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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
Abstract
Das BFG hatte zu entscheiden, ob Aufwendungen eines nicht an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführers für zur Besicherung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernommene Bürgschaften als nachträgliche Werbungskosten gem § 16 EStG anzuerkennen sind. Voraussetzung dafür ist, dass die Bürgschaft aus beruflichen Motiven übernommen wurde. Im konkreten Fall konnte eine solche berufliche Veranlassung nicht festgestellt werden, weil das angeführte Motiv der Einkunftssicherung im Vergleich zur Höhe der Bürgschaftsbeträge sowie dem vorrangigen Ziel der Substanzerhaltung deutlich in den Hintergrund trat. Die Übernahme der Bürgschaften war vielmehr durch enge gesellschaftliche und familiäre Verflechtungen geprägt, insb durch die Rolle des Geschäftsführers als Stifter, Mitglied der Stifterversammlung und Letztbegünstigter einer die Gesellschaft beherrschenden Privatstiftung, woraus sich ein überwiegend privat veranlasster Hintergrund ergab.
BFG 21. 2. 2025, RV/7103204/2023
Sachverhalt
Der Bf Geschäftsführer übernahm Bürgschaften für Verbindlichkeiten mehrerer Kapitalgesellschaften, für die er jeweils als Geschäftsführer tätig war, ohne gesellschaftsrechtlich beteiligt zu sein. An einer dieser Gesellschaften war eine Privatstiftung wesentlich beteiligt, in der der Bf einer der (Letzt-)Begünstigten und Mitglied der Stifterversammlung war. Die Bürgschaftssumme betrug mehr als die Hälfte seines Nettojahresbezuges als Geschäftsführer der GmbH. Nach Konkurseröffnung über die Gesellschaft wurde der Bf aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Weitere Bürgschaften ging er zugunsten anderer Gesellschaften, deren Geschäftsführer er war, ein. An diesen Gesellschaften waren im Zeitpunkt der Bürgschaft zwar nur fremde Personen beteiligt, allerdings war der Bf in die Gründung und Strukturierung und bei Anteilsübertragungen maßgeblich involviert. In diesen Fällen betrug die Bürgschaftssumme jeweils ein Mehrfaches des Nettojahresgehalts aus der Geschäftsführertätigkeit. Der Bf vertrat die Meinung, dass sämtliche ihm aus den Bürgschaftsverpflichtungen erwachsenen Aufwendungen als Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG anzuerkennen seien. Er begründet dies damit, dass er die Bürgschaften ausschließlich zur Sicherung seiner Geschäftsführerbezüge übernommen habe, weil die jeweiligen Gesellschaften ohne seine Haftungsübernahme nicht weitergeführt und insolvent geworden wären und erhob Beschwerde gegen den anderslautenden Bescheid des Finanzamts.
Entscheidung des BFG
Das BFG setzte sich mit der Frage auseinander, ob Aufwendungen aus der Übernahme der gegenständlichen Bürgschaften als nachträgliche Werbungskosten iSd § 16 EStG anzusehen sind, die gem § 32 Abs 1 Z 2 EStG als negative Einkünfte aus der früheren nichtselbstständigen Tätigkeit zu berücksichtigen wären. Hierzu hielt das Gericht fest, dass Aufwendungen aus einer Bürgschaft Werbungskosten sein können, wenn die Bürgschaftsübernahme beruflich veranlasst ist (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Zorn [Hrsg], EStG [20. Lfg 2018] § 16 Rz 220). Entscheidend für die berufliche Veranlassung ist das zugrunde liegende Motiv. Dabei sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Eingehens der Verpflichtung von Bedeutung. Auch verwies das BFG darauf, dass die Übernahme von Bürgschaften für eine GmbH primär Sache der Gesellschafter sei (VwGH 24. 9. 2007, 2005/15/0041); weiters, dass die Sicherung der Geschäftsführerbezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers nur eine weitere Folge des primären Zwecks der Sicherung des Fortbestands der Gesellschaft ist (VwGH 24. 1. 1990, 86/13/0162). Dies gilt nach dem BFG auch dann, wenn der Geschäftsführer die Haftung im Hinblick auf ein Naheverhältnis zu den Gesellschaftern übernimmt (mit Verweis auf UFS 8. 2. 2012, RV/2669-W/07). Des Weiteren führte das BFG aus, dass Kapitalgesellschaften und deren (beherrschende) Gesellschafter sowie Privatstiftung und Stifter bzw Begünstigte als Personen gelten, die zueinander in einem besonderen persönlichen Naheverhältnis stehen (Marschner in Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner, Jakom EStG17 [2024] § 4 Rz 331). Im konkreten Fall war ein persönliches Naheverhältnis insoweit gegeben, als der Bf als Letztbegünstigter einer Privatstiftung aufschien, welche ihrerseits in einem Teil der Fälle als beherrschende Gesellschafterin an der jeweiligen Arbeitgebergesellschaft beteiligt war, wodurch der Bf seiner Arbeitgeberin mittelbar nahestand. Aufgrund dieser Kette an Naheverhältnissen zog das BFG den Schluss, dass in den Fällen, in denen die Privatstiftung wesentlich an der Arbeitgeberin beteiligt war, von keiner hinreichenden beruflichen Veranlassung auszugehen ist. In den Fällen, in denen keine wesentliche Beteiligung der Privatstiftung vorlag, hielt das BFG als Ergebnis der Beweiswürdigung fest, dass aufgrund des Missverhältnisses zwischen Bürgschaftssumme und Geschäftsführergehalt sowie dem eigentümerähnlichen Verhalten des Bf, dessen Motiv die Erhaltung der Substanz der Gesellschaft war, eine hinreichende berufliche Veranlassung nicht ersichtlich ist. Wäre die Haftung hingegen ausschließlich in der Geschäftsführungstätigkeit begründet gewesen, wie etwa im Fall der Geschäftsführerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge gem § 67 Abs 10 ASVG, hätte eine berufliche Veranlassung vorgelegen.
Conclusio
Die vorliegende Entscheidung des BFG steht im Einklang mit der bisherigen Rsp, wonach Privatstiftungen, Stifter bzw Begünstigte sowie Mutter- und Tochtergesellschaften als Angehörige im Sinne steuerlicher Nahverhältnisse zu qualifizieren sind. Zudem folgt das BFG seiner Linie, dass Haftungsübernahmen regelmäßig im Gesellschafts- bzw Nahverhältnis wurzeln und nicht in einem daneben bestehenden arbeitsvertraglichen Verhältnis begründet sind. Dies führte einerseits zum Ergebnis, dass die Rolle als einer der (Letzt-)Begünstigten einer Privatstiftung, die zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme wesentlich an der Arbeitgeberin beteiligt war, steuerlich wie eine Gesellschafterstellung zu behandeln ist. Andererseits schloss das BFG aufgrund eigentümerähnlicher Einflussnahme auf eine mangelnde berufliche Veranlassung der Bürgschaftsübernahme und verneinte daher das Vorliegen nachträglicher Werbungskosten aus der Inanspruchnahme der Bürgschaft.
Für die Praxis bringt die Entscheidung insb Klarheit bei der steuerlichen Behandlung von Bürgschaften im Konzern- oder Stiftungsumfeld. Sie verdeutlicht, dass auch faktische Einflussverhältnisse – etwa als Letztbegünstigter einer Stiftung mit Beteiligung an der Arbeitgeberin – für die steuerliche Beurteilung maßgeblich sein können.