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BFG: Zuzugszeitpunkt bei Zuerkennung einer Zuzugsbegünstigung gem § 103 Abs 1a EStG

Bearbeiter: Juliane Beverungen

EStG 1988: § 103 Abs 1a

ZBV 2016: § 1

Abstract

Im vorliegenden Erkenntnis hatte das BFG darüber zu entscheiden, wann der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers ins Inland verlegt wurde. Dieser Zeitpunkt war entscheidend für die Beurteilung, ob ein Antrag auf Gewährung einer Zuzugsbegünstigung gem § 103 Abs 1a EStG fristgerecht oder verspätet abgegeben worden war. Das BFG kam zu dem Ergebnis, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen bereits früher als angenommen wurde, nach Österreich verlagert worden war, sodass die Frist von sechs Monaten gem § 1 Abs 2 ZBV 2016 nicht eingehalten worden war.

BFG 7. 3. 2025, RV/7102056/2023

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) wohnte bis Oktober 2018 in einer gemeinsamen Wohnung im Ausland mit seiner Ehefrau. Diese nahm im November 2018 eine neue Beschäftigung und in diesem Rahmen auch einen Wohnsitz in Österreich auf. Der Bf blieb allerdings weiterhin im Ausland wohnhaft und berufstätig, besuchte seine Ehefrau aber regelmäßig in Österreich. Diverse Urlaube wurden von den beiden nur in Österreich gemacht. Die sonstige Freizeitgestaltung des Bf fand dahingegen weiterhin an seinem ursprünglichen Wohnort statt.

Im September 2020 meldete der Bf dann seinen Hauptwohnsitz an sein Elternhaus um und übergab im November 2020 die ehemalige Wohnung des Ehepaars an eine Nachmieterin. Im November und Dezember 2020 wohnte er übergangsweise in einem Gästehaus seines Arbeitgebers oder in seinem Elternhaus, bis er an den Weihnachtsfeiertagen 2020 in die Wohnung seiner Ehefrau in Österreich übersiedelte. Eine neue Stelle als Universitätsprofessor an einer österreichischen Universität nahm er mit 1. 1. 2021 auf. In diesem Rahmen wollte er eine Zuzugsbegünstigung gem § 103 Abs 1a EStG geltend mache, welche er am 15. 6. 2021 beantragte.

Der Antrag wurde von der Behörde als verspätet iSd § 1 Abs 2 ZBV 2016 zurückgewiesen. Die Behörde war der Ansicht, dass die Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen spätestens im September 2020 stattgefunden habe. Hiergegen erhob der Bf Beschwerde und führte aus, dass der Verlagerungszeitpunkt falsch festgesetzt worden sei und er seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen erst ab dem 1. 1. 2021 in Österreich gehabt habe. Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde von der Behörde als unbegründet abgewiesen, woraufhin der Bf die Vorlage an das BFG beantragte.

Entscheidung

Der Antrag auf eine Zuzugsbegünstigung gem § 103 Abs 1a EStG ist gem § 1 Abs 2 ZBV 2016 spätestens sechs Monate nach dem Zuzug einzubringen. Ein Zuzug liegt dabei nur bei der Verlegung des Mittelpunkts der Lebensinteressen in das Inland vor. Wenn also weiterhin ein ausländischer Wohnsitz besteht, kommt es darauf an, wann die Lebensinteressen an den inländischen Wohnsitz verlagert wurden (s VwGH 26. 2. 2020, Ro 2017/13/0018).

Bei der Feststellung, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist, ist dabei auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen. Den wirtschaftlichen Beziehungen kommt dabei idR eine geringere Bedeutung als den persönlichen Verhältnissen zu (s VwGH 25. 7. 2013, 2011/15/0193 mwN). Während zu den persönlichen Verhältnissen, neben familiären Bindungen, auch Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art fallen, besteht die stärkste persönliche Bindung in den meisten Fällen aber zu jenem Ort, an dem jemand gemeinsam mit seiner Familie lebt (s VwGH 22. 3. 1991, 90/13/0073).

In diesem Fall ist entscheidungserheblich, wann die Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen nach Österreich stattgefunden hat, zu welchem Zeitpunkt der Zuzug also tatsächlich stattgefunden hat.

Mit dem Wegzug der Ehefrau des Bf nach Österreich, hat der Bf zumindest einen abgeleiteten Wohnsitz in Österreich. Auch die regelmäßigen Besuche und Urlaube können grds für einen Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich sprechen. Allerdings blieb der Bf erst mal weiter im Ausland beschäftigt, ging hier auch weiter seiner Freizeitgestaltung nach. Somit verlieb sein Mittelpunkt der Lebensinteressen auch erst mal im Ausland.

Eine entscheidende Änderung der Umstände trat mit der Aufgabe seiner ausländischen Wohnung Ende November 2020 ein. Ab diesem Zeitpunkt hatte der Bf nur noch einen gemeinsamen Wohnsitz mit seiner Ehefrau in Österreich und beabsichtigte auch unzweifelhaft seinen Tätigkeitsort nach Österreich zu verlagern. Dem steht auch nicht entgegen, dass er bis Ende 2020 seine restlichen Dienstpflichten noch im Ausland erfüllte. Da die Verlagerung des Lebensmittelpunkts des Bf also bereits mit dem 1. 12. 2020 erfolgte, wurde der Antrag auf Gewährung einer Zuzugsbegünstigung gem § 103 Abs 1a EStG zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Die Beschwerde wird daher als unbegründet abgewiesen. Eine Revision an den VwGH ist nicht zulässig.

Conclusio

Das vorliegende Erkenntnis ist besonders im Rahmen der Ausführungen zum Mittelpunkt der Lebensinteressen interessant: So ist bei der Gewährung einer Begünstigung gem § 103 EStG der Zuzug ins Inland maßgebend, wobei hierunter die Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen verstanden wird (s VwGH 26. 2. 2020, Ro 2017/13/0018). Zur Feststellung des Mittelpunkts der Lebensinteressen stützt sich das BFG im vorliegenden Fall auf die Rsp des VwGH, dass die stärkste persönliche Beziehung einer Person im Regelfall zu dem Ort besteht, an dem diese regelmäßig mit ihrer Familie lebt (s VwGH 22. 3. 1991, 90/13/0073). Noch im September 2024 gab es allerdings ein VwGH-Erkenntnis, wo gerade nicht die Ehefrau und die Kinder ausschlaggebend waren für den Mittelpunkt der Lebensinteressen, sondern der Vater, die Schwiegermutter und der Schwager (s VwGH 3. 9. 2024, Ra 2023/13/0186). Da es im vorliegenden Fall um eine Inbound-Konstellation ging und 2024 eine Outbound-Konstellation vorlag, stellt sich die Frage, ob die österreichische Rsp einen Unterschied zwischen den beiden macht, um Österreich mehr Besteuerungsrechte einzuräumen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36880 vom 30.06.2025