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BFH: Reichweite der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung in der Land- und Forstwirtschaft

Bearbeiter: Eric Coenen

dKraftStG 2002: § 3 Z 7

dEStG: § 15 Abs 3

Abstract

Der BFH hatte im vorliegenden Fall darüber zu entscheiden, ob die Nutzung eines Anhängers zur Beförderung von selbst erstellten land- und forstwirtschaftlichen Produkten zur selbst betriebenen Biogasanlage von der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung des § 3 Z 7 dKraftStG erfasst ist. Nach Ansicht des BFH ist in einem solchen Fall weder die Befreiung des § 3 Z 7 lit a dKraftStG noch des § 3 Z 7 lit c dKraftStG einschlägig, weil durch die Beförderung der Produkte zur Biogasanlage als Gewerbebetrieb das Erfordernis der „ausschließlichen“ Verwendung für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe nicht erfüllt ist.

BFH 18. 12. 2024, IV R 11/23

Sachverhalt

Die Revisionsklägerin ist eine GmbH & Co KG, die sowohl landwirtschaftliche Produkte erzeugt und verkauft als auch eine Biogasanlage betreibt. Den durch die Biogasanlage erzeugten Strom gibt sie entgeltlich an einen Stromversorger ab. Die Klägerin ist seit dem 30. 3. 2017 Halterin von zwei Anhängern. Diese Anhänger wurden sowohl für die Land- und Forstwirtschaft als auch für den Transport des eigenen Getreides zur Biogasanlage benutzt. Sie beantragte am 18. 4. 2017 die Steuerbefreiung gem § 3 Z 7 dKraftStG, wonach ua Anhänger, die ausschließlich für land- und forstwirtschaftliche Betriebe genutzt werden, von der Kraftfahrzeugsteuer ausgenommen sind. Nach Ablehnung dieser Befreiung mit Bescheid durch das Hauptzollamt als Revisionsbeklagten und dagegen erhobener Klage ließ auch das Finanzgericht (Berlin-Brandenburg 25. 1. 2022, 8 K 8035/18) die Befreiung nicht zu.

Entscheidung des BFH

§ 3 Z 7 dKraftStG befreit ua das Halten von Kraftfahrzeuganhängern von der Kraftfahrzeugsteuer, solange diese ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben (lit a) oder zur Beförderung für land- oder forstwirtschaftliche Betrieben verwendet werden, wenn diese Beförderungen in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb beginnen oder enden (lit c). Dabei handelt es sich um eine verwendungsbezogene Steuerbefreiung, die so weit wie möglich nur für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, nicht aber für gewerbliche Unternehmen anwendbar sein soll. Eine Definition eines landwirtschaftlichen Betriebs iSd KraftStG besteht nicht. Vielmehr wird dafür auf bewertungsrechtliche und allgemeine ertragsteuerliche Grundsätze zurückgegriffen: Demnach gilt als ein solcher Betrieb eine Wirtschaftseinheit, in der die Produktionsfaktoren Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeit zusammengefasst sind und – aufeinander abgestimmt – planmäßig eingesetzt werden, um Güter zu erzeugen und zu verwerten oder Dienstleistungen bereitzustellen (BFH 6. 3. 2013, II R 55/11).

Im vorliegenden Fall betreibt die Klägerin eine Biogasanlage. Da der darin gewonnene Strom gegen Entgelt an einen Energieversorger geliefert wird, handelt es sich dabei aus ertragsteuerlicher Sicht um eine gewerbliche Tätigkeit. Da aber die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung gem § 3 Z 7 dKraftStG nicht etwa an die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen oder die Bewertung von Wirtschaftsgütern anknüpft, sondern allein eine Verwendung der Nutzung eines Fahrzeugs ausschließlich für die land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeit verlangt, sind nicht zwingend die einkommensteuerrechtlichen Grundsätze anzuwenden. Daher ist auch nicht die Gewerblichkeitsfiktion des § 15 Abs 3 Z 1 Satz 1 dEStG heranzuziehen.

