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Abstract
Das BFG entschied, dass eine von einem Steuerberater vertretene Person auf die Auskunft des Steuerberaters grundsätzlich vertrauen darf und diesfalls kein Vorsatz zur Verwirklichung einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG vorliegt.
BFG vom 23. 3. 2023, RV/7100732/2019
Sachverhalt
Beim Bf handelt es sich um einen ehemaligen Leistungssportler, der bis 2015 Mitgesellschafter und danach Alleingesellschafter der X-GmbH war. Im September 2006 vereinbarte der Bf im Rahmen einer außerordentlichen Generalversammlung die teilweise Überlassung eines sich im Bau befindlichen Gebäudes auf seinem Privatgrundstück an die X-GmbH. Vereinbart wurden eine Nutzungsdauer von 20 Jahren sowie die Übernahme der Kosten für den Neubau iHv 700.000 € durch die Mieterin. Die Finanzverwaltung führte beim Bf eine Außenprüfung bzw finanzstrafrechtliche Prüfung für die Jahre 2007 bis 2014 durch, wobei hervorkam, dass die Baukosten als Mietvorauszahlungen nicht der Einkommensteuer unterworfen worden waren. Daher wurden im Jahr 2016 entsprechende Bescheide zur Wiederaufnahme und zur Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2009 erlassen. Bereits im Vorfeld der Vereinbarung mit der X-GmbH hatte der Bf steuerlichen Rat eingeholt und war auch in den Jahren 2007 bis 2009 durch einen Steuerberater vertreten. Die Finanzverwaltung führte aus, dass der Bf es ernsthaft für möglich halten musste, dass sich für ihn aus der Vermietung seines Gebäudes an die X-GmbH einkommensteuerliche Konsequenzen ergeben könnten. Es sollte daher aufgrund des Vorliegens einer Abgabenhinterziehung iSd § 33 Abs 1 FinStrG zur Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 207 Abs 2 BAO kommen. Gegen die Einordnung der Baukosten als Mietvorauszahlung brachte der Bf vor, dass diese von der Mieterin getragenen Kosten dem Vermieter erst mit Beendigung des Mietverhältnisses zufließen würden. Wenn die Mieterin zur Vornahme der Investitionen berechtigt und nicht verpflichtet wäre, dann würde die X-GmbH wirtschaftliche Eigentümerin der Baukosten bleiben. Der Bf bestritt die von der Finanzverwaltung angenommene Abgabenhinterziehung.
Entscheidung des BFG
Das Recht eine Abgabe festzusetzen, unterliegt einer grundsätzlichen Verjährungsfrist von fünf Jahren. Im Fall einer Abgabenhinterziehung verlängert sich diese Frist auf zehn Jahre (§ 207 Abs 2 BAO). Eine Abgabenhinterziehung liegt gem § 33 Abs 1 FinStrG vor, wenn vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabe verkürzt wird. Kein Vorsatz ist gem § 9 FinStrG bei Vorliegen eines entschuldbaren Irrtums gegeben, der den Täter das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ.
Das Erfüllen des Tatbestands der Abgabenhinterziehung bildet eine Vorfrage iSd § 116 Abs 1 BAO zur Beurteilung des Vorliegens einer verlängerten Verjährungsfrist nach § 207 Abs 2 BAO. Die Abgabenbehörde kann auch ohne finanzstrafbehördliche oder gerichtliche Entscheidung feststellen, dass eine Abgabenhinterziehung iSd § 207 Abs 2 BAO vorliegt. Die Finanzverwaltung muss nachprüfbare Feststellungen treffen, ob der erforderliche Vorsatz vorliegt. Das allfällige vorsätzliche Handeln ist aus dem äußerlich erkennbaren Verhalten des Täters zu erschließen.
Unbestritten ist, dass für die Streitjahre 2007 bis 2009 bereits mit Ablauf des Jahres 2015 die allgemeine Bemessungsverjährung eingetreten ist. Das BFG führt im Anschluss aus, dass der Bf seiner Erkundigungspflicht durch die Beiziehung eines Steuerberaters nachgekommen ist und ihm keine Umstände bekannt waren, um an der ordnungsgemäßen Erfüllung der abgabenrechtlichen Angelegenheiten zu zweifeln. Der Bf hielt es nicht für ernstlich möglich, dass der zwischen ihm und der X-GmbH abgeschlossene Vertrag eine finanzstrafrechtliche Tat verwirklicht, weshalb die zehnjährige Verjährungsfrist nicht anwendbar ist. Folglich hob das BFG die angefochtenen Bescheide ersatzlos auf und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.
Conclusio
Mietvorauszahlungen, die nicht als Darlehen zu qualifizieren sind, führen nach hA zu sofort zufließenden Einkünften aus VuV (Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG23 [2022] § 28 Rz 58/1; Ehgartner in Jakom, EStG16 [2023] § 28 Rz 56). Ebenso werden nach der Rsp des VwGH Baukostenzuschüsse im Rahmen einer Beteiligung des Mieters an den Baukosten des Vermieters als Einkünfte aus VuV qualifiziert, selbst wenn es zu keiner Verrechnung über den Mietzins kommt (VwGH 25. 10. 1994, 94/14/0080). Die Frage nach dem Vorliegen einer Mietvorauszahlung oder eines Baukostenzuschusses wurden vom BFG nicht weiter ausgeführt. Ein allfälliger Irrtum über eine seit Jahren bestehende Rechtslage zur Einordnung von Mietvorauszahlungen begründet nach der bisherigen Rsp des BFG allenfalls eine grob fahrlässige Abgabenverkürzung gem § 34 FinStrG, die keine Verlängerung der Verjährungsfrist auf zehn Jahre nach § 207 Abs 2 BAO bewirken kann (vgl zB BFG 5. 6. 2018, RV/7300016/2018). Selbst wenn die Nichtqualifizierung der Baukosten als Mietvorauszahlungen als Sorgfaltsverstoß gewertet werden würde, kann daraus noch kein vorsätzliches Handeln abgeleitet werden (vgl zB BFG 3. 5. 2021, RV/3100747/2020). Die Finanzverwaltung erhob eine außerordentliche Amtsrevision gegen das vorliegende Erkenntnis.