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BFG zur Frage des Vorliegens eines „vorsätzlichen Zusammenwirkens“ iSd § 83 Abs 3 EStG

Bearbeiter: Dominik Hemmelmeyer

EStG 1988: § 83

Abstract

Das BFG hatte sich in dieser Entscheidung ua mit der Frage zu beschäftigen, ob ein „vorsätzliches Zusammenwirken“ iSd § 83 Abs 3 EStG vorliegt. Nach den Feststellungen des Gerichts wusste der Bf, dass Barauszahlungen an ihn und seine Nutzung des Pkw des Arbeitgebers nicht versteuert wurden. Er wusste aber nicht, dass diese Gehaltsbestandteile steuerpflichtig waren. Daher könne – so das BFG – von vornherein kein Vorsatz auf eine Verkürzung der Lohnsteuer vorliegen. Das BFG verneinte schließlich das Vorliegen eines „vorsätzlichen Zusammenwirkens“ iSd § 83 Abs 3 EStG.

BFG 5. 2. 2024, RV/3100122/2021

Sachverhalt

Der Bf war von April 2011 bis Oktober 2016 bei der Arbeitgeber-GmbH als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Es wurde vereinbart, dass monatlich ein Gehalt iHv 1.500 € netto auf das Konto des Bf ausbezahlt wird. Darüber hinaus wurden aber 500 € zusätzlich in bar bezahlt. Der Bf führte keine Reisekosten- bzw Diätenaufzeichnungen. Dem Bf wurde ein Pkw zur Verfügung gestellt, den er privat nutzen konnte. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses führte der Bf in Bezug auf den Pkw noch Aufzeichnungen. Als er jedoch erfuhr, dass kein anderer Mitarbeiter Aufzeichnungen über die Fahrten mit dem Pkw machte, stellte auch der Bf seine Aufzeichnungen ein. Im Zeitraum 3. 8. 2012 bis 21. 5. 2015 führte der Bf noch ein Fahrtenbuch. In dieser Zeit war der Bf mit dem Pkw 100.000 km gefahren, nur vereinzelt handelte es sich dabei um private Fahrten. Während des gesamten Zeitraums verfügte der Bf auch über einen eigenen Pkw. Die Arbeitgeberin unterwarf weder die monatlichen Barauszahlungen dem Lohnsteuerabzug noch setzte sie für die Privatnutzung des Pkw einen Sachbezug an. Dem Bf waren diese Umstände aufgrund der ausgestellten Lohnzettel bekannt. Jedoch wusste er nicht, dass diese Gehaltsbestandteile steuerpflichtig waren. Auch hatte der Bf nicht mit der Arbeitgeberin vereinbart, dass diese Gehaltsbestandteile trotz der bestehenden Steuerpflicht nicht versteuert werden sollen. Die Arbeitgeberin ist mittlerweile insolvent. Die Barauszahlungen und Sachbezüge wurden im Jahr 2018 der Lohnsteuer und der Kommunalsteuer unterworfen. Für die Jahre 2014, 2015 und 2016 erfolgte eine Korrektur der Lohnzettel.

Entscheidung des BFG

Der Bf erklärte im Beschwerdeverfahren, seine Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung zurückzuziehen, falls seiner Beschwerde nicht vollinhaltlich stattgegeben wird. Eine solche Zurücknahme wäre nur dann unzulässig, wenn ein Pflichtveranlagungstatbestand gem § 41 Abs 1 EStG vorliegt.

Die belangte Behörde machte ausschließlich den Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs 1 Z 11 EStG geltend. Dieser Bestimmung zufolge ist ein Arbeitnehmer zu veranlagen, wenn er nach § 83 Abs 3 EStG unmittelbar in Anspruch genommen wird.

Gemäß § 83 Abs 3 EStG kann ein Arbeitnehmer unmittelbar in Anspruch genommen werden, wenn er und der Arbeitgeber vorsätzlich zusammenwirken, um sich einen gesetzeswidrigen Vorteil zu verschaffen, der eine Verkürzung der vorschriftsmäßig zu berechnenden und abzuführenden Lohnsteuer bewirkt.

Nach Ansicht des BFG erfordert ein „vorsätzliches Zusammenwirken“ iSd § 83 Abs 3 EStG ein aktives Handeln sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Das bloße Wissen oder Dulden des Arbeitnehmers, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer verkürzt, ist noch kein vorsätzliches Zusammenwirken (vgl Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG22 § 83 Tz 15 f). Im vorliegenden Fall kann daher kein vorsätzliches Zusammenwirken vorliegen, weil der Bf zwar wusste, dass die Barauszahlungen und die Nutzung des Pkw nicht versteuert wurden, jedoch wusste er nichts von der Steuerpflicht dieser Gehaltsbestandteile. Somit kann nach Auffassung des BFG von vornherein kein Vorsatz auf eine Verkürzung der Lohnsteuer vorliegen.

Andere Pflichtveranlagungstatbestände machte die belangte Behörde nicht geltend und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass solche vorliegen könnten. Der Beschwerde war daher iSd Eventualantrages stattzugeben. Aufgrund des Zurückziehens der Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung waren die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben.

Das BFG ließ die Revision zu, da zur Auslegung des § 83 Abs 3 EStG, insb zum Begriff des „vorsätzlichen Zusammenwirkens“, keine Rsp des VwGH existiert.

Conclusio

Das BFG widmete sich in dieser Entscheidung – neben anderen Aspekten – dem Begriff des „vorsätzlichen Zusammenwirkens“ iSd § 83 Abs 3 EStG. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage heißt es: „Sind nachweislich Schwarzlohnzahlungen an die Arbeitnehmer geflossen, der Arbeitgeber jedoch mittlerweile insolvent, geht ein Haftungsbescheid an diesen ins Leere. Es soll daher eine unmittelbare Inanspruchnahme des Arbeitnehmers erfolgen können, wenn er vorsätzlich mit dem Arbeitgeber zusammenwirkt und an der Verkürzung der Lohnsteuer mitwirkt.“ (ErläutRV 875 BlgNR 24. GP 6). Aufgrund der Feststellung, dass der Bf von der Steuerpflicht der Barzahlungen und der Nutzung des Pkw nichts wusste, verneinte das BFG den Vorsatz des Bf (also des Arbeitnehmers), sich einen gesetzeswidrigen Vorteil aus der Verkürzung der Lohnsteuer zu verschaffen. Es bleibt abzuwarten, ob gegen das Erkenntnis Revision erhoben wird.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35304 vom 11.04.2024