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BMF zur Wegzugsbesteuerung bei Anteilen an Immobiliengesellschaften im Verhältnis zu Deutschland

Bearbeiter: Theres Neumüller

EStG 1988: § 27 Abs 6 Z 1

DBA-Deutschland 2002: Art 13 Abs 2 und Abs 5

Protokoll zum DBA-Deutschland 2002: Abs 4

Abstract

Das BMF hatte sich erneut mit der Wegzugsbesteuerung bei Anteilen an einer österr Immobiliengesellschaft unter Anwendung des DBA-Deutschland zu befassen. Eine Wegzugsbesteuerung nach § 27 Abs 6 Z 1 EStG wird durch Umstände ausgelöst, die zu einer Einschränkung des österr Besteuerungsrechts hinsichtlich der Anteile im Verhältnis zu anderen Staaten führen. Für Zwecke des Art 13 Abs 2 DBA-Deutschland gilt als Immobiliengesellschaft jede Gesellschaft, deren Vermögen überwiegend aus unbeweglichem Vermögen besteht. Veräußert eine Gesellschaft ihre einzige in Österreich belegene Immobilie und verliert somit ihren Status als Immobiliengesellschaft, wird eine zukünftige Veräußerung der Anteile an dieser Gesellschaft nicht mehr von Art 13 Abs 2, sondern von Art 13 Abs 5 DBA-Deutschland erfasst, womit das Besteuerungsrecht Österreichs hinsichtlich der Anteile eingeschränkt wird. Erfolgt die Veräußerung der österr Immobilie unterjährig, so wird die Wegzugsbesteuerung auf Ebene der deutschen Anteilseigner jedoch nicht sofort, sondern erst zum nächsten Bilanzstichtag ausgelöst.

EAS 3442 vom 14. 12. 2022

Sachverhalt

Das Vermögen einer in Österreich (Ö) ansässigen GmbH bestand zum vorherigen Bilanzstichtag aus nur einer einzigen in Ö belegenen Immobilie und damit nahezu ausschließlich aus unbeweglichem Vermögen. Als die GmbH die Immobilie veräußerte, ergab sich die Frage, ob der Verkauf beim in Deutschland ansässigen Anteilseigner eine Wegzugsbesteuerung gem § 27 Abs 6 Z 1 EStG auslöste und bejahendenfalls, zu welchem Zeitpunkt diese eintrat.

Anfragebeantwortung des BMF

Eine Wegzugsbesteuerung nach § 27 Abs 6 Z 1 EStG wird grundsätzlich durch jene Umstände ausgelöst, die im Verhältnis zu anderen Staaten zu einer Einschränkung des österr Besteuerungsrechts hinsichtlich einer Beteiligung führen. Eine Einschränkung kann dabei auch durch ein DBA begründet werden (siehe dazu EAS 3157, EAS 3434, EStR 2000 Rz 2518 sowie Rz 6148). Der „Umstand“ manifestiert sich diesfalls bereits zu jenem Zeitpunkt, in dem das jeweils anwendbare DBA das österr Besteuerungsrecht an der Beteiligung einschränkt.

Im vorliegenden Fall wäre Ö gemäß der Immobilienklausel in Art 13 Abs 2 DBA-Deutschland – zumindest bis zum Verkauf der in Ö belegenen Immobilie durch die GmbH – ein Besteuerungsrecht hinsichtlich der Beteiligungsveräußerung zugekommen: Bis zu diesem Zeitpunkt handelt es sich unstrittig um Anteile an einer Gesellschaft,„deren Aktivvermögen überwiegend aus unbeweglichem Vermögen in einem Vertragsstaat [hier Österreich] besteht.“ Die Einschränkung des Besteuerungsrechts Österreichs iSd § 27 Abs 6 Z 1 EStG wird erst durch den Verlust des Status als „Immobiliengesellschaft“ ausgelöst, da die Veräußerung der GmbH-Beteiligung anschließend nicht mehr von Art 13 Abs 2, sondern nunmehr von Art 13 Abs 5 DBA-Deutschland erfasst wäre. Dieser weist das ausschließliche Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat des Anteilseigners (hier Deutschland) zu.

Das Vorliegen einer Immobiliengesellschaft richtet sich gem Abs 4 Schlussprotokoll zum DBA-Deutschland nach den Verhältnissen des letzten Bilanzstichtags vor der Veräußerung der Anteile, konkret nach der Höhe des Aktivvermögens in der Handelsbilanz. Erfolgt die Veräußerung der Immobilie nun zwischen zwei Bilanzstichtagen, ist dies aufgrund der Bilanzstichtagsbetrachtung für Zwecke des Art 13 Abs 2 DBA-Deutschland zunächst nicht beachtlich. Denn würde im Anschluss an die Veräußerung der Immobilie – jedoch vor dem nächsten Bilanzstichtag – auch die Beteiligung veräußert, hätte Ö nach Art 13 Abs 2 DBA-Deutschland nach wie vor ein Besteuerungsrecht, da sich das Aktivvermögen zum letzten Bilanzstichtag vor der Veräußerung überwiegend aus unbeweglichem Vermögen zusammensetzte. Folglich würde eine Wegzugsbesteuerung auch nicht schon im Zeitpunkt der Veräußerung der Immobilie eintreten. Zu diesem Zeitpunkt besteht das Besteuerungsrecht Österreichs nämlich noch. Wird das Verhältnis des Aktivvermögens im Zeitpunkt der nächsten Bilanzerstellung erneut ermittelt und bestünde es sodann nicht mehr überwiegend aus unbeweglichem Vermögen, so hätte Ö hinsichtlich der Anteile an der GmbH kein Besteuerungsrecht gem Art 13 Abs 2 DBA-Deutschland mehr. In der Folge würde für die Anteilseigner eine Wegzugsbesteuerung iSd § 27 Abs 6 Z 1 EStG ausgelöst werden. Die Veräußerung würde dann mit Ablauf dieses Bilanzstichtages fingiert werden.

Conclusio

Durch die gegenständliche Anfragebeantwortung des BMF wurde EAS 3326 vom 4. 6. 2013 aufgehoben. Eine erhebliche Änderung im Vergleich zu EAS 3326 aus 2013 lässt sich insb in der Bestimmung jenes Zeitpunkts erblicken, in dem die Wegzugsbesteuerung nach § 27 Abs 6 Z 1 EStG ausgelöst wird: Auch in EAS 3326 ging es um eine Immobiliengesellschaft in Ö mit einem in Deutschland ansässigen Anteilseigner. Ähnlich dem vorliegenden Sachverhalt bestand das Vermögen der österr Gesellschaft nahezu ausschließlich aus einem in Ö belegenen Grundstück. Dieses wurde von der österr Gesellschaft unterjährig veräußert. In der Folge wurde die Gesellschaft – ebenfalls noch vor dem Bilanzstichtag – liquidiert, wodurch ein „Veräußerungstatbestand“ fingiert wurde. Dieser führte nach der damaligen Ansicht des BMF noch im selben Jahr zu einer Wegzugsbesteuerung nach § 27 Abs 6 Z 1 EStG, da bereits zum Zeitpunkt der Liquidation keine „Immobiliengesellschaft“ iSd Art 13 Abs 2 DBA-Deutschland mehr vorgelegen hätte. Diese Ansicht wurde mit EAS 3442 nun revidiert, womit das BMF bestätigte, dass der unterjährige Verlust der Eigenschaft als „Immobiliengesellschaft“ für die Anteilseigner keine unmittelbare Wegzugsbesteuerung zur Folge hat.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33684 vom 20.02.2023