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BFH zum Vorsteuerabzug einer Heizungsanlage bei Wohnraumvermietung

Bearbeiter: Rainer Borns

dUStG: § 15 Abs 2 Satz 1 Nr 1

MwStSyst-RL: Art 68 lit a

Abstract

Der BFH hatte zu entscheiden, ob die Kosten für den Austausch einer Heizungsanlage direkt und unmittelbar mit der unecht steuerbefreiten Wohnraumvermietung zusammenhängen. Neben den objektiven Umständen und der objektiven Natur des Umsatzes muss geprüft werden, ob die Kosten der Heizungsanlage in den Preis der Ausgangsleistungen Eingang finden. Wird ein Zusammenhang zwischen der Anschaffung der Heizungsanlage und der steuerfreien Vermietung angenommen, steht der Vermieterin kein Vorsteuerabzug für den Erwerb der Anlage zu.

BFH 7. 12. 2023, V R 15/21

Sachverhalt

Die Klägerin (und Revisionsbeklagte) vermietete ein Haus mit zwei Wohnungen zu Wohnzwecken. Im Mietvertrag wurde festgehalten, dass sich die Miete aus der Grundmiete, den „kalten“ Betriebskosten und den Heizungsbetriebskosten zusammensetzte, wobei die Mieter für die Betriebs- und Heizkosten Vorauszahlungen zu leisten hatten. Im September 2016 ließ die Klägerin eine neue Heizungsanlage für die vermieteten Wohnungen installieren. Für jeden Mieter gab es einen Einzelzähler, der die individuelle Wärmemenge erfasste. Die Klägerin verzichtete auf die Kleinunternehmerregelung und gab eine UVA für Oktober 2016 mit einem Überschuss zu ihren Gunsten ab. Darin erklärte sie Umsätze zu 19 % aus den Wärme- und Warmwasserlieferungen in Höhe des Nettobetrages der entsprechenden Vorauszahlung. Zugleich machte die Klägerin Vorsteuerbeträge geltend, die auf den Erwerb und die Installation der Heizungsanlage entfielen. Nach einer Sonderprüfung war das FA der Auffassung, dass die Wärmelieferung eine typische Nebenleistung zur (nach deutschem Umsatzsteuerrecht) steuerfreien Wohnungsvermietung sei. Da die Klägerin ausschließlich steuerfreie Vermietungsumsätze getätigt habe, scheide ein Vorsteuerabzug laut FA aus, woraufhin die Vermieterin Klage erhob.

Das FG gab der Klage überwiegend statt. Demnach erbringt die Klägerin steuerpflichtige Wärme- und Warmwasserlieferungen an ihre Mieter und kann daher für die mit diesen Lieferungen im Zusammenhang stehenden Vorleistungen einen Vorsteuerabzug geltend machen. Das FG ordnete die Wärmelieferungen mit Verweis auf die EuGH-Rsp (EuGH 16. 4. 2015, C-42/14, Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie) als selbstständige Lieferungen und nicht bloß unselbstständige Nebenleistungen der Vermietungen ein. Allerdings wirkt der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung, den die Klägerin im Oktober 2016 abgegeben habe, nicht erst ab der Abgabe, sondern für das gesamte Jahr (2016), weshalb die Wärmelieferungen nicht ab Oktober, sondern bereits ab Jänner 2016 als steuerpflichtig anzusehen sind. Gegen diese Entscheidung erhob das FA Revision und brachte im Wesentlichen vor, dass der vorliegende Fall nicht mit der Rs Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie vergleichbar sei.

Entscheidung des BFH

Zunächst führt der BFH aus, dass der Unternehmer nach § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 dUStG als Vorsteuer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen abziehen kann, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt wurden. Gem § 15 Abs 2 Satz 1 Nr 1 dUStG ist der Vorsteuerabzug jedoch für Leistungen ausgeschlossen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Folglich muss zwischen der Eingangsleistung und der steuerpflichtigen Ausgangsleistung ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Finden die Kosten der Eingangsleistung Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt, kann dies als Indiz für einen solchen direkten und unmittelbaren Zusammenhang gewertet werden. Daneben müssen zudem die objektiven Umstände und die objektive Natur des betreffenden Umsatzes berücksichtigt werden.

