Schweiz Quellensteuern iHv 35 % ein. Für die Dividenden der Unternehmen in den USA wurden Quellensteuern iHv 30 % einbehalten. Diese Steuern machte die Bf in ihrer Einkommensteuererklärung 2015 als anzurechnende ausländische Quellensteuer geltend. Strittig war im vorliegenden Fall die Berechnung der Höhe der anzurechnenden Quellensteuern, genauer, ob in die Bemessungsgrundlage des Anrechnungsbetrages nach § 1 Abs 2 Satz 2 Auslands-KESt VO sämtliche ausländischen Kapitalerträge der Bf oder nur die unter § 27 Abs 2 Z 1 lit a‒c EStG genannten miteinzubeziehen sind.

Entscheidung des BFG

Österreich wendet auf ausländische Beteiligungserträge sowohl im Verhältnis zur Schweiz als auch zu den USA grds die Anrechnungsmethode an: Gem Art 10 iVm Art 23 DBA-CH bzw Art 22 Abs 3 DBA-USA ist Österreich dazu verpflichtet, für den Fall, dass eine in Österreich ansässige Person Einkünfte bezieht, die nach dem jeweiligen DBA in der Schweiz bzw in den USA und in Österreich besteuert werden dürfen, die im Ausland gezahlte Steuer auf die inländische Steuerschuld anzurechnen. Im Ergebnis soll dadurch eine unerwünschte (juristische) Doppelbesteuerung vermieden werden. Beide DBA sehen jedoch eine Anrechnung nur bis zu max 15 % des Bruttobetrages der jeweiligen Dividendenerträge als ausländische Quellensteuer vor. Unilateral sieht die Auslands-KESt VO 2012 (BGBl II 2012/92 idF BGBl II 2012/195) zudem vor, eine Einmalbesteuerung von ausländischen Kapitalerträgen dadurch herbeizuführen, dass der Abzugsverpflichtete iSd § 95 Abs 2 Z 1 lit b TS 5 EStG ausländische Quellensteuern bis zu einer Höhe von 15 % unmittelbar beim KESt-Abzug als anrechenbar berücksichtigen kann.

Uneinigkeit bestand im Beschwerdefall zum einen hinsichtlich der Anwendbarkeit der Auslands-KESt VO auf die Kapitalerträge der Bf und zum anderen in Bezug auf die Bemessungsgrundlage des 15 %-Anrechnungsbetrages in § 1 Abs 2 Satz 2 Auslands-KESt VO. Die Bf interpretierte § 1 Abs 2 Auslands-KESt VO (teleologisch) so, dass sich der Anrechnungshöchstbetrag von 15 % auf sämtliche ihrer ausländischen Kapitalerträge bezieht und kam so auf einen wesentlich höheren anzurechnenden Quellensteuerbetrag, als im Einkommensteuerbescheid vom FA tatsächlich berücksichtigt wurde. Würde sich die Bemessungsgrundlage lediglich auf die in § 27 Abs 2 Z 1 lit a–c EStG genannten Kapitalerträge beziehen, hätte der Gesetzgeber dies – wie auch in § 1 Abs 2 Satz 1 der VO – explizit in den Wortlaut von § 1 Abs 2 Satz 2 aufnehmen müssen. Das BFG folgte der Ansicht der Bf nicht und führte – wie zuvor auch schon das FA – begründend aus, dass die Auslands-KESt VO im vorliegenden Fall schon gar nicht zur Anwendung käme. So richte sich § 1 Abs 2 Auslands-KESt VO nämlich nur an inländische auszahlende Stellen als KESt-Abzugsverpflichtete (wie etwa inländische Kreditinstitute, Banken oder inländische Zweigstellen eines Kreditinstituts). Eine solche liegt bei den Dividenden der Bf aber unstrittig nicht vor.

Des Weiteren nehme die Auslands-KESt VO gem § 1 eindeutig Bezug auf die Bestimmung des § 27 Abs 2 Z 1 lit a‒c EStG, wodurch auch bei der Berücksichtigung der 15 %-Grenze zur Anrechnung der ausländischen Quellensteuern nur jene Erträge aus Kapitalvermögen umfasst sein können, die dort genannt werden. Dazu zählen etwa Dividenden, nicht jedoch Zinserträge oder Gewinne aus der Veräußerung von Aktien. Der Beschwerde war somit dahin gehend keine Folge zu geben und auch die Revision wurde nicht zugelassen.

Conclusio

Die vorliegende Entscheidung beschäftigt sich im Wesentlichen mit Interpretationsfragen zur Auslands-KESt VO, die seit 2012 Teil des österreichischen Rechtsbestands ist und zu § 93 EStG sowie § 48 BAO ergangen ist. Die darin vorgesehene Anrechnung von im Ausland tatsächlich entrichteten Quellensteuern iHv 15 % kann dabei grds unabhängig vom Bestehen und den Bestimmungen eines DBA erfolgen (vgl dazu etwa Kirchmayr-Schiesselberger/Finsterer/Hofstätter/Polivanova-Rosenauer/Schuchter-Mang, Handbuch der Besteuerung von Kapitalvermögen in der Praxis2 Kap. 6.2.). Die vom BFG zu behandelnden Interpretationsfragen betrafen im Wesentlichen die Bemessungsgrundlage für den Anrechnungshöchstbetrag der ausländischen Quellensteuern. Dafür sind, wenn auch der Wortlaut von § 1 Abs 2 Satz 2 der VO dies nicht explizit erwähnt, nur die ausländischen Kapitalerträge iSd § 27 Abs 2 Z 1 lit a–c EStG und nicht sämtliche ausländischen Kapitalerträge des Steuerpflichtigen heranzuziehen. Dies ist insgesamt vor allem vor dem Hintergrund überzeugend, dass es auch bei der Auslands-KESt VO an sich um die Quellensteueranrechnung beim KESt-Abzug von ausländischen Kapitalerträgen „im Sinne des § 27 Abs 2 Z 1 lit a bis c des Einkommensteuergesetzes 1988“ geht (vgl § 1 Abs 2 Satz 1). Würde der Umfang der Bemessungsgrundlage jedoch auf alle ausländischen Kapitalerträge des Steuerpflichtigen ausgeweitet werden, wäre dies im Ergebnis jedenfalls nicht konsistent.

Daneben wurde vom Gericht auch die Anwendbarkeit der VO auf die Auslandsdividenden der Bf verneint. Die Lösung des BFG erscheint hier aufgrund des Wortlauts der VO auf den ersten Blick weniger klar: Während § 1 Abs 1 Auslands-KESt VO eindeutig nur im Fall von „im Inland bezogen ausländischen Kapitalerträgen“ anwendbar ist, fordert dies der Verordnungstext in Abs 2 nicht explizit. Die hM und auch das BFG in seiner Rsp gehen jedoch davon aus, dass § 1 Abs 1 und Abs 2 der VO jedenfalls im Gesamtkontext zu sehen sind und daher für eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern nach Abs 2 eine inländische depotführende oder auszahlende Stelle vorliegen muss (vgl zB Rosenberger, Verordnungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, SWK 12/2008 sowie Raab, Master Limited Partnership – mit einem Kick ein US-Kommanditist, SWI 2022, 521).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34522 vom 20.09.2023