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BFG zur Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte ab erstmaligem Ausstellen einer korrekten Rechnung

Bearbeiter: Matthias Schaden

UStG Art 3 Abs 8

UStG Art 25 Abs 1, Abs 4

Abstract

Das BFG hatte sich mit einem „missglückten“ Dreiecksgeschäft der Beschwerdeführerin (Bf) im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Erwerbs auseinanderzusetzen. Die Rechnungen waren ohne Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes und ohne Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld an den Empfänger ausgestellt worden und entsprachen somit nicht den Voraussetzungen des Art 25 UStG 1994. Nach erfolgter Korrektur der Rechnungen durch die Bf ging diese von einer ex nunc-Anwendbarkeit der Vereinfachungsregel aus, der sich das BFG anschloss. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt und Amtsrevision eingebracht.

BFG 7. 12. 2023, RV/6101039/2015

Sachverhalt

Im Rahmen einer Außenprüfung durch das Finanzamt wurde bei der Bf das Vorliegen eines „missglückten“ Dreiecksgeschäfts festgestellt, weshalb kumulative Erwerbsteuer gem Art 3 Abs 8 zweiter Satz UStG vorgeschrieben wurde. Da auf den ausgestellten Rechnungen der Bf weder auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts noch auf den Übergang der Steuerschuld auf den Empfänger hingewiesen wurde und somit den Voraussetzungen des Art 25 UStG nicht entsprochen wurde, konnte die Vereinfachungsregel nicht in Anspruch genommen werden. Anschließend erfolgte eine Korrektur sowohl der Zusammenfassenden Meldung als auch der ausgestellten Rechnungen, indem durch die Bf auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes hingewiesen wurde. Bei den Rechnungen wurde zusätzlich auf den Übergang der Steuerschuld auf den Empfänger verwiesen. Mit dem Argument, dass nun alle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel vorliegen würden, begehrte die Bf in der folgenden Umsatzsteuererklärung die ex nunc Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel und als Konsequenz daraus den Abzug der Erwerbsteuer als Vorsteuer.

Entscheidung des BFG

Das BFG hält fest, dass sich weder aus der Erklärungspflicht des Art 25 Abs 6 UStG noch aus Art 21 Abs 3 bis 10 UStG eine Pflicht dazu ergibt, in der Zusammenfassenden Meldung auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes hinzuweisen. Die Zusammenfassenden Meldungen hätten daher auch ohne ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäft die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel nicht gehindert. Es handelt sich lediglich um eine formelle Voraussetzung. Die Berichtigung war zwar zweckmäßig, aber nicht notwendig (vgl. VwGH 29. 5. 2018, Ra 2015/15/0017).

Weiters führt das BFG aus, dass die Voraussetzungen des Art 25 Abs 3 UStG erfüllt sein müssen, um die Vereinfachungsregel in Anspruch nehmen zu können. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass die Steuer vom Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung geschuldet wird. Zusätzlich stellt Art 25 Abs 4 UStG Anforderungen an die Rechnung wie den Hinweis auf das Vorliegen des Dreiecksgeschäft sowie den Übergang der Steuerschuld auf den Empfänger.

Das BFG verweist in der Folge auf den EuGH und die Rs Luxury Trust Automobil GmbH, in der dieser die bereits erwähnten Anforderungen an die Rechnung konkretisierte (EuGH 8. 12. 2022 – C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH, ECLI: EU:C:2022:966). Der Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ ist laut dem EuGH ein zwingendes materielles Kriterium. Dies war bei der Bf im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung teilweise nicht erfüllt. Die Rechnungen für den Zeitraum 2011-2012 enthielten nach erfolgter Korrektur lediglich den Hinweis „Steuerschuld geht an den Rechnungsempfänger über“, was laut dem EuGH nicht ausreichend ist, da Rechnungsempfänger und Leistungsempfänger nicht zwingend dieselbe Person sind. Die Rechnungen enthielten aber auch den Hinweis „reverse charge“, was in der englischsprachigen Fassung des Urteils des EuGH als notwendiger Hinweis verstanden wird, um die Vereinfachungsregel in Anspruch nehmen zu können. Das BFG war daher der Ansicht, dass die Rechnungen den vom EuGH gestellten Anforderungen genügen, da aufgrund der Hinweise auf der Rechnung für den Leistungsempfänger ausreichend verständlich ist, dass es zu einem Übergang der Steuerschuld auf ihn kommt.

Die Rechnungen für den Zeitraum 05/2012 bis 2014 enthielten nach Korrektur durch die Bf sowohl den Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ als auch die Wendung „reverse charge“, weshalb die Rechnungen für diesen Zeitraum jedenfalls den Anforderungen des EuGH und damit auch der Mehrwertsteuerrichtlinie genügten.

Da die Rechnungen nach erfolgter Korrektur durch die Bf im März 2015 nun den vom EuGH gestellten Anforderungen genügten, hatte sich das BFG mit der Frage zu befassen, welche Rechtswirkungen diese nun entfalten und ab welchem Zeitpunkt die Vereinfachungsregel in Anspruch genommen werden kann. Auch mit dieser Frage hatten sich der EuGH und die Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen befasst (GA Kokott, 14. 7. 2022, C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH, ECLI: EU:C:2022:588, Rn 61). Während Kokott ausdrücklich von einer ex nunc-Wirkung ausging, hat der EuGH diese Frage weder explizit bejaht noch verneint und lediglich eine ex tunc-Wirkung ausgeschlossen. Der Gerichtshof war der Ansicht, dass es sich bei der nachträglichen Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung nicht um eine Korrektur, sondern um die erstmalige Ausstellung der Rechnung handle. Das BFG kam zu dem Schluss, dass ab Vorliegen sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen die Vereinfachungsregel in Anspruch genommen werden kann und es somit im Jahr der Korrektur aufgrund der ex nunc-Wirkung zu einer Heilung des Dreiecksgeschäftes kommen könne. Dies bedeutet konkret, dass es im Zeitpunkt der Korrektur der Rechnung zu einem Wegfall der Steuerschuld kommt. Die Rückforderung der zu viel bezahlten Umsatzsteuer hat in der UVA des Jahres zu erfolgen, in dem die Rechnungen berichtigt wurden, was in diesem Fall im Jahr 2015 erfolgte (Geringer/Haller, (Keine) Steuerschuld kraft Rechnungslegung – Bedeutende Änderungen bei USt-Korrekturen, SWK 2023, 726). Derzeit ist eine Amtsrevision beim VwGH anhängig.

Conclusio

Die gegenständliche Entscheidung des BFG überzeugt. Eine ex tunc-Wirkung wurde bereits vom EuGH in der Rs Luxury Trust Automobil GmbH Rn 44 und auch von der Literatur (Schwab in Ecker/Epply/Rößler/Schwab, Kommentar zur Mehrwertsteuer [2023] Art 25 UStG Rz 60) verneint (aA Menheere in SWK 2019, 991 [996]). Dieser Ansicht folgte auch das BFG und schlussfolgerte, dass es zu einer Rechtsfolge kommen müsse, da alle Tatbestandsvoraussetzungen für die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel gegeben sind. Diese liege in der ex nunc-Wirkung der Vereinfachungsregel, weshalb es im Jahr der Korrektur zu einer Heilung des missglückten Dreiecksgeschäfts kommen kann (Gerner, Sanierbarkeit von Dreiecksgeschäften iSd Art 25 UStG 1994, BFGjournal 2024, 20 [23]).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35357 vom 26.04.2024