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EStG: § 98 Abs 1 Z 3 TS 4, § 99 Abs 1 Z 5, § 100 Abs 2
DBA-Entlastungsverordnung
Abstract
Das BFG hatte sich mit dem Wirkungszeitraum von Ansässigkeitsbescheinigungen auseinanderzusetzen. Im gegenständlichen Fall leistete die Bf Honorarzahlungen für Beratungsleistungen an eine deutsche Unternehmensberatungsgesellschaft, ohne Abzugsteuer einzubehalten oder abzuführen. Nach Ansicht der Außenprüfung wäre die Bf gem § 98 Abs 1 Z 3 TS 4 iVm § 99 Abs 1 Z 5 EStG verpflichtet gewesen, Abzugsteuer einzubehalten und abzuführen. Das Nichteinbehalten wäre nur rechtmäßig erfolgt, wenn die Entlastung an der Quelle nach der DBA-Entlastungsverordnung zulässig gewesen wäre. Das BFG sprach hierzu aus, dass eine unvollständige im Jahr 2010 ausgestellte und eine vollständige im Jahr 2014 ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung die Ansässigkeit zu spät nachweist, wenn es sich um Abfuhrverpflichtungen für die Zeiträume 2006, 2007 und 2008 handelt. Insb wird dadurch den Dokumentationserfordernissen der DBA-Entlastungsverordnung nicht entsprochen. Die Beschwerde wurde daher abgewiesen, eine ao Revision bereits erhoben.
BFG 21. 12. 2023, RV/3100688/2014
Sachverhalt
Die Bf bezog im Zeitraum April 2005 bis November 2008 Beratungsleistungen von einer deutschen Unternehmensberatungsgesellschaft. Nach Ansicht der Außenprüfung waren die Einkünfte aus den Beratungsleistungen der deutschen Unternehmensberatungsgesellschaft gem § 98 Abs 1 Z 3 TS 4 EStG von der beschränkten Steuerpflicht erfasst. Da es sich hierbei um Einkünfte aus im Inland ausgeübter kaufmännischer oder technischer Beratung handelte, hätte die Erhebung der Steuer gem § 99 Abs 1 Z 5 EStG durch Einbehaltung der Abzugsteuer erfolgen müssen. Die Bf hat hingegen im Jahr 2006, 2007 und 2008 Honorarzahlungen an die deutsche Unternehmensberatungsgesellschaft geleistet, ohne Abzugsteuer einzubehalten und abzuführen. Daraufhin erließ das FA im März 2011 Haftungsbescheide betreffend die Jahre 2006 bis 2008. Eine Entlastung an der Quelle gem der DBA-Entlastungsverordnung war nach Ansicht des FA nicht möglich. Zwar waren die gegenständlichen Einkünfte gem Art 7 Abs 1 DBA Österreich-Deutschland nur in Deutschland zu besteuern. Mangels Vorlage von zeitnah ausgestellten Ansässigkeitsbescheinigungen war die Entlastung an der Quelle aber nicht zulässig. Vor diesem Hintergrund wäre die Bf zur Einbehaltung der Abzugsteuer verpflichtet gewesen.
Gegen die Haftungsbescheide erhob die Bf im April 2011 Berufung (nunmehr Beschwerde). Im Dezember 2014 legte die Bf das von der deutschen Finanzverwaltung am 18. 11. 2014 bestätigte ZS-QU2 Formular, welches die deutsche Ansässigkeit der Unternehmensberatungsgesellschaft nachweist, vor. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BFG legte die Bf auch ein mit 5. 7. 2010 datiertes, aber unvollständig ausgefüllte ZS-QU2 Formular vor.
Entscheidung des BFG
Die Bf hat Honorarzahlungen für Beratungsleistungen an ein deutsches Unternehmen geleistet, ohne Abzugsteuer einzubehalten und abzuführen. Für derartige Einkünfte wird die Einkommensteuer gem § 99 Abs 1 Z 5 EStG durch Steuerabzug (Abzugsteuer) erhoben, soweit die Beratungsleistungen wie im vorliegenden Fall im Inland ausgeübt werden. Gem § 100 Abs 2 EStG ist der Schuldner der Abzugsteuer der Empfänger der betreffenden Einkünfte gem § 99 Abs 1 EStG, also die beschränkt steuerpflichtige deutsche Unternehmensberatungsgesellschaft. Der Schuldner der Einkünfte, also die Bf, haftet jedoch unabhängig von einem Verschulden für die Einbehaltung und Abfuhr der Abzugsteuer und gilt als Abzugsverpflichteter der Abzugsteuer. Das Nichteinbehalten der Abzugsteuer der Bf wäre daher nur rechtmäßig, soweit die Entlastung an der Quelle greift. Eine Entlastung an der Quelle wäre für die Einkünfte aus den Beratungsleistungen möglich, weil gem Art 7 Abs 1 DBA Österreich-Deutschland ausschließlich Deutschland das Besteuerungsrecht zusteht.
