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Abstract
Das BFG hatte zu entscheiden, ob eine GmbH, die im Rahmen einer konzerninternen Versetzung Abfertigungsansprüche für einen Arbeitnehmer übernahm, steuerlich einen Rückstellungsaufwand für die Abfertigungsansprüche geltend machen durfte. Die Bildung einer Abfertigungsrückstellung ist nach Ansicht des BFG zulässig, wenn der Arbeitnehmer nach Übergang seines Arbeitsverhältnisses weiterhin in der Abfertigung Alt verbleibt und die übernehmende Gesellschaft die Möglichkeit der steuerfreien Eigenkapitalübertragung iSd § 124b Z 68 lit a EStG nicht ausgeübt hat.
BFG 25. 4. 2023, RV/2100440/2020
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine GmbH und Gruppenmitglied einer Unternehmensgruppe (Konzern). Teil dieses Konzerns ist neben der Bf auch die B-GmbH, bei der der Arbeitnehmer X seit dem Jahr 1999 beschäftigt war. Die B-GmbH machte von der durch § 124b Z 68 lit a EStG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, den Gesamtbetrag der Abfertigungsrückstellung im ersten vor dem 1. 1. 2003 endenden Wirtschaftsjahr auf das Kapitalkonto steuerfrei zu übertragen. Die Bf konnte von einer solchen Optionsausübung hingegen nicht Gebrauch machen, weil sie erst im Jahr 2011 gegründet wurde. Die Möglichkeit einer schriftlichen Vereinbarung iSd § 47 Abs 1 oder Abs 3 BMSVG zwischen der B-GmbH und dem Arbeitnehmer wurde nicht wahrgenommen, weshalb X zur Gänze im System der Abfertigung Altbelassen wurde. X wechselte am 1. 1. 2015 konzernintern von der B-GmbH zur Bf. Die bestehenden Abfertigungsansprüche des X gegen die B-GmbH wurden beim Wechsel von der Bf entgeltlich übernommen. In weiterer Folge berücksichtigte die Bf in ihren KöSt-Erklärungen der Jahre 2015 bis 2017 einen Rückstellungsaufwand iZm den übernommenen Abfertigungsansprüchen.
Am 16. 8. 2018 führte die Abgabenbehörde bei der Bf eine Außenprüfung durch. Der Prüfer traf im Rahmen dieses Prüfungsauftrags die Feststellung, dass die Rückstellungsbildungen für die Abfertigungsansprüche des X steuerlich unzulässig seien. Im daraufhin wiederaufgenommenen Verfahren wurde die KöSt der Bf für die streitgegenständlichen Jahre neu festgesetzt. Begründend führte die Abgabenbehörde dazu aus, die Bildung einer Abfertigungsrückstellung nach § 14 Abs 1 EStG sei nur für gesetzliche oder kollektivvertragliche Abfertigungsansprüche zulässig. Einen Direktanspruch auf Abfertigung gegen den Arbeitgeber gibt es für Arbeitsverhältnisse, die nach dem 31. 12. 2002 begonnen haben, grds nicht mehr. Das bedeutet, dass für Arbeitsverträge, die nach dem 1. 1. 2003 eingegangen wurden, eine Abfertigungsrückstellung steuerlich verboten ist. Ein Verbot der Neubildung von Abfertigungsrückstellungen besteht daneben auch, wenn im ersten vor dem 1. 1. 2003 endenden Wirtschaftsjahr eine steuerfreie Auflösung von Abfertigungsrückstellungen erfolgt ist. Nach Ansicht der Abgabenbehörde ist auch der Übernehmer der Arbeitskraft vom Verbot der Neubildung von Abfertigungsrückstellungen nach erfolgter Ausübung einer steuerfreien Übertragung des Gesamtbetrags der Abfertigungsrückstellung auf eine als versteuert geltende Rücklage nach § 124b Z 68 lit a EStG durch den alten Arbeitgeber erfasst.
