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Forschungsprämienverordnung: § 1, Anhang I
Abstract
Das BFG hatte über eine Beschwerde gegen einen Bescheid betreffend die Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie zu entscheiden. Dabei erachtete es die Kosten für die Patentierung von Forschungsergebnissen zum Zweck der wirtschaftlichen Verwertung durch Lizenzvergabe als nicht prämienbegünstigt. Derartige Aufwendungen seien nur dann in die Bemessungsgrundlage aufzunehmen, wenn der Patenterwerb für die weitere Forschung notwendig ist.
BFG 24.05.2023, RV/2100768/2022
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine Forschungsgesellschaft und entwickelt verschiedene Technologien. Die von ihr für das Streitjahr 2017 beantragte Forschungsprämie wurde ihr zunächst in voller Höhe gutgeschrieben. Im Zuge einer Außenprüfung im Jahr 2019 wurde die Bemessungsgrundlage und folglich auch die Forschungsprämie vom Finanzamt bescheidmäßig herabgesetzt. Dagegen erhob die Bf Beschwerde. In weiterer Folge wandte sich die Bf nach der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung in einem Vorlageantrag vor allem gegen die Nichteinbeziehung von Patentanmeldekosten. Es handelte sich dabei vor allem um Rechtsanwaltskosten, die im Zusammenhang mit der Anmeldung und Erhaltung von internationalen Patenten angefallen sind. Die patentierten Erfindungen wurden von der Bf durch Lizenzvergaben verwertet.
Entscheidung des BFG
§ 108c EStG ermöglicht Steuerpflichtigen eine Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung in Höhe von 14% der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen geltend zu machen. Der Begriff der Forschung wird in Teil A Z 1 des Anhangs I der auf Basis von § 108c EStG erlassenen Forschungsprämienverordnung näher definiert. Demnach liegt Forschung und experimentelle Entwicklung im Grundsatz nur dann vor, wenn das primäre Ziel die weitere Verbesserung eines Produktes oder Verfahrens ist. Zielen die Arbeiten lediglich darauf ab, Marktentwicklung zu betreiben, liegt keine Forschung und experimentelle Entwicklung mehr vor.
In Teil B des Anhangs I der Forschungsprämienverordnung wird festgelegt, dass Patentarbeiten nur dann als prämienbegünstigte Forschung und experimentelle Entwicklung iSd Teil A Z 1 anzusehen sind, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit konkreten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten stehen.
Aus dem Verweis in Teil B auf Teil A Z 1 ergibt sich nach Ansicht des BFG, dass administrative und juristische Arbeiten, die im Zusammenhang mit Patenten stehen, nur dann Forschung und experimentelle Entwicklung darstellen, wenn sie notwendig sind, um weiter forschen zu können. In diesem Fall sind sie auch in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
Liegt der Zweck der Patentarbeiten – wie im Beschwerdefall – hingegen darin, sich eine Rechtsposition zu sichern, die eine Verwertung der Forschungsergebnisse ermöglicht, liegt Marktentwicklung vor und eine Einbeziehung der diesbezüglichen Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage scheidet aus. Der von der Bf entwickelte „Markt“ besteht in der Lizenzvergabe, die ohne Patentierung nicht möglich wäre. Im Ergebnis sind die Patentaufwendungen daher nicht prämienbegünstigt.
Zum selben Ergebnis gelangt man nach Ansicht des BFG auch durch eine Auslegung anhand des Frascati Manuals, auf das in Anhang I Teil A expressis verbis verwiesen wird. Nach diesem Auslegungsbehelf zählen alle verwaltungstechnischen und rechtlichen Schritte, die für die Beantragung von Patenten und Lizenzen erforderlich sind, nicht zu den Forschungsaufwendungen, mit Ausnahme von Patentarbeiten, die in direkter Verbindung mit F&E Projekten stehen. Unter Hinweis auf VwGH 29.03.2017, Ra 2015/15/0060 hält das BFG fest, dass es offenkundig der Absicht des Gesetzgebers entspricht, die Begriffe Forschung und Entwicklung unter ergänzender Heranziehung dieses Frascati Manuals auszulegen.
Das BFG setzte die Forschungsprämie daher in Höhe der Beschwerdevorentscheidung fest und bezog die fraglichen Patentaufwendungen demnach nicht in die Bemessungsgrundlage ein. Die Revision ließ das BFG mit der Begründung zu, dass keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliegt, in welchen Fällen administrative und juristische Patentarbeiten Forschungsaufwendungen darstellen.
Conclusio
Die vorliegende Entscheidung des BFG beschäftigt sich mit der Auslegung des Begriffs „Forschungsaufwendungen“ iSd § 108c Abs 2 EStG unter Heranziehung der dazu erlassenen Forschungsprämienverordnung. Grundlegendes Kriterium für die Abgrenzung der Forschung und Entwicklung von verwandten Tätigkeiten ist nach Tz 84 des Frascati Manuals das Vorhandensein eines „nennenswerten Elementes der Neuheit“ sowie die „Lösung einer wissenschaftlichen oder technologischen Unsicherheit“ (VwGH 29.03.2017, Ra 2015/15/0060; Ebner in Jakom EStG16, § 108c Rz 5). Die Tätigkeit sollte also etwas „Neues“ hervorbringen und den bisherigen Wissensstand erweitern (Ebner in Jakom EStG16, § 108c Rz 5; EStR 2000 Rz 8208da). Die beschwerdegegenständliche Tätigkeit – das Patentieren von Forschungsergebnissen zum Zweck der wirtschaftlichen Verwertung durch Lizenzvergabe – wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Es ist mit Blick auf den Telos der Forschungsprämie daher sachgerecht, die Grenze dort zu ziehen, wo der primäre Zweck der Aufwendungen nicht mehr das Vorantreiben des wissenschaftlichen Fortschritts, sondern die wirtschaftliche Verwertung des bereits erreichten Wissensstandes ist. Da in concreto Letzteres der Fall ist, erachtet das BFG die Patentaufwendungen als nicht prämienbegünstigt. Da bereits Revision eingebracht wurde, bleibt die höchstgerichtliche Entscheidung abzuwarten.