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MwStSystRL: Art 2 Abs 1 lit c
Abstract
Im vorliegenden Fall war es der Dienstnehmerin der Beschwerdeführerin (Bf) laut Arbeitsvertrag gestattet, ihren Dienstwagen auch privat zu nutzen, wobei dafür kein gesondertes Entgelt vorgesehen war und der Dienstnehmerin dadurch auch sonst kein Vorteil entgangen ist. Das BFG hatte nun unter Heranziehung der EuGH-Rsp in der Rs Finanzamt Saarbrücken (vgl EuGH 20. 1. 2021, Finanzamt Saarbrücken, C-288/19) zu entscheiden, ob die Überlassung dennoch eine umsatzsteuerbare sonstige Leistung gegen Entgelt darstellt. Das BFG erkannte schon darin eine Entgeltlichkeit, dass die Überlassung des Dienstwagens arbeitsvertraglich geregelt war, ließ die Revision jedoch zu.
BFG 26. 8. 2024, RV/2100440/2023
Sachverhalt
Die Bf ist eine deutsche GmbH ohne Betriebsstätte in Österreich, die ihrer in Österreich eingesetzten Dienstnehmerin den zur Verfügung gestellten Dienstwagen auch für die private Nutzung überließ. Im Arbeitsvertrag waren die Überlassung und Konditionen der Nutzung explizit festgehalten, wobei für die private Nutzung kein gesondertes Entgelt vereinbart wurde. Zudem hat die Dienstnehmerin keine Zahlungen für die private Nutzung tatsächlich geleistet, noch wurde für den Dienstwagen auf allfällige andere Vorteile verzichtet. In den Umsatzsteuerbescheiden der Bf der Jahre 2021 und 2022 wurde daraufhin der Wert der PKW-Nutzung mit 9.600 € festgesetzt. In der Bescheidbeschwerde brachte die Bf hervor, dass die Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer nach der Rsp des EuGH nicht in den Anwendungsbereich der MwStSyst-RL falle, wenn keine Dienstleistung gegen Entgelt gem Art 2 Abs 1 lit c leg cit vorliegt (vgl EuGH 20. 1. 2021, Finanzamt Saarbrücken, C-288/19). Da es hier an einem separaten Entgelt fehle und die Überlassung wegen fehlender Vorsteuerabzugsfähigkeit für den PKW auch nicht als Eigenverbrauch besteuert werden kann, sei diese nicht steuerbar. Das Finanzamt sah hingegen die Arbeitsleistung der Dienstnehmerin als Gegenleistung für die Überlassung des Dienstwagens an.
Entscheidung des BFG
Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Bf für die Dienstwagenüberlassung an die Dienstnehmerin ein Entgelt erhalten hat und somit ein Umsatz iSd § 1 Abs 1 Z 1 UStG vorliegt. In diesem Fall würde sich der Leistungsort der sonstigen Leistung an eine Nichtunternehmerin gem § 3a Abs 12 Z 2 UStG bestimmen und am Wohnsitz der Leistungsempfängerin in Österreich liegen.
Der EuGH hat mit dem Tenor der Rs Finanzamt Saarbrücken (im Erkenntnis Rs QM genannt) entschieden, dass die Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer für private Zwecke nicht in den Anwendungsbereich der MwStSystRL fällt, wenn dieser Umsatz keine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne ihres Art 2 Abs 1 lit c ist (vorausgesetzt, dass kein Vorsteuerabzugsrecht für den PKW besteht, andernfalls die Eigenverbrauchsbesteuerung in Betracht zu ziehen wäre). Der Gerichtshof bezog sich dabei auf den Fall, dass ein Arbeitnehmer weder eine Zahlung für den Dienstwagen leistete, noch ein Teil der Barvergütung darauf verwendet wird, oder der Arbeitnehmer für die Überlassung zwischen mehreren Vorteilen wählen musste und ihm deshalb andere Vorteile entgangen sind. Vom nationalen Gericht ist jedoch zu prüfen, ob ein tauschähnlicher Umsatz zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer vorliegt (unter Verweis auf EuGH 20. 1. 2021, Finanzamt Saarbrücken, C-288/19, Rz 32 und 53). Nach Rsp des VwGH wird eine Dienstleistung dann gegen Entgelt erbracht, wenn im Rahmen des Rechtsverhältnisses zwischen Leistendem und Empfänger gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die tatsächlich empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die erbrachte Dienstleistung darstellt (zB VwGH 28. 11. 2007, 2004/15/0158; 25. 11. 2015, 2012/13/0017).
