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BFG zur Reichweite des Konzernausschlusses bei Firmenwertabschreibungen

Bearbeiter: Franziska Uedl (Abteilung für Rechnungswesen, Steuern, Jahresabschlussprüfung, WU Wien)

KStG 1988: § 9 Abs 7

Abstract

Die Geltendmachung der Firmenwertabschreibung setzt gem § 9 Abs 7 voraus, dass die Beteiligungskörperschaft nicht unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter erworben wurden. Das BFG hatte im vorliegenden Fall zu beurteilen, ob ein solcher schädlicher Konzernerwerb vorlag.

BFG 7. 4. 2021, RV/7104615/2018

Sachverhalt

Die Bf-GmbH machte im Jahr 2007 bis 2009 Firmenwertabschreibungen iZm der Anschaffung der 14-GmbH geltend. Der vom BFG festgestellte Sachverhalt lautete zusammengefasst:

Die Bf-GmbH war 2006 durch Herrn 10 errichtet worden, der nach dem festgestellten Sachverhalt jedoch nur als Treuhänder für die Altgesellschafter der 14-GmbH agierte.

Am 1. 8. 2006 wurde eine Punktuation zu einer Syndikatsvereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Bf-GmbH zur einheitlichen Willensbildung und Stimmrechtsausübung in der Generalversammlung der Bf-GmbH errichtet. Die Syndikatspartner bestehen aus dem überwiegenden Teil der Gesellschafter und Geschäftsführer der 14-GmbH, die gleichzeitig – nach Übernahme der Anteile vom Treuhänder Herrn 10 – den überwiegenden Teil der Gesellschafter und Geschäftsführer der Bf-GmbH darstellen.

Am 4. bzw 7. 8. 2006 traten die Gesellschafter der 14-GmbH sämtliche ihrer Geschäftsanteile an die Bf-GmbH ab. Der Kauf wurde von der Bf-GmbH fremdfinanziert.

Per 9. 10. 2006 trat Herr 10 die bisher treuhänderisch gehaltenen Anteile an der Bf-GmbH im Ausmaß von 75 % an ehemalige Gesellschafter der 14-GmbH und im Ausmaß von 16,67 % an Neugesellschafter ab. Das Entgelt für die Anteile wurde Herrn 10 im Oktober 2006 überwiesen und sodann an eine Altgesellschafterin der 14-GmbH (zurück)überwiesen. Eine weitere Anteilsabtretung von Herrn 10 an einen Altgesellschafter der 14-GmbH fand im April 2008 statt. Herr 10 erhielt kein Entgelt für die Abtretung.

Herr 10 hatte auf Inhalt und Ablauf dieser Vorgänge keinen Einfluss.

Entscheidung des BFG

Das BFG verwies zunächst auf die im Abgabenrecht maßgebliche wirtschaftliche Betrachtungsweise, unter deren Aspekt die Sachverhaltserhebung vorzunehmen war. Wirtschaftsgüter, die nur treuhändig überlassen beziehungsweise erworben werden, sind gem § 24 Abs 1 lit b und c BAO dem Treugeber zuzurechnen. Daher waren die Altgesellschafter abgabenrechtlich bereits von der Gründung der Bf-GmbH an als deren Gesellschafter anzusehen.

Zum Tatbestand des schädlichen Konzernerwerbs hielt das BFG allgemein fest:

§ 9 Abs 7 KStG enthielt von Anfang an eine „Konzernschranke“, um Gestaltungen im Konzern oder innerhalb der Unternehmensgruppe hintanzuhalten. Aus den Erläuterungen (451 BlgNR 22. GP 26; 981 BlgNR 24. GP 9, 132) ergibt sich, dass der Gesetzgeber offenbar reine Konzerngestaltungen verhindern wollte, bei denen Beteiligungen im Rahmen von Veräußerungsvorgängen innerhalb eines bestehenden Konzerns verschoben werden, um eine Firmenwertabschreibung oder einen Fremdkapitalzinsenabzug zu ermöglichen (VwGH 6. 7. 2020, Ro 2019/13/0018).

Ein „schädlicher“ Konzernerwerb iSd § 9 Abs 7 KStG liegt nur dann vor, wenn zum Zeitpunkt der Anschaffung der Beteiligung an der inländischen Zielgesellschaft bereits ein Konzernverhältnis zwischen veräußernder und erwerbender Gesellschaft bestand oder Käufer und Verkäufer zu diesem Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar von demselben Gesellschafter beherrscht wurden (vgl VwGH 6. 7. 2020, Ro 2019/13/0018). Für die Auslegung des Konzernbegriffs in § 9 Abs 7 KStG ist auf den gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff des § 15 AktG beziehungsweise § 115 GmbHG abzustellen (VwGH 31. 1. 2018, Ro 2016/15/0020).

Unmittelbare Anschaffung von einem konzernzugehörigen Unternehmen

Nach Ansicht des BFG besteht zwischen den beteiligungsveräußernden Altgesellschaftern und der Bf-GmbH eine konzernhafte Verbindung:

§ 9 Abs 7 KStG erfasst nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung den Fall, dass ein konzernzugehöriges Unternehmen Veräußerer der Beteiligung ist. Jedoch können auch die Gesellschafter selbst Konzernunternehmen sein, denn sowohl natürliche als auch juristische Personen können „Unternehmen“ iSd § 115 GmbHG sein (vgl Milchrahm in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 115 Rn 49).

