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BFG: Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei Fruchtgenuss

Bearbeiter: Bence Péter Komár

EStG 1988: § 2 Abs 1, Abs 3

Abstract

Strittig war im gegenständlichen Fall, ob die Einkünfte aus einem Bestandvertrag dem Liegenschaftseigentümer oder dem Fruchtgenussberechtigten zuzurechnen sind. Zwischen dem Liegenschaftseigentümer als Bestandgeber und einer Handelskette als Bestandnehmerin wurde 1996 ein Bestandvertrag abgeschlossen. 2013 räumte der Liegenschaftseigentümer seinem Sohn – dem Bf – ein Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft ein. Der fruchtgenussberechtigte Bf legte Rechnung über den Jahresbestandzins, nahm die ihm obliegende Wertanpassung vor und schloss 2015 einen Nachtrag zum Bestandvertrag ab, wobei der Nachtrag auf Initiative der Bestandnehmerin erfolgte und er auf Bestandgeberseite sowohl vom Bf als auch vom Liegenschaftseigentümer unterzeichnet wurde. Die aufgezählten Aktivitäten vermögen nach Ansicht des BFG eine Zurechnung der Einkünfte an den Bf nicht zu begründen.

BFG 23. 5. 2023, RV/3100801/2016

Sachverhalt

Im streitgegenständlichen Zeitraum (2013) war der Vater des Beschwerdeführers (Bf) Alleineigentümer einer Liegenschaft, die seit 1996 an eine Handelskette vermietet wurde. Dem Bf wurde 2013 ein Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft eingeräumt, wobei der Bf im Gegenzug die Hälfte der naturalen und zivilen Früchte seinem Vater abzuführen hatte. Der Bf legte als Fruchtgenussberechtigter Rechnung über den Jahresbestandzins an die Handelskette und nahm die ihm obliegende Berechnung der Wertanpassung vor. 2013 war der Bf darüber hinaus in keiner Weise in Bezug auf das gegenständliche Bestandverhältnis tätig. 2015 wurde auf Initiative der Bestandnehmerin ein Nachtrag zum Bestandvertrag abgeschlossen, welcher von der Handelskette, dem Fruchtgenussberechtigten und dem Eigentümer der Liegenschaft unterzeichnet wurde. Gegenstand dieses Nachtrags waren die Verlängerung des Kündigungsverzichts des Bestandgebers und Änderungen bzgl der Wertanpassung. Eine Änderung des Bestandzinses war hiermit nicht verbunden. Im selben Jahr reichte der Bf eine Einkommensteuererklärung für 2013 ein, in welcher er ua Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) iHv ca 15.000€ erklärte. Gegen den daraufhin erlassenen Einkommensteuerbescheid erhob er Beschwerde, weil er weitere Einkünfte irrtümlich nicht gemeldet habe. Der Beschwerde gab die zuständige Behörde mit Beschwerdevorentscheidung statt. Jedoch schied sie gleichzeitig die erklärten Einkünfte aus VuV zur Gänze aus der Bemessungsgrundlage aus. Die Mieteinkünfte seien allein dem Vater des Bf zuzurechnen. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung richtet sich der vom Bf eingebrachte Vorlageantrag.

Entscheidung des BFG

Der BFG zitiert zunächst den vom Ruppe entwickelten und von der österr Rsp seitdem verwendeten Grundsatz, wonach Zurechnungssubjekt von Einkünften derjenige ist, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern (Ruppe in Tipke 7 [18]; vgl auch VwGH 15.12.2010, 2008/13/0012 ua). Das Zurechnungssubjekt muss die Einkunftserzielung nach eigenem Dafürhalten gestalten können und das Unternehmerrisiko tragen. In Bezug auf VuV sprach der VwGH ferner wiederholt aus, dass in der Aufrechterhaltung eines (unkündbaren) Mietvertrages durch den Fruchtgenussberechtigten keine für die Einkünftezurechnung ausreichende unternehmerische Initiative zu erblicken sei (VwGH 20.3.2014, 2011/15/0174; 22.10.2015, 2012/15/0146). Das BFG stellte fest, dass die Rechnungslegung und die Berechnung der Wertanpassung durch den Bf nicht darüber hinaus reichte, was für die Aufrechterhaltung des Bestandverhältnisses absolut unerlässlich war. Entgegen der Meinung des Bf war die Vertragsänderung im Jahr 2015 nach Ansicht des Gerichts für die Einkommensteuer 2013 wegen des Grundsatzes der Periodenbesteuerung ohne Belang. Unabhängig davon wäre diese für eine Zurechnung der Mieteinkünfte auch nicht ausreichend gewesen, weil eine eigene Unternehmerinitiative des Bf darin nicht zu erkennen sei. Erstens ging die Vertragsänderung von der Bestandnehmerin aus. Außerdem wäre sie ohne Zustimmung des Liegenschaftseigentümers offensichtlich nicht zustande gekommen. Aufgrund der Aktivitäten – maßgebend sind ausschließlich jene aus dem Jahr 2013 – kann von einer eigenen Dispositionsbefugnis des Bf keine Rede sein. Die Zurechnung der Einkünfte an ihn als Fruchtgenussberechtigten kommt daher nicht in Frage. Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung hat das BFG die ordentliche Revision an den VwGH nicht zugelassen.

Conclusio

Die vorliegende Entscheidung ist in Einklang mit der gefestigten Rsp des VwGH (vgl VwGH 19.11.1998, 97/15/0001; 26.9.2000, 98/13/0070; 4.9.2014, 2011/15/0149; 23.2.2017, Ra 2016/15/0012 ua), mit der hL (Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 2 Rz 142; Reinold/Inzinger/Wiesner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 2 Anm 35 [Stand 1.2.2023, rdb.at]; wohl auch Ehgartner in Jakom EStG15 § 2 Rz 34 ff) und der Meinung der FinVw (EStR 2000 Rz 106) zu den Kriterien für die Zurechnung von Einkünften. Als Zurechnungssubjekt der gegenständlichen Einkünfte aus VuV hat das erkennende Gericht den Liegenschaftseigentümer festgestellt. Die nachfolgende Überlassung der Einkünfte an den Bf stellt beim Liegenschaftseigentümer eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar. Beim Bf ist sie unter keine der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs 3 EStG zu subsumieren und daher bei diesem nicht steuerbar.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34444 vom 01.09.2023