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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
dEStG: § 8 Abs 1 S 1, § 18 Abs 1 Nr 1 S 1, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1, § 22 Nr 3 S 1
Abstract
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein mit einem Preisgeld dotierter Wissenschaftspreis, der für eine Habilitationsschrift verliehen wird, als steuerpflichtige Einnahme zu behandeln ist. In seiner Entscheidung erklärte der BFH, dass ein Preisgeld nicht als Arbeitslohn, Betriebseinnahme oder sonstige Leistung zu qualifizieren ist, sofern es nicht auf einem konkreten Leistungsverhältnis beruht. Ein solcher Wissenschaftspreis ist daher steuerlich nicht zu erfassen, da er der allgemeinen Wissenschaftsförderung dient.
BFH 21. 11. 2024, VI R 12/22
Sachverhalt
Der Revisionskläger war im Streitjahr 2018 als Professor an der Hochschule S und daneben freiberuflich als Berater und Dozent tätig. Als Dozent und Berater erzielte er Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. In den Jahren 2006–2014 verfasste er acht wissenschaftliche Publikationen, auf deren Grundlage er sich im Jahr 2016 habilitierte. Bereits 2014 wurde er zum Professor an der Hochschule S berufen. Im Jahr 2018 verlieh ihm das Institut Y für diese Arbeiten einen Wissenschaftspreis. Das Finanzamt (FA) behandelte das Preisgeld zunächst als freiberufliche, später unter Anwendung der Fünftelregelung gemäß § 34 Abs 1 dEStG als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und qualifizierte es daher als Arbeitslohn iSd § 19 dEStG. Das Finanzgericht Münster (FG), 13 K 1398/20 E folgte dieser Einschätzung und qualifizierte das Preisgeld als steuerbare Einkünfte. Der Revisionskläger begehrte jedoch die vollständige Steuerfreistellung mit der Begründung, dass das Preisgeld unabhängig von seiner beruflichen Tätigkeit gewährt worden und keinen konkreten Leistungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses zuzurechnen sei.
Entscheidung des BFH
Der BFH gab der Revision statt und entschied, dass das Preisgeld keiner Einkunftsart gem § 2 Abs 1 dEStG zugeordnet werden kann. Das Preisgeld kann nicht als Betriebseinnahme (§ 18 dEStG), Arbeitslohn (§ 19 dEStG) oder sonstige Leistung (§ 22 Z 3 dEStG) eingeordnet werden. Nach der Rsp des BFH (BFH 1. 9. 2016, VI R 67/14, BStBl II 2017, 69) kann ein Preisgeld nur dann ein Arbeitslohn sein, wenn es durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist. Eine bloße Förderlichkeit der Habilitation für das spätere berufliche Fortkommen begründet keinen hinreichenden Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis. Gleiches gilt für eine etwaige freiberufliche Tätigkeit des Revisionsklägers. Zwar können Preisgelder als Betriebseinnahmen erfasst werden, jedoch nur insofern, als ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit besteht (BFH 14. 3. 1989, I R 83/85). Das Preisgeld wurde ausschließlich aufgrund der wissenschaftlichen Qualifikation verliehen und erfolgte somit unabhängig von der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers. Nach Auffassung des BFH ist das Preisgeld auch keine sonstige Leistung iSd § 22 Z 3 dEStG. Solche Einkünfte setzen – in Übereinstimmung mit der herrschenden Literatur und der ständigen BFH-Rsp – ein Verhalten voraus, wonach die Leistung durch eine wirtschaftliche Veranlassung „um des Entgelts willen“ geprägt ist (BFH 16. 6. 2015, IX R 26/14). Dies ist hier nicht der Fall. Die Habilitationsleistung wurde unabhängig vom Preisgeld erstellt, das Preisgeld dient allein der Wissenschaftsförderung.
Conclusio
Die Entscheidung steht in Übereinstimmung zur bisherigen Rsp des BFH zur steuerlichen Abgrenzung zwischen entgeltlicher Leistung und unbeachtlicher Drittzuwendung (BFH 1. 9. 2016, VI R 67/14; 16. 2. 2022, VI R 53/18). Der BFH betont erneut, dass für die steuerliche Erfassung von Preisgeldern entscheidend ist, ob sie im Rahmen eines konkreten Dienstverhältnisses veranlasst sind. Eine bloße Förderungswürdigkeit der honorierten Leistung für das berufliche Fortkommen reicht nicht aus. Mit der Entscheidung setzt der BFH die in Deutschland und Österreich für Preisgelder etablierten steuerlichen Grundsätze fort. Auch nach österreichischem Einkommensteuerrecht sind solche Preise nur dann steuerbar, wenn es sich um ein Preisgeld im Rahmen einer selbstständigen (§ 22 EStG), einer betrieblichen (§ 23 EStG) oder einer nichtselbstständigen Tätigkeit (§ 25 EStG) handelt oder wenn es als sonstige Einkünfte (§ 29 EStG) steuerlich zu erfassen ist.
Preisgelder, die keinen unmittelbaren Zusammenhang mit einer konkreten, entgeltlichen Leistung aufweisen und primär der allgemeinen Anerkennung oder Förderung dienen, sind hingegen auch in Österreich grundsätzlich nicht steuerbar (VwGH 16. 12. 2015, 2013/15/0150). Preisgelder sind demnach nur dann einkommensteuerbar (und im Regelfall auch einkommensteuerpflichtig), wenn sie für eine konkrete wirtschaftliche Leistung honorieren. Nach Ansicht des VwGH kann ein für eine Dissertation erhaltener Wissenschaftspreis etwa dann eine Betriebseinnahme gem § 22 Z 1 lit a EStG sein, wenn der Steuerpflichtige Dritten Rechte an der Dissertation einräumt oder sie der wissenschaftlichen Auftragsforschung dient, für die ein als Wissenschaftspreis bezeichnetes Entgelt gezahlt wird (VwGH 16. 12. 2015, 2013/15/0150). Die bloße Einreichung einer Dissertation für einen Wissenschaftspreis stellt jedoch keine wirtschaftliche Tätigkeit und somit keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dar, weshalb es sich bei einem solchen Preis um nicht steuerbare Einkünfte handelt (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], Kommentar zum EStG [20. Lfg 2018] § 29 EStG Rz 99; Kanduth-Kristen/Komarek, Steuerpflicht für Anerkennungspreise zur Prämierung wissenschaftlicher Arbeiten? – UFS sieht Preisgelder für Dissertation als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, SWK 2013, 703; Kirchmayr/Geringer in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], Kommentar zum EStG [21. Lfg 2020] § 25 EStG Rz 7/3).
In vorliegendem Fall wurde das Preisgeld ausschließlich für die wissenschaftliche Leistung (Habilitation) verliehen, ohne dass ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zu einer betrieblichen, freiberuflichen oder nichtselbstständigen Tätigkeit bestand. Es erfolgte eine Förderung der Wissenschaft im Allgemeinen, jedoch keine Kompensation einer spezifischen Leistung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses. Daher würde es im vorliegenden Fall nach österreichischem Einkommensteuerrecht bedeuten, dass das Preisgeld wohl nicht als steuerbare Einkunftsquelle gem § 2 Abs 3 EStG einzuordnen wäre. Insofern wäre das Ergebnis in Deutschland und Österreich das gleiche.