Für Zwecke des § 3 Z 7 dKraftStG genügt es im vorliegenden Fall, festzustellen, ob die Anhänger auch dafür genutzt wurden, den selbst erzeugten Mais und Roggen zur Biogasanlage (als Gewerbebetrieb) zu befördern. Da dies nach den Feststellungen des FG der Fall war, ist die Befreiung nach § 3 Z 7 lit a dKraftStG zutreffend nicht angewendet worden, weil keine „ausschließliche“ Verwendung der Anhänger für den land- oder forstwirtschaftliche Betrieb vorlag. Dasselbe gilt für die Befreiung nach § 3 Z 7 lit c dKraftStG, weil die Anhänger für die Beförderung des Maises und Roggens zur Biogasanlage auch nicht ausschließlich für die „Beförderung für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe“ benutzt wurden, sondern eben zur Beförderung für einen Gewerbebetrieb. Insofern sind die Befreiungen des § 3 Z 7 dKraftStG zu Recht nicht angewendet worden.

Conclusio

Die für den vorliegenden Fall ausschlaggebende Befreiungsbestimmung von der Kraftfahrzeugsteuer des § 3 Z 7 dKraftStG findet sich in vergleichbarer Form im österreichischen Recht in § 2 Abs 1 Z 7 KraftStG. Der Unterschied in der österreichischen Bestimmung liegt aber darin, dass diese nicht nur die „ausschließliche“ Nutzung, sondern auch die „vorwiegende“ Nutzung der Anhänger für land- und forstwirtschaftliche Betriebe erfasst. Daher könnte der Sachverhalt vor dem Hintergrund des österreichischen Rechts insofern anders beurteilt werden, als die Beförderung der selbst erzeugten landwirtschaftlichen Produkte zur selbst betriebenen Biogasanlage möglicherweise trotzdem noch dazu führt, dass die Anhänger „vorwiegend“ für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe genutzt werden. Damit könnte die Befreiung in Österreich bei einem vergleichbaren Sachverhalt anwendbar sein.

Dass eine solch geringfügige Nutzung für einen Gewerbebetrieb schädlich ist, ist auch ein wesentlicher Störfaktor in der vorliegenden Rechtssache: Nach Ansicht des BFH schadet die Beförderung der selbst erstellten land- und forstwirtschaftlichen Produkte zu einem selbst geführten Gewerbebetrieb in Form einer Biogasanlage, um die Befreiung des § 3 Z 7 dKraftStG nicht zur Anwendung kommen zu lassen. Diese Begründung wird zwar dem Wortlaut der Bestimmung am ehesten gerecht, weil vorgebracht werden kann, dass die Beförderung zum Gewerbebetrieb dem Erfordernis der „ausschließlichen“ Verwendung für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe nicht entspricht. Allerdings entspricht dieses Ergebnis womöglich nicht dem Zweck der Bestimmung, der insb in der kraftfahrzeugsteuerlichen Begünstigung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben liegt, weil bereits die Beförderung zu einem selbst geführten Gewerbebetrieb schädlich für die Befreiung ist. Es stellt sich die Frage, ob dem Zweck der Befreiung nicht eher dann entsprochen würde, wenn die alleinige Beförderung dieser Produkte zu einem Gewerbebetrieb noch nicht per se schädlich ist. Insofern erscheint eine geringfügige andere Verwendung als für land- und forstwirtschaftliche Betriebe – wie etwa im österreichischen § 2 Abs 1 Z 7 KraftStG – durchaus sinnvoll, um gerade solche geringfügigen Fälle trotzdem noch von der Befreiung zu erfassen. Ein derartiges Ergebnis würde aber aufgrund des recht klaren Wortlauts des § 3 Z 7 dKraftStG wohl eine teleologische Reduktion erfordern, wie etwa im Zusammenhang mit der Abfärbetheorie nach § 15 Abs 3 Z 1 Satz 1 dEStG im deutschen Recht, wonach eine Personengesellschaft – entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Bestimmung – nicht bereits bei einer noch so geringen gewerblichen Tätigkeit ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt (dazu BFH 11. 8. 1999, XI R 12/98).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36612 vom 10.04.2025