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§ 10 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Halbsatz 1 dEStG
Abstract
Das deutsche Sonderausgabenabzugsverbot für Vorsorgeaufwendungen, die in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit in der Schweiz erzielten und in Deutschland freigestellten Arbeitslöhnen stehen, verstößt dem BFH zufolge gegen die durch das Freizügigkeitsabkommen (FZA) mit der Schweiz gewährleisteten Grundsätze der Arbeitnehmerfreizügigkeit und Gleichbehandlung.
BFH zum Sonderausgabenabzug von Altersvorsorgeaufwendungen im Falle eines steuerfreien Arbeitslohnes aus der Schweiz.
BFH 5. 11. 2019, X R 23/17
Sachverhalt
Ein in Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger erzielte im Streitjahr 2012 als Angestellter eines deutschen Unternehmens Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und unterlag der deutschen gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Seine Tätigkeit übte der Steuerpflichtige allerdings überwiegend auf Baustellen in der Schweiz aus. Nach den Vorgaben des DBA Deutschland-Schweiz waren die auf die Entsendung entfallenden Einkünfte in Deutschland unter Progressionsvorbehalt freigestellt. Ein Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen, die auf den in der Schweiz erwirtschafteten steuerfreien Arbeitslohn entfielen, wurde folglich vom Finanzamt unter Hinweis auf das Abzugsverbot des § 10 Abs 2 Satz 1 Nr 1 dEStG für Aufwendungen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen versagt. Auch das FG wies eine dagegen gerichtete Klage des Steuerpflichtigen ab.
Erwägungen des BFH
Der BFH hob die Entscheidung des deutschen FG auf, obwohl dieses zu Recht entschieden hatte, dass ein Teil der Altersvorsorgeaufwendungen des Steuerpflichtigen grundsätzlich unter das Abzugsverbot des § 10 Abs 2 Satz 1 Nr 1 dEStG fällt. Dem BFH zufolge verstößt das Sonderausgabenabzugsverbot für Vorsorgeaufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in der Schweiz erzielten Arbeitslöhnen stehen, aber gegen die durch das FZA gewährleisteten Grundsätze der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Gleichbehandlung. Denn hätte der Steuerpflichtige die Einkünfte ausschließlich in Deutschland bezogen, wäre das Abzugsverbot nicht anwendbar. Insofern ist dieses dazu geeignet, inländische Arbeitnehmer von einer Beschäftigung in der Schweiz abzuhalten. Eine solche Einschränkung wäre aber nur gerechtfertigt, wenn diese Situationen betrifft, die objektiv nicht vergleichbar sind oder der Eingriff aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses erfolgt. Solche Gründe liegen dem BFH zufolge im Streitfall aber nicht vor. Die Rsp des EuGH zur Unionsrechtswidrigkeit von Sonderausgabenabzugsverboten für Vorsorgeaufwendungen iZm im Inland steuerfrei gestellten Arbeitslöhnen (s Rs Bechtel, C‑20/16) ist gleichermaßen im Verhältnis zur Schweiz zu berücksichtigen. Die Sperrwirkung des FZA gilt nicht, da die Rsp lediglich Grundsätze des Unionsrechts präzisiert, die schon vor der Unterzeichnung des FZA aufgestellt waren. Die in § 10 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Halbsatz 2 dEStG vorgesehene Rückausnahme vom Abzugsverbot für steuerfreie Einnahmen aus EU/EWR-Staaten ist daher, so der BFH, über ihren Wortlaut hinaus auch in Zusammenhang mit der Schweiz anwendbar. Eine Zurückverweisung an das FG war erforderlich, weil nicht klar festgestellt werden konnte, ob oder in welchem Umfang die Vorsorgeaufwendungen in der Schweiz Berücksichtigung gefunden hatten bzw hätten finden können.
Conclusio
Mit der Entscheidung in der Rs Bechtel stellte der EuGH klar, dass Vorsorgeaufwendungen, die in Zusammenhang mit im EU/EWR-Ausland erzielten steuerfreien Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit stehen, abzugsfähig sind. Laut BFH gilt dies aufgrund des FZA auch im Verhältnis zur Schweiz.