Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der ÖStZ erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
dEStG: §§ 4 Abs 1 und Abs 3, § 32a Abs 1, § 32b Abs 1
DBA Deutschland-Luxemburg: Art 5 Abs 1, Art 20 Abs 2
Abstract
Der BFH erkannte, dass es zu einem Ausschluss des Gewinnermittlungswahlrechts nach § 4 Abs 3 Satz 1 dEStG kommt, wenn nach ausländischen gesetzlichen Vorschriften eine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht besteht.
BFH 18. 1. 2023, I R 48/19
Sachverhalt
Der Revisionskläger (Rk) war aufgrund seiner Ansässigkeit in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und erzielte im Streitjahr 2011 negative Einkünfte aus einer in Luxemburg ansässigen Goldhandelsgesellschaft. Die luxemburgische Gesellschaft war mit einer GmbH & Co KG vergleichbar. Der Rk fungierte als Geschäftsführer und hielt 99,8 % der Anteile. Diese Einkünfte waren nach dem DBA Deutschland-Luxemburg steuerfrei. In seiner Steuererklärung machte er dem Progressionsvorbehalt unterliegende negative steuerfreie Einkünfte geltend. Das FA ersuchte um Vorlage eines amtlichen Nachweises über die negativen steuerfreien Einkünfte. Der Rk legte eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs 3 dEStG vor. Aufgrund der Nichtvorlage eines amtlichen Nachweises setzte das FA das Einkommen ohne die negativen Einkünfte fest. Dagegen legte der Rk Einspruch ein. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens erteilte das Bundeszentralamt für Steuern eine Wirtschaftsauskunft von der luxemburgischen Gesellschaft, die für Zwecke der Besteuerung in Luxemburg mitgeteilte Bilanzansätze für das Streitjahr enthielt. Im Streitjahr wies die Gesellschaft in Luxemburg ein positives Jahresergebnis aus. Die Differenz zwischen den beiden Ergebnissen ergibt sich aus der Zeitspanne zwischen Erwerb und Veräußerung des gehandelten Goldes. Das Hessische FG hat lediglich einen geringen Verlust für Zwecke des Progressionsvorbehalts bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32b Abs 1 Satz 1 Nr 3 dEStG berücksichtigt und die Klage im Übrigen als unbegründet abgewiesen (Urteil v 22. 8. 2019 – 10 K 1143/14). Eine Revision war zulässig und wurde eingebracht.
Entscheidung des BFH
Gem Art 5 Abs 1 DBA Deutschland-Luxemburg steht für Einkünfte aus der mitunternehmerischen Beteiligung an einer Personengesellschaft das Besteuerungsrecht Luxemburg zu. In Deutschland unterliegen diese Einkünfte gem Art 20 Abs 2 Satz 2 DBA Deutschland-Luxemburg iVm § 32b Abs 1 Satz 1 dEStG dem Progressionsvorbehalt. Dabei sind die durch ein DBA freigestellten ausländischen Einkünfte bei der Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes zu berücksichtigen. Sind die nach DBA freigestellten Einkünfte negativ, kann dies zu einer Minderung des Steuersatzes für die inländischen Einkünfte – ggf bis auf Null – führen (negativer Progressionsvorbehalt).
§ 4 Abs 1 Satz 1 dEStG sieht grundsätzlich die Ermittlung aufgrund des (bilanziellen) Bestandsvergleichs vor. Demgegenüber steht das Gewinnermittlungswahlrecht nach § 4 Abs 3 Satz 1 dEStG, wonach Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften zur Buchführung verpflichtet sind und die auch keine Bücher führen, den Gewinn mittels einer Überschussrechnung ermitteln können. In diesem Fall sah das FG die Voraussetzungen des Gewinnermittlungswahlrechts nach § 4 Abs 3 Satz 1 dEStG als nicht erfüllt an, weil zum einen die A-Gesellschaft nach luxemburgischem Recht buchführungspflichtig gewesen sei und zum anderen die Gesellschaft für Zwecke der Gewinnermittlung gegenüber der luxemburgischen Finanzverwaltung eine Bilanz erstellt habe. Auch ausländische Vorschriften, die eine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht begründen, können das (materielle) Gewinnermittlungswahlrecht nach § 4 Abs 3 Satz 1 dEStG ausschließen (BFH v 20. 4. 2021 – IV R 3/20, BFHE 273, 119; IV R 20/17, BFH/NV 2021, 1191). Demnach setzt die sog Sperrwirkung voraus, dass das ausländische Recht sowohl eine Buchführungs- als auch eine Abschluss- und damit Bilanzierungspflicht vorsieht. Besteht im Ausland keine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht, kommt es für die Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts auf das Verhalten der ausländischen Personengesellschaft als „fiktive“ Normadressatin des § 4 Abs 3 dEStG an und nicht auf das Verhalten des inländischen Gesellschafters.
Maßgeblich ist demnach die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung. Das Wahlrecht wird ausgeübt, wenn das Gewinnermittlungssubjekt entweder eine Einnahmen-Überschussrechnung oder einen Betriebsvermögensvergleich erstellt und diese Methode als endgültige Gewinnermittlung ansieht. Will die ausländische Personengesellschaft zur Ermittlung der nach dem DBA steuerfreien Progressionseinkünfte die Einnahmen-Überschussrechnung wählen, muss das Wahlrecht entsprechend ausgeübt werden, bevor im In- oder Ausland eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich erfolgt. Als starkes Indiz hierfür kann gewertet werden, wenn eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 dEStG beim inländischen FA eingereicht wird, bevor ggf eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich beim ausländischen FA eingereicht wird. Aufgrund der fehlerhaften Prüfung hob der BFH das Urteil auf und wies es an das FG zurück.
Conclusio
Der BFH folgt hier seiner bisher bestehenden Rsp zu den sog Goldfinger-Fällen. Beim sog Goldfinger-Modell kam es zu einem Steuerstundungseffekt, weil die Anschaffungskosten des Goldes bereits im Jahr der Anschaffung als Betriebsausgaben abgezogen wurden und somit Verluste aus Gewerbebetrieb entstanden, die sofort mit anderen positiven Einkünften der Gesellschafter verrechnet bzw abgezogen werden konnten.
Im grenzüberschreitenden Fall führte das Goldfinger-Modell zu einer Reduzierung des Steuersatzes. Während der negative Progressionsvorbehalt im Jahr des Goldankaufs zu einer deutlichen Steuerminderung aufgrund des DBA führte, bewirkte der positive Progressionsvorbehalt im Jahr des Goldverkaufs nur eine geringe Erhöhung des Steuersatzes.