Zweck des § 115 GmbHG ist die Erfassung jener Unternehmensverbindungen, aus denen die Konzerngefahr hervorgeht, das heißt jene Gefahr, die aus potentiellen Interessenkollisionen des Gesellschafters mit dem Gesellschaftsinteresse der Gesellschaft für deren Minderheitsgesellschafter und Gesellschaftsgläubiger einhergeht (Milchrahm in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 115 Rn 52). Nach Ansicht des BFG lag ein Interessenskonflikt vor, weil Zweck der Veräußerung die „Verbilligung“ der Geschäftsanteile für die Hereinnahme zukünftiger Partner durch die Abgeltung der stillen Reserven in den Anteilen der Altgesellschafter war, was kein intrinsisches Interesse der Gesellschaft darstellen kann.

Für die Annahme einer (tatsächlich wahrgenommenen) „einheitlichen Leitung“ iSd § 15 AktG ist nach derRsp des VwGH Mindesterfordernis, dass eine sich „auf Grundsätzliches beschränkende Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik“ vorhanden ist. Als Mittel der einheitlichen Leitung kommen va Beteiligungen, die nicht Mehrheitsbeteiligungen zu sein brauchen, personelle Verflechtungen, maßgebende Finanzierungen und vertragliche Beziehungen in Betracht. Ein Konzern kann auch vorliegen, wenn kein Mutterunternehmen besteht, von dem die einheitliche Leitung ausgeht. Für einen Gleichordnungskonzern ist typisch, dass die Leitung nicht von einem „herrschenden Unternehmen“ besorgt wird, sondern von einer anderen Stelle als Konzernspitze, sodass keines der Konzernunternehmen von einem anderen Konzernunternehmen abhängig ist. Die Absicherung der Einflussnahme durch ein rechtlich verbindliches Weisungsrecht ist nicht erforderlich, es genügt schon eine bloß faktische Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft (vgl VwGH 31. 1. 2018, Ro 2016/15/0020).

Da die Absicherung der Einflussnahme durch ein rechtlich verbindliches Weisungsrecht nicht erforderlich ist und schon eine bloß faktische Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft genügt, was nach dem festgestellten Sachverhalt sowohl hinsichtlich der Bf. als auch der 14-GmbH der Fall ist, ist eine konzernmäßige Verbindung zwischen der Bf-GmbH, der 14-GmbH und jenen Gesellschaftern der 14-GmbH, die später auch Gesellschafter der Bf-GmbH geworden sind, zu bejahen.

Unmittelbare Anschaffung von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter

Nach Ansicht des BFG war auch der Tatbestand des beherrschenden Einflusses ausübenden Gesellschafters erfüllt:

Ob ein beherrschender Einfluss gegeben ist, kann nicht von der Höhe der Beteiligung des Gesellschafters abhängen, sondern ergibt sich allein aus seiner faktischen Leitungsmöglichkeit. Vereinbaren mehrere Gesellschafter ein einheitliches Vorgehen, so wird aus jedem einzelnen jedenfalls dann ein Gesellschafter mit „beherrschendem Einfluss“, wenn die Gesamtheit dieser verabredeten Gesellschafter die Möglichkeit der Leitung der beherrschten Körperschaft zukommt.

Die einheitliche Willensbildung auf Seiten der Gesellschafter der Bf-GmbH wurde durch die Punktation einer Syndikatsvereinbarung hergestellt und abgesichert. Dies wurde nach dem festgestellten Sachverhalt auch faktisch verwirklicht. Ob und inwieweit diese Vereinbarung einer zivilrechtlichen Klage Stand gehalten hätte, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Dass nur hinsichtlich der Bf. eine Punktation einer Syndikatsvereinbarung schriftlich vorliegt ist, schon deshalb nicht von entscheidender Bedeutung, weil allein die nachgewiesene faktische potentielle Einflussnahme ausreicht.

Missbrauch iSd § 22 BAO

Nach Ansicht des BFG schließt § 9 Abs 7 KStG entgegen der Ansicht der Bf-GmbH die Anwendung von § 22 BAO nicht aus. Ein Missbrauch iSd § 22 BAO ist im gegebenen Fall dennoch nicht verwirklicht, weil die zwar ungewöhnliche Konstruktion samt Beiziehung eines Treuhänders unter Zugrundelegung der in diesem Erkenntnis vertretenen Rechtsansicht nicht zu einer Steuerersparnis geführt hat.

Conclusio

Das Urteil erging für die alte Rechtslage der Firmenwertabschreibung, die nur noch für Anteilserwerbe vor dem 1. 3. 2014 gilt. Der gleiche Ausschluss-Tatbestand findet sich aber in § 11 Abs 1 Z 4 iVm § 12 Abs 1 Z 9 KStG für den Abzug von Aufwendungen für Zinsen iZm einer Fremdfinanzierung, die dem Erwerb von Kapitalanteilen gedient hat. Darüber hinaus finden sich vergleichbare Tatbestände in § 12 Abs 1 Z 8 KStG, der eine konzernbezogene Aliquotierungsbestimmung für das Abzugsverbot von (Manager-)Gehältern über 500.000 € enthält sowie in § 12 Abs 1 Z 10 KStG der ein Abzugsverbot für bestimmte konzerninterne Zinsen- oder Lizenzzahlungen normiert.

Nach Ansicht der Lit bleibt für den Alternativ zum Konzerntatbestand im Steuerrecht vorgesehenen Beherrschungstatbestand durch Gesellschafter kaum eigener Anwendungsbereich, weil nahezu alle Verflechtungen – wie auch jene im vorliegenden Fall – bereits von § 15 AktG bzw dem wortgleichen § 115 GmbHG erfasst sind [vgl Aigner/Kofler/Moshammer/Tumpel, „Konzernklauseln“ im Körperschaftsteuerrecht, GES 2015 182 (189)].

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31111 vom 30.06.2021