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BFG zur Einkünftezurechnung im Falle einer Fruchtgenussvereinbarung zwischen Alleingesellschafter und GmbH

Bearbeiter: Michael Gleiss

EStG: § 2 Abs 1

Abstract

Das BFG hatte zu entscheiden ob eine Fruchtgenussvereinbarung, die der beschwerdeführende Alleingesellschafter mit der GmbH geschlossen hatte, anzuerkennen war. Da im Streitzeitraum lediglich ein mündlicher Vertrag bestand, ging das FA von mangelnder Publizität aus, weshalb die Fruchtgenussvereinbarung nicht anerkannt und die Einkünfte dem Bf zugerechnet wurden. Davon abweichend ging das BFG aufgrund eines nachträglich geschlossenen Notariatsaktes vom Vorliegen einer wirksamen Vereinbarung aus.

BFG 28. 6. 2023, RV/7102946/2022

Sachverhalt

Der Bf war im Streitzeitraum 2020 Alleineigentümer einiger Liegenschaften. Der Bf verpachtete die Liegenschaften an eine in seinem Eigentum stehende GmbH (Fruchtgenussvereinbarung). Die GmbH trug sämtliche Kosten und leistete eine Substanzabgeltung in Höhe der Gebäude-Afa. Das FA erkannte die Fruchgenussvereinbarung jedoch mangels Publizität nicht an, da der das Rechtsgeschäft dokumentierende Notariatsakt erst nachträglich im Jahr 2022 und somit außerhalb des Streitzeitraums erfolgte. In der Folge wurden die Einkünfte des Bf im Hinblick auf die streitgegenständlichen Liegenschaften im Jahr 2020 vom FA in Anlehnung an die Vorjahre geschätzt.

Der Bf erhob gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 Beschwerde, über die infolge eines Vorlageantrags das BFG zu entscheiden hatte. Im Rahmen der ergänzenden Ermittlungen stellte sich heraus, dass die fruchtgenussberechtigte GmbH die Grundstücke weiterverpachtet hatte, diesen Pächtern der Pächterwechsel bekanntgegeben wurde, der Pachtzins an die GmbH bezahlt wurde und der Fruchtgenuss auf die Dauer des Bestandes der GmbH eingeräumt wurde. Strittig war, ob die Einkünfte dem Bf oder der GmbH zuzurechnen waren.

Entscheidung des BFG

Die Zurechnung von Einkünften erfolgt an denjenigen, der die Einkunftsquelle innehat. Die Zurechnung muss sich nicht mit dem zivilrechtlichen Eigentum decken. Eine Fruchtgenussvereinbarung iZm Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt dann zu Einkünften des Fruchtnießers, wenn dieser gegenüber den Bestandnehmern als Bestandgeber auftritt, wenn bei der Übernahme bestehender Verträge die Vertragsübernahme den Bestandnehmern zumindest angezeigt wird, wenn der Fruchtnießer Bestandzinsvereinbarungen mit Bestandnehmern trifft, wenn er Ansprechpartner für die Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis ist, wenn die Bestandsentgelte auf sein Konto überwiesen werden und er die ihm gem §§ 512 und 513 ABGB obliegenden Lasten trägt (Hinweis auf VwGH 4. 3. 1986, 85/14/0133 und VwGH 4. 3. 1986, 85/14/0153). Zudem muss der Fruchtgenuss auch für eine gewisse Dauer eingeräumt sein, wobei ein Zeitraum von 10 Jahren üblicherweise als ausreichend angesehen werden kann (Hinweis auf EStR 2000, Rz 111). Die Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor.

Zu beachten ist weiters, dass Verträge zwischen einander nahestehenden Personen nur anzuerkennen sind, wenn sie nach außen ausreichend klar zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und unter Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Leistungsbeziehungen, die ihrer Art nach zwischen einander fremd gegenüberstehenden Personen nicht vorkommen (zB Schenkungen oder unentgeltliche Betriebsübergaben) sind danach zu beurteilen, wie sich dabei üblicherweise andere Personen verhalten, die zueinander in einer familiären Beziehung stehen (Hinweis auf VwGH 25. 10. 1994, 94/14/0067). Diese Grundsätze gelten auch für Rechtsbeziehungen zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter.

Der schriftliche Fruchtgenussvertrag (Notariatsakt) hat einen klaren und eindeutigen Inhalt. Durch den Vertrag wurde eine früher abgeschlossene mündliche Vereinbarung gleichen Inhalts dokumentiert. Auch mündlichen Verträge sind rechtswirksam. Weiters erfolgte die Einräumung des unentgeltlichen Fruchtgenusses in einer zwischen einander nahestehenden Personen üblichen Weise. Schließlich kommt die Vereinbarung nach außen ausreichend klar zum Ausdruck, da der wesentliche Inhalt des Vertrags den Grundstückspächtern bekannt gegeben wurde. Der Fruchtgenussvertrag erfüllt sohin die Kriterien für Verträge zwischen einander Nahestehenden und ist deshalb steuerlich anzuerkennen. Die streitgegenständlichen Einkünfte sind daher der GmbH zuzurechnen.

Das BFG gab der Beschwerde somit Folge und änderte den Einkommensteuerbescheid ab. Die Revision ließ das BFG nicht zu.

Conclusio

Durch Fruchtgenussvereinbarungen kann es zur Übertragung von Einkunftsquellen kommen. Insbesondere unentgeltliche Fruchtgenussvereinbarungen, die zwischen nahen Angehörigen geschlossen werden, beschäftigen dabei regelmäßig das BFG und den VwGH (siehe zB für eine Auswahl der einschlägigen Rsp Ehgartner, Jakom EStG16 [2023] § 2 Rz 56). Neben den Kriterien, die zur Anerkennung einer Fruchtgenussvereinbarung erforderlich sind, haben derartige Verträge auch die Voraussetzungen zu erfüllen, die an Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen gestellt werden. Da unentgeltliche Fruchtgenussvereinbarungen zwischen einander fremd gegenüberstehenden Personen nicht vorkommen, beurteilte das BFG die Einräumung des Fruchtgenussrechts anhand der „zwischen einander Nahestehenden üblichen Weise“ und bejahte die Zulässigkeit der Vereinbarung. Das Publizitätserfordernis war im vorliegenden Fall durch die Bekanntgabe an die Grundstückspächter gegeben. Das dritte Kriterium des Vorliegens eines eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalts bejahte das BFG aufgrund des nachträglich im Jahr 2022 abgeschlossenen Notariatsaktes. Dass im Streitzeitraum somit lediglich die mündliche Vereinbarung existierte, die alleine die Anerkennungsvoraussetzungen nicht erfüllt hätte (Marschner, Jakom EStG16 [2023] § 4 Rz 333 f), stand einer Anerkennung der Vereinbarung demnach nicht im Wege.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34612 vom 11.10.2023