Basierend auf den allgemeinen Ausführungen bringt das deutsche Höchstgericht vor, dass ein direkter Zusammenhang zwischen den Kosten der Heizungsanlage und der steuerfreien Vermietung jedenfalls dann besteht, wenn es sich bei den Kosten der Heizungsanlage um keine Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert – also neben dem Mietzins – zu tragen hat. Im vorliegenden Fall konnten die Kosten für die Heizungsanlage aufgrund zivilrechtlicher Beschränkungen nicht im Rahmen von umlagefähigen Betriebskosten von der Klägerin auf den Mieter abgewälzt werden. Aus zivilrechtlicher Perspektive berechtigt eine derartige Installation lediglich zu einer Mieterhöhung und somit einer Erhöhung des steuerfreien Entgelts. Folglich besteht – so das deutsche Höchstgericht – ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Kosten aus dem Erwerb und der Installation der Heizungsanlage und der steuerfreien Wohnraumvermietung. Die Klägerin kann daher keinen Vorsteuerabzug geltend machen.

Conclusio

Im Gegensatz zum FG entschied der BFH, dass die Kosten für den Austausch der Heizungsanlage aufgrund der zivilrechtlichen Beschränkungen nicht als Betriebskosten angesetzt werden können, sondern zu einer Erhöhung der Mietkosten führen. Somit hängen die Kosten direkt und unmittelbar mit dem steuerfreien Entgelt für die Wohnraumvermietung zusammen. Folglich konnte die Vermieterin keinen Vorsteuerabzug für den Erwerb und die Installation der neuen Heizungsanlage geltend machen. In diesem Verfahren war ua unklar, welche Bedeutung der Entscheidung des EuGH in der Rs Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie beizumessen sei. Darin ging es um die Frage, ob Wärmelieferungen als eigenständige Leistungen oder als unselbstständige Nebenleistungen der Vermietung anzusehen sind. Dabei gab der EuGH zwar Anhaltspunkte für diese Abgrenzung, überließ die faktische Beurteilung auf Basis des Sachverhalts jedoch dem vorlegenden Gericht: Für eine Einordnung als eigenständige Hauptleistung spricht etwa die Möglichkeit des Mieters, die Wärmelieferanten selbst auszuwählen und durch Anbringen von individuellen Zählern über den eigenen Verbrauch zu entscheiden (EuGH 16. 4. 2015, C-42/14, Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie, Rn 39).

Während das FG im vorliegenden Fall basierend auf der Entscheidung des Gerichtshofs einen Vorsteuerabzug zuließ, sprach sich das FA in seiner Revision explizit gegen eine Vergleichbarkeit aus. Der BFH ging auf eine etwaige Vergleichbarkeit nicht ein. Der Grund dafür liegt wohl darin, dass die potenzielle Einordnung der Wärmelieferung als eigenständige Hauptleistung nicht entscheidungserheblich war. Da die Anschaffung der Heizungsanlage unmittelbar mit der steuerfreien Vermietung zusammenhängt, würde auch die Einordnung der Wärmelieferung als eigenständige Hauptleistung nichts am Fehlen des Vorsteuerabzugs für die Anschaffung der Heizungsanlage ändern. Insofern weicht der BFH auch nicht von der Rsp des EuGH ab.

Eine vergleichbare Situation könnte es basierend auf der österreichischen Rechtslage bei Wohnraumvermietungen nicht geben. Die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke ist gem § 6 Abs 1 Z 16 TS 1 UStG ausdrücklich von der Steuerbefreiung ausgenommen. Unabhängig davon, ob die Wärmelieferung als Nebenleistung oder eigenständige Hauptleistung qualifiziert wird, würden die Kosten der Heizungsanlage somit aus österreichischer Perspektive mit einer steuerpflichtigen Ausgangsleistung zusammenhängen. Bei einer Vermietung zu Wohnzwecken würde folglich ein Vorsteuerabzug für derartige Anschaffungskosten zustehen. Im Gegensatz zur Wohnraumvermietung ist die Vermietung von Geschäftsräumen gem § 6 Abs 1 Z 16 UStG unecht von der Umsatzsteuer befreit. Diesfalls wäre für einen Vorsteuerabzug auch in Österreich entscheidend, ob die Anschaffungskosten direkt und unmittelbar mit der steuerbefreiten Vermietung oder einer Wärmelieferung als steuerpflichtige eigenständige Hauptleistung zusammenhängen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35532 vom 12.06.2024