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BFG zur Frage der Zulässigkeit eines Antrags gem § 30 Abs 8 EStG außerhalb des Veranlagungsverfahrens

Bearbeiter: Dominik Hemmelmeyer

EStG 1988: § 30

Abstract

Das BFG hatte darüber zu entscheiden, ob ein Antrag gem § 30 Abs 8 EStG ausschließlich im Veranlagungsverfahren oder auch außerhalb eines solchen gestellt werden kann. Die Einkommensteuer wird grundsätzlich im Wege der Veranlagung erhoben, dementsprechend erfolgt der Erlass der Einkommensteuer im Einkommensteuerveranlagungsverfahren jenes Jahres, in dem die betreffenden Einkünfte erzielt wurden. Das Konzept des Gesetzgebers – so das BFG – sei daher, dass der Antrag grundsätzlich in der Steuererklärung des betreffenden Jahres zu stellen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Regelbesteuerungsoption ausgeübt wurde, da ein Antrag auf Ermäßigung der Einkommensteuer auch eingebracht werden kann, wenn keine Regelbesteuerungsoption ausgeübt wird. Ein gesonderter Antrag gem § 30 Abs 8 EStG außerhalb der Veranlagung ist daher unzulässig.

BFG 29. 8. 2023, RV/7100240/2022

Sachverhalt

Mit Einantwortungsbeschluss des BG Hernals vom 12. 12. 2016 ging die beschwerdegegenständliche Liegenschaft im Erbweg in das Alleineigentum des Beschwerdeführers (Bf) über. Der Bf hatte die GrESt für diesen Vorgang unter Zugrundelegung des Grundstückswertes von € 1.157.361,32 (mithilfe des Finanzamtrechners) mit € 30.757,65 berechnet und diese am 21. 7. 2017 an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern (FA) abgeführt. Mit Kaufvertrag vom 14. 12. 2018 verkaufte der Bf das Grundstück an eine GmbH um einen Kaufpreis iHv € 1.500.000,00. Die dafür fällige ImmoESt ermittelte der Bf durch Selbstberechnung mit € 63.000,00 und führte diese an das FA ab. Am 8. 1. 2019 beantragte der Bf gem § 30 Abs 8 EStG die Ermäßigung der ImmoESt im Ausmaß der entrichteten GrESt iHv € 30.757,65. Mit Bescheid vom 12. 1. 2021 wies das FA den Antrag ab.

Entscheidung des BFG

Gemäß § 30 Abs 8 EStG wird die Einkommensteuer, die auf Grundstücksveräußerungen entfällt, im Ausmaß der sonst entstehenden Doppelbelastung auf Antrag ermäßigt oder erlassen, wenn der Steuerpflichtige infolge des Erwerbs der Grundstücke innerhalb der letzten drei Jahre Erbschafts- oder Schenkungssteuer, GrESt oder Stiftungseingangssteuer entrichtet hat. Diese in § 30 Abs 8 EStG normierte Ermäßigung ist antragsgebunden.

Das FA vertritt unter Bezugnahme auf die Rechtsansicht des BMF die Auffassung, dass ein solcher Antrag nur im Rahmen einer Veranlagung möglich ist, während der Bf der Ansicht ist, dass eine Antragstellung auch außerhalb des Veranlagungsverfahrens zulässig ist, zumal keine Regelbesteuerung nach § 30a EStG beantragt wurde.

Der Bf wendete zutreffend ein, dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, dass eine Antragstellung im Veranlagungsverfahren erfolgen muss. Dennoch wird die Einkommensteuer grundsätzlich im Wege der Veranlagung des Jahreseinkommens erhoben. Die Ermäßigung der Einkommensteuer erfolgt daher im Einkommensteuerveranlagungsverfahren jenes Jahres, in dem die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen erzielt wurden. Das gesetzgeberische Konzept sei daher nach Ansicht des BFG, dass der Antrag grundsätzlich in der Steuererklärung des betreffenden Jahres zu stellen ist.

Das BFG weist in diesem Zusammenhang auf die insoweit vergleichbare Bestimmung des § 24 Abs 5 EStG hin, die zwar nach ihrem Wortlaut eine Antragstellung im Veranlagungsverfahren auch nicht explizit vorsieht, an der aber nach hA sowohl in der Lit als auch in der Rsp keine Zweifel bestehen. In der Lit wird darüber hinaus auch zu § 30 Abs 8 EStG die Auffassung vertreten, dass die Ermäßigung im Veranlagungsverfahren erfolgt.

Nach Ansicht des BFG ist auch die Nichtausübung der Regelbesteuerungsoption unerheblich, da ein Antrag auf Ermäßigung der Einkommensteuer unabhängig von einer Regelbesteuerung eingebracht werden kann. Das BFG stimmt folglich der Ansicht des FA zu, dass ein gesonderter Antrag außerhalb der Veranlagung nicht zulässig ist.

Das FA hätte daher aber keine materiell-rechtliche Entscheidung fällen dürfen, sondern hätte den Antrag des Bf zurückweisen müssen. Der Spruch des Abweisungsbescheides vom 12. 1. 2021 war daher dahin gehend abzuändern, dass der Antrag nicht abzuweisen, sondern zurückzuweisen ist.

Die Revision wurde mit der Begründung zugelassen, dass zur Frage, ob ein Antrag gem § 30 Abs 8 EStG ausschließlich im Veranlagungsverfahren oder auch außerhalb der Veranlagung gestellt werden kann, eine Rsp des VwGH fehlt.

Conclusio

Die vorliegende Entscheidung des BFG beschäftigt sich mit der Frage, ob ein Antrag auf Ermäßigung der Einkommensteuer gem § 30 Abs 8 EStG auch außerhalb der Veranlagung gestellt werden kann. Der Wortlaut des § 30 Abs 8 EStG schweigt zu dieser Frage. In den Einkommensteuerrichtlinien steht: „Der Antrag kann nur im Rahmen einer Veranlagung gestellt werden“ (EStR 2000 Rz 6680; vgl Unger in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 30 Rz 41 [Stand 1. 10. 2019, rdb.at]). Zur vergleichbaren Bestimmung des § 24 Abs 5 EStG findet sich dieselbe Auffassung: „Der Antrag ist daher grds in der StErklärung zu stellen.“ (Kanduth-Kristen in Jakom EStG16 § 24 Rz 112). Es erscheint jedenfalls sachgerecht, eine Antragstellung im Veranlagungsverfahren zu verlangen, wird doch in diesem Verfahren das Jahreseinkommen veranlagt und die Einkommensteuer festgesetzt. Es bleibt abzuwarten, ob Revision eingebracht wird.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34951 vom 15.01.2024