Somit bleibt festzustellen, ob es eine Verknüpfung zwischen der Überlassung des Dienstwagens für private Zwecke und der Erbringung der Arbeitsleistung gibt und ein Leistungsaustausch vorliegt. Dabei ist gem § 21 BAO von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszugehen. Das Fehlen einer vertraglichen Bestimmung zum Entgelt kann hingegen nicht ausschlaggebend sein, weil das Vorliegen der Entgeltlichkeit ansonsten von den Vertragsparteien willkürlich gestaltet werden könnte. Da die private Nutzung des Dienstwagens für die Dienstnehmerin zweifellos vorteilhaft ist und diese arbeitsvertraglich individuell vereinbart wurde, ist davon auszugehen, dass dieser Vorteil Teil der Überlegungen war, die die Dienstnehmerin unter den Konditionen des Arbeitsvertrages zum Eingehen des Beschäftigungsverhältnisses bewog (unter Verweis auf BFH 30. 6. 2022, V R 25/21 Rz 27). Auch ohne formelles Festhalten des Entgelts liegt daher ein Leistungsaustausch vor, wenn die Nutzungsüberlassung im Rahmen des Anstellungsvertrags individuell vereinbart wurde und somit in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Arbeitsleistung als Entgelt für die Überlassung anzusehen ist. Der Nutzungswert ist demnach gem § 1 Abs 1 Z 1 iVm § 3a Abs 12 Z 2 UStG in Österreich zu besteuern, wobei die anteilige Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin als Gegenleistung für die private Nutzung des Dienstwagens als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist. Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen. Da jedoch zur Umsetzung der Rs Finanzamt Saarbrücken noch keine Rechtsprechung des VwGH besteht, hat das BFG die Revision für zulässig erklärt.
Conclusio
Zusammenfassend geht das BFG jedenfalls dann von einem tauschähnlichen Umsatz und einem Leistungsaustausch zwischen Dienstwagenüberlassung für private Zwecke und Teilen der Arbeitsleistung aus, wenn die Zurverfügungstellung des Dienstwagens individuell im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Im Wesentlichen schließt sich das BFG somit der Folgeentscheidung des BFH zum EuGH-Urteil in der Rs Finanzamt Saarbrücken an.
Dem BFG ist zuzustimmen, dass es nicht von einer willkürlichen Formulierung der Entgeltlichkeit (Gegenleistung für die Dienstwagenüberlassung zu privaten Zwecken) im Arbeitsvertrag abhängen kann, ob diese als Teil des Leistungsaustausches zu sehen ist. Vielmehr kann jeder vereinbarte Vorteil Teil der Deliberation der Dienstnehmerin sein, ob diese mit der Dienstgeberin zur Gesamtheit der Vertragskonditionen in einen Leistungsaustausch treten möchte oder nicht. In diesem Zusammenhang ist fraglich, warum BFG und BFH gerade auf eine individuelle Vereinbarung über die Dienstwagenüberlassung zu privaten Zwecken – jedoch unabhängig von einer expliziten Regelung der Entgeltlichkeit – im Arbeitsvertrag abzustellen scheinen. In Österreich wäre es denkbar, dass die private Nutzung des Dienstwagens stattdessen in einer Betriebsvereinbarung oder kollektivvertraglich geregelt wird. Auch diese Vereinbarungen sind Dienstnehmern vor Abschluss des Arbeitsvertrages bekannt, sodass von einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen den darin vereinbarten Vorteilen und der Arbeitsleistung ausgegangen werden könnte.
Bei dieser Auslegung des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert, der laut stRsp des EuGH Voraussetzung für die Entgeltlichkeit der Dienstleistung ist (vgl EuGH 11. 3. 2020, San Domenico Vetraria, C‑94/19, Rz 21 mwN), stellt sich allerdings die Frage, welcher Anwendungsbereich noch für den Tenor in der Rs Finanzamt Saarbrücken bleibt, der die unentgeltliche Überlassung des Dienstfahrzeuges an den Arbeitnehmer für nicht umsatzsteuerbar erklärt. Nach genauerer Betrachtung ist im festgestellten Sachverhalt, der dem EuGH-Urteil zugrunde liegt, das Recht der privaten Nutzung des Dienstwagens nicht vertraglich vereinbart gewesen; vielmehr scheint der Dienstgeber den Dienstwagen ohne vertragliche Verpflichtung kostenfrei überlassen zu haben (vgl EuGH 20. 1. 2021, Finanzamt Saarbrücken, C-288/19, Rz 15 ff). Das Urteil könnte daher so interpretiert werden, dass jene kostenfreien Überlassungen des Dienstwagens zur privaten Nutzung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht umsatzsteuerbar sind, die nicht auf einer rechtlichen Vereinbarung basieren.
Die Besteuerung der Dienstwagenüberlassung für private Zwecke als Eigenverbrauch kommt nicht in Frage, sofern für das Kfz kein Vorsteuerabzugsrecht besteht (siehe Art 26 Abs 1 lit a MwStSystRL, im Detail EuGH 20. 1. 2021, Finanzamt Saarbrücken, C-288/19, Rz 34 f). Im vorliegenden Fall wäre das Besteuerungsrecht im Falle des Eigenverbrauchs bei bestehender Vorsteuerabzugsfähigkeit gem § 3a Abs 7 UStG aber ohnehin Deutschland zugefallen.