Eine Entlastung an der Quelle ist jedoch gem § 5 DBA-Entlastungsverordnung (BGBl III 2005/92) ua unzulässig, wenn den Dokumentationserfordernissen des § 2 DBA-Entlastungsverordnung nicht entsprochen wird (siehe dazu ua VwGH 24. 6. 2009, 2009/15/0090). § 2 DBA-Entlastungsverordnung erfordert die Vorlage einer von der ausländischen Steuerverwaltung ausgestellten Ansässigkeitsbescheinigung, um die Abkommensberechtigung des ausländischen Einkünfteempfängers glaubhaft zu machen. Juristische Personen wie die deutsche Unternehmensberatungsgesellschaft haben den Vordruck des ZS-QU2 Formulars zu verwenden. Für die Abkommensberechtigung der deutschen Unternehmensberatungsgesellschaft wurde im gegenständlichen Fall ein vollständig ausgefülltes ZS-QU2 Formular vom 18. 11. 2014 und ein mit 5. 7. 2010 datiertes unvollständig ausgefülltes ZS-QU2 Formular vorgelegt. Die der Abzugsteuer unterliegenden Honorarzahlungen wurden hingegen in den Jahren 2006, 2007 und 2008 von der Bf geleistet. In diesen Jahren hätte die Bf somit auch die Abzugsteuer einbehalten und abführen müssen. Sowohl das unvollständige im Jahr 2010 von der deutschen Steuerverwaltung unterfertigte ZS-QU2 Formular als auch das vollständig ausgefüllte und im Jahr 2014 von der deutschen Steuerverwaltung unterfertigte ZS-QU2 Formular weisen die Abkommensberechtigung der deutschen Unternehmensberatungsgesellschaft in Bezug auf die vorliegenden Honorarzahlungen verspätet nach. Da den Dokumentationserfordernissen gem § 2 DBA-Entlastungsverordnung daher nicht entsprochen wurde, ist die Entlastung an der Quelle zu versagen und die Bf haftet gem § 100 Abs 2 EStG für die nicht abgeführte Steuer. Vor diesem Hintergrund war die Beschwerde abzuweisen. Eine ao Revision wurde bereits erhoben.
Conclusio
Im gegenständlichen Erk befasst sich das BFG mit der Frage, ob Ansässigkeitsbescheinigungen, die erst Jahre nach dem Zeitpunkt der innerstaatlichen Abfuhrverpflichtung ausgestellt wurden, den Dokumentationserfordernissen der DBA-Entlastungsverordnung genügen. Während die Ansässigkeitsbescheinigung für Zwecke der DBA-Quellensteuerentlastung nach der DBA-Entlastungsverordnung unter Verwendung des Vordrucks ZS-QU1 für natürliche Personen und ZS-QU2 für juristische Personen zu erbringen ist, ist die Ansässigkeit für die Quellensteuerentlastung nach der Mutter-Tochter-Richtlinie zB auf dem Vordruck ZS-EUMT nachzuweisen (vgl EStR 2000 Rz 7759). Die Verordnung zur Mutter-Tochter-Richtlinie (BGBl. 1995/56) verlangt ausdrücklich, dass die Ansässigkeitsbescheinigung zeitnah vor oder nach der Zahlung der Kapitalerträge ausgestellt werden muss. Nach Ansicht der Finanzverwaltung gilt die Ansässigkeitsbescheinigung als zeitnah, wenn sie innerhalb eines Jahres vor oder nach der Ausschüttung ausgestellt wurde (vgl EStR 2000 Rz 7759). Für Zwecke der Entlastung an der Quelle nach der DBA-Entlastungsverordnung verlangt die österreichische Finanzverwaltung ebenso eine Ansässigkeitsbescheinigung, die zeitnah, also innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr vor oder nach dem Zeitpunkt der innerstaatlichen Abfuhrverpflichtung) ausgestellt sein muss (vgl EStR 2000 Rz 8021b, EAS 3097 vom 28. 10. 2009). Maßgebend für diese zeitliche Toleranz ist der Umstand, dass die Ansässigkeitsbescheinigung nur in Bezug auf den der Höhe nach genau im Vordruck zu präzisierenden Vergütungsbetrag zu einer Entlastung an der Quelle führen kann (vgl EAS 3097 vom 28. 10. 2009).
Da bereits eine ao Revision eingebracht wurde, bleibt abzuwarten, wie der VwGH mit den im vorliegenden Fall nachträglich ausgestellten Ansässigkeitsbescheinigungen umgeht. Sollte der VwGH die Entscheidung des BFG bestätigen und der Entlastung an der Quelle ebenfalls eine Absage erteilen, müsste die Bf die Abzugsteuer gem § 99 Abs 1 Z 5 EStG für die betreffenden Perioden im Wege der Haftung begleichen. Dem Schrifttum zufolge müsste die deutsche Unternehmensberatungsgesellschaft in diesem Fall auf Basis von § 240 Abs 4 BAO dem Abzugsverpflichteten, also der Bf, wohl die zu entrichtende Abzugsteuer zunächst ersetzen und in weiterer Folge ein Rückerstattungsverfahren anstreben (vgl dazu Blum/Riedl, Die neue Verfahrensbestimmung des zur Rückzahlung von Abzugsteuern aufgrund von DBA, SWI 2022, 422 [435 f].