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dUStG: § 25a
Abstract
Der BFH hatte zu beurteilen, ob ein Gebrauchtwagenhändler die Differenzbesteuerung anwenden kann, obwohl in einigen Fällen unklar war, ob er die Kfz von Personen erworben hatte, die keine USt schuldeten oder die Differenzbesteuerung vorgenommen hatten. Nach Ansicht des BFH war dem Gebrauchtwagenhändler kein Vertrauensschutz zuzuerkennen, weil er nicht in gutem Glauben gehandelt und nicht alle Maßnahmen ergriffen hatte, um sicherzustellen, dass die Inanspruchnahme der Differenzbesteuerung nicht zu einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt.
BFH 11. 12. 2024, XI R 15/21
Sachverhalt
Der Kl und RevKl war im Handel mit gebrauchten Kfz tätig. Im Streitjahr 2014 meldete er keine regelbesteuerten Kfz-Lieferungen, sondern nur Umsätze unter Anwendung der Differenzbesteuerung (§ 25a dUStG) an. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das FA fest, dass der Kl in 29 Fällen Kfz unter Verwendung von bei Privatverkäufern üblichen Musterverträgen gekauft hatte, die Verkäufer aber in Wahrheit als Händler tätig gewesen waren. In weiteren 22 Fällen hatte der Kl Kfz-Fahrgestellnummern angegeben, die aber vom Kraftfahrt-Bundesamt nicht ermittelt werden konnten. Daher war nach Ansicht der Betriebsprüfung die Differenzbesteuerung für 20 % der Umsätze zu versagen und die USt entsprechend zu erhöhen.
Auf Basis des entsprechenden Prüfungsberichts wurde ein USt-Bescheid für das Streitjahr erlassen, in dem die USt mit diesem höheren Betrag angeordnet wurde. Eine dagegen erhobene Klage wies das FG Düsseldorf (24. 3. 2021, 5 K 1414/18 U) ab. Nach eingebrachter Revision hatte sich der BFH mit dem Fall zu befassen.
Entscheidung des BFH
Nach Ansicht des BFG hat das FG Düsseldorf in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 25a Abs 1 Nr 2 Satz 2 dUStG unerwiesen geblieben ist: Aus dem Vorliegen von Musterkaufverträgen alleine könne nicht mit erforderlicher Gewissheit geschlossen werden, dass die Verkäufer tatsächlich Privatpersonen waren. Insoweit unzutreffende Kfz-Fahrgestellnummern aufgezeichnet wurden, könnten keine weiteren Informationen zu den letzten Haltern und Verkäufern ermittelt werden, sodass die Möglichkeit bestehe, dass die Kfz zuvor von einer Privatperson an einen Händler verkauft wurden. Diese Feststellungen des FG sind für den BFH nach § 118 Abs 2 dFGO bindend. In ebenfalls für den BFH bindender Weise hat das FG angenommen, dass keine Fälle vorliegen, in denen die Differenzbesteuerung trotz Erwerbs von einem Händler (etwa aufgrund der Kleinunternehmerbefreiung oder Inanspruchnahme der Differenzbesteuerung) anwendbar wäre.
Ebenfalls bestätigt der BFH die Feststellung des FG Düsseldorf, dass es zulasten des Klägers geht, dass das Vorliegen der betreffenden Tatbestandselemente unerwiesen geblieben ist. Art 314 MwStSyst-RL, die unionsrechtliche Grundlage der Differenzbesteuerung, ist als abweichende Mehrwertsteuersonderregelung eng auszulegen. Außerdem gilt auch im Unionsrecht der Grundsatz, dass der Steuerpflichtige (Stpfl) die materiellen Voraussetzungen einer für ihn günstigen Regelung nachweisen muss.
Weiters steht dem Kl nach Ansicht des BFH kein Vertrauensschutz zu. Zwar hat der EuGH in der Rs Litdana (18. 5. 2017, C-624/15) den guten Glauben eines Stpfl darauf geschützt, dass der steuerpflichtige Wiederverkäufer, der die Gebrauchsgegenstände geliefert hat, die Differenzbesteuerung angewandt hat. Das war allerdings nur deswegen der Fall, weil die Behörden nicht nachweisen konnten, dass der Stpfl nicht in gutem Glauben gehandelt hat oder nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt. Vorliegend ist allerdings aus den Feststellungen des FG nicht erkennbar, dass der Kl in gutem Glauben gehandelt und alle Maßnahmen ergriffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt.
Conclusio
Die Differenzbesteuerung ist auch dem österreichischen UStG (§ 24) bekannt. Sie dient dazu, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, die dadurch entstehen, dass von Nichtunternehmern gekaufte und somit mit Vorsteuer belastete Waren zurück in den Wirtschaftskreislauf gelangen. Wird von der Differenzbesteuerung Gebrauch gemacht, ist die Bemessungsgrundlage die Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem Einkaufspreis (vgl Ruppe/Achatz, UStG6 [2024] § 24 Rz 2). Insofern ist es für Stpfl regelmäßig vorteilhaft, hiervon nach Möglichkeit Gebrauch zu machen.
Vorliegend setzt sich der BFH mit dem Sorgfaltsmaßstab auseinander, der für die Inanspruchnahme der Differenzbesteuerung auf Basis des Vertrauensschutzes bestehen muss und hält im Einklang mit der Rsp des EuGH fest, dass hierfür Gutgläubigkeit des Stpfl bestehen muss. Im vorliegenden Fall hat der Wiederverkäufer ausschließlich auf die Behauptungen der – ihm unbekannten – Verkäufer vertraut und sich nicht bspw Rechnungen ausstellen lassen, aus denen die für die Differenzbesteuerung erforderlichen Angaben hervorgehen. Infolgedessen wird der Entscheidung des BFH auch in der Lit zugestimmt (vgl zust Kollruss, UR 2025, 201 [203 f]).