Die Bf vertrat die Ansicht, dass die gesetzlichen Abfertigungsansprüche nach der Abfertigung Alt bei einem Arbeitgeberwechsel innerhalb des Konzerns gem § 46 Abs 3 Z 2 BMSVG weitergelten würden, weshalb die übernommenen Abfertigungsverpflichtungen laufend gegen den Passivposten der Bf gebucht wurden. Die Abfertigungsregelung des § 23 AngG gelte für den Arbeitnehmer X weiterhin. Nach ihrer Auffassung ist nur der Steuerpflichtige, der die Übertragung nach § 124b Z 68 lit a EStG durchgeführt hat, von der Rückstellungsbildung ausgeschlossen. Die Bf erhob gegen die neuen Bescheide Beschwerde an das BFG, in der sie die Berücksichtigung des Abfertigungsrückstellungsaufwandes forderte.
Entscheidung des BFG
Die Regelung in § 124b Z 68 lit b EStG ist nach Ansicht des BFG nicht auf andere Steuerpflichtige anwendbar. In einem solchen Fall ist die Bf als neue Arbeitgeberin und damit als andere Steuerpflichtige anzusehen, die nicht vom Verbot der Rückstellungsbildung betroffen ist. Die Bf wies in ihrem Beschwerdeschreiben auf eine Anfragebeantwortung des BMF hin (vgl Steuerfreie Auflösung der Abfertigungsverpflichtung bei Übertragung von Abfertigungsverpflichtungen im Konzern, SWK 2004/19, 630). Der angefragte Sachverhalt („Angefragter Sachverhalt 2“) entspricht dem vorliegenden Beschwerdefall. Laut der Antwort des BMF soll, wenn die übernehmende Gesellschaft die steuerfreie Eigenkapitalübertragungsmöglichkeit bezüglich der Abfertigungsrückstellung nicht in Anspruch genommen hat, der Passivposten, der durch die Übernahme der Abfertigungsverpflichtung entstanden ist, in weiterer Folge mit der Dotierung der Abfertigungsrückstellung ausgeglichen werden. In Übereinstimmung mit der Anfragebeantwortung des BMF ist das BFG der Ansicht, dass eine die Abfertigungsverpflichtung übernehmende Gesellschaft berechtigt ist, steuerlich die entsprechenden Aufwendungen iZm der übernommenen Abfertigung geltend zu machen. Dies ergibt sich nach Ansicht des BFG bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 124b Z 68 lit b EStG, welcher ein Verbot der Bildung einer Abfertigungsrückstellung nur für den Steuerpflichtigen normiert, bei dem eine Übertragung iSd lit a leg cit erfolgt ist.
Die Revision erklärte das BFG für zulässig. Sie wurde jedoch bislang – soweit ersichtlich – nicht erhoben.
Conclusio
Das vorliegende Erkenntnis des BFG überzeugt, denn bereits aus dem Wortlaut des § 124b Z 68 lit b EStG lässt sich erschließen, dass ein Verbot der Bildung einer Abfertigungsrückstellung nur den Steuerpflichtigen trifft, der die Möglichkeit einer Übertragung nach § 124b Z 68 lit a in Anspruch genommen hat. Dies würde bedeuten, dass im vorliegenden Fall nur die B-GmbH keine neuen Rückstellungen für den Arbeitnehmer X bilden durfte; die Bf als neue Arbeitgeberin hingegen schon. Durch den fehlenden Übertritt zur Abfertigung Neu besteht weiterhin ein Direktanspruch des X gegen die Bf auf die Abfertigung, weshalb diese gem § 14 Abs 1 Z 1 EStG eine Abfertigungsrückstellung bilden durfte.
Die Entscheidung überzeugt ebenfalls aus systematischen Überlegungen, weil nur die B-GmbH von der steuerfreien Übertragung nach § 124b Z 68 lit a EStG profitierte. Die Bf würde ohne Möglichkeit einer Abfertigungsrückstellung gem § 14 Abs 1 EStG die volle wirtschaftliche Last aus der konzerninternen Versetzung des X tragen.