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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
DBA Deutschland-Luxemburg 2012 (DBA D-LUX): Art 14
Verordnung zur Konsultationsvereinbarung Deutschland-Luxemburg 2012 (KonsV D-LUX): § 10
Abstract
Der BFH hatte zu beurteilen, ob Deutschland eine Abfindung, die ein in Deutschland ansässiger Angestellter eines luxemburgischen Unternehmens anlässlich dessen Kündigung erhalten hatte, besteuern darf. Nach Ansicht des BFH darf Deutschland diese Abfindung besteuern, weil nach deutschem innerstaatlichem Recht ein Besteuerungsrecht besteht, welches abkommensrechtlich nicht eingeschränkt wird.
BFH 20. 3. 2025, VI R 24/22
Sachverhalt
Der Kl und RevKl war ein in Deutschland ansässiger und in Luxemburg angestellter Arbeitnehmer. Mit Schreiben vom 7. 5. 2015 wurde dem Kl gekündigt. Ebenfalls im Jahr 2015 erhielt der Kl eine Abfindung, die er als in Deutschland steuerfreien Arbeitslohn erklärte. Das FA behandelte die Abfindung im ESt-Bescheid 2015 demgegenüber lediglich teilweise als steuerfrei und im Übrigen als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Eine nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das FG (17. 11. 2021, 1 K 2222/18) ab. Infolge einer eingebrachten Revision hatte der BFH zu entscheiden.
Entscheidung des BFH
Der BFH hält zunächst fest, dass Deutschland nach innerstaatlichem Recht ein Besteuerungsrecht an den Einkünften des Kl zukommt, weil dieser aufgrund seiner Ansässigkeit in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist und die Abfindung als Entschädigung zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gem § 19 dEStG zählt. Dieses Besteuerungsrecht wird durch das DBA D-LUX nicht eingeschränkt. Nach Art 14 Abs 1 Satz 1 DBA D-LUX darf Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit nur im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers, somit Deutschland, besteuert werden. Der Quellenstaat hat jedoch dann auch ein Besteuerungsrecht, wenn dort die Arbeit ausgeübt wird (Satz 2 leg cit). Abfindungen sind jedoch kein zusätzliches Entgelt für eine frühere Tätigkeit iSd Art 14 Abs 1 Satz 2 DBA D-LUX. Denn sie werden nicht für eine konkret ausgeübte Tätigkeit bezahlt, sondern für den Verlust des Arbeitsplatzes. Die Tatsache, dass die Zahlung der Abfindung durch die Arbeit veranlasst wurde, führt aufgrund des Abkommenswortlautes („dafür“) zu keinem anderen Ergebnis (BFH 24. 7. 2013, I R 8/13 Rz 15; 1. 8. 2024, VI R 52/20 Rz 37; VI R 23/22, Rz 45).
Dieses Auslegungsergebnis wird auch nicht durch die KonsV D-LUX und die dieser zugrundeliegenden Konsultationsvereinbarung geändert. Zwar sollen nach § 10 Abs 3 KonsV D-LUX und Abs 3 der Konsultationsvereinbarung Abfindungszahlungen im Ansässigkeitsstaat von der Besteuerung freigestellt werden, wenn diese im Tätigkeitsstaat tatsächlich besteuert wurden. Die KonsV D-LUX ist im vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar, weil sie sich nach deren § 1 nur auf das DBA D-LUX 1958, nicht aber auf jenes aus 2012, bezieht. Auch die Konsultationsvereinbarung selbst ändert das Auslegungsergebnis nicht, weil diese nur berücksichtigt werden kann, insoweit sie eine mit dem Abkommenswortlaut vereinbare Auslegung nahelegt. Hier belassen Art 14 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 DBA D-LUX aber keine Spielräume. Im Ergebnis weist der BFH daher die Revision als unbegründet zurück.
Conclusio
Die vorliegende Entscheidung des BFH steht im Einklang mit seiner früheren Rsp (vgl etwa BFH 1. 8. 2024, VI R 23/22). Der VwGH hat jedoch in einem ähnlichen Fall – anders als vorliegend der BFH – entschieden und auf den Veranlassungszusammenhang zwischen der Abfindungszahlung und der vorher geleisteten Arbeit abgestellt (vgl VwGH 26. 2. 2015, 2012/15/0128). Für die vom BFH vertretene Ansicht spricht insb, dass diese die Logik des Art 18 OECD-MA auf die Fälle der unter Art 15 OECD-MA zu subsumierbaren Abfindungszahlungen überträgt, wobei die Abgrenzung der beiden Verteilungsnormen in Fällen der Zahlung von Leistungen anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses schwerfällt und so nicht auf ähnliche Fälle diametral unterschiedliche Rechtsfolgen zur Anwendung kommen (vgl genauer Lang, Die abkommensrechtliche Behandlung von Gehältern für Zeiten der Freistellung und von Abfindungen, SWI 2024, 574 [581]).
Hinterfragt werden kann allerdings, ob der Wortlaut – wie hier wieder vom BFH bestätigt – tatsächlich eine geeignete „Grenzmarke“ (Rz 20) bei der Abkommensauslegung ist (dies bezweifelnd bereits Lang, SWI 2024, 574 [583 f]). Denn im Rahmen der juristischen Auslegung allgemein und somit auch der DBA-Auslegung sind neben dem Wortlaut auch systematische, historische und teleologische Argumente heranzuziehen, die erst die Bedeutung des Wortlautes erhellen oder darlegen, dass ein sich ausschließlich auf den Wortlaut stützendes Auslegungsergebnis nicht haltbar ist (Lang, SWI 2024, 574 [583]; grundlegend zur Frage nach der Abgrenzung zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung und der Ablehnung einer „Wortlautgrenze“ Griller/Potacs in Vetter/Potacs [Hrsg], Beiträge zur juristischen Hermeneutik [1990] 66 [68 f, 90]; Potacs, Rechtstheorie3 [2025] 169 f).