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BMF zur Zuwendung einer GmbH-Beteiligung mit französischem Immobilienbesitz

Bearbeiter: Theres Neumüller

StiftEG: § 1 Abs 1 und 2

DBA (Erb)-FRA: Art 1, Art 5 Abs 1 und 3, Art 11 Abs 2 lit a und c

Abstract

Das BMF befasste sich mit der Qualifikation einer österreichischen GmbH-Beteiligung mit französischem Immobilienbesitz für Zwecke des DBA(Erb)-FRA: Art 5 Abs 3 DBA(Erb)-FRA erweitert den Begriff „unbewegliches Vermögen“ auf Aktien, Anteile oder andere Rechte an einer Gesellschaft, deren mittel- oder unmittelbar gehaltenes Aktivvermögen hauptsächlich aus in Frankreich gelegenem unbeweglichem Vermögen besteht. Dabei ist allerdings nicht auf ein rechnerisches Überwiegen, sprich mehr als 50 %, sondern insb darauf abzustellen, ob der Immobilienbesitz den hauptsächlichen Geschäftszweck der österreichischen Gesellschaft bildet. Wird die Qualifikation der Beteiligung als unbewegliches Vermögen iSd Art 5 Abs 3 DBA(Erb)-FRA bejaht, kommt das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Zuwendung der Beteiligung an die Schweizer Stiftung Frankreich zu. Österreich müsste das Vermögen von der Besteuerung ausnehmen.

EAS 3443 vom 6. 2. 2023, 2022-0.792.789

Sachverhalt

Eine Beteiligung an einer österreichischen GmbH, die unter Zwischenschaltung mehrerer Gesellschaften eine in Frankreich gelegene Immobilie hielt, ging anlässlich des Ablebens einer in Österreich ansässigen Person auf eine gemeinnützige Schweizer Stiftung über. Daraus ergab sich die Frage, ob die von Todes wegen übergegangene Beteiligung an der österreichischen Gesellschaft als unbewegliches Vermögen nach Art 5 Abs 3 DBA(Erb)-FRA zu qualifizieren war und folglich das im Wege der Stiftungseingangssteuer (StiftESt) bestehende Besteuerungsrecht Österreichs aufgrund des DBA(Erb)-FRA eingeschränkt wurde.

Entscheidung des BFG

Der StiftESt unterliegen gem § 1 Abs 1 iVm Abs 2 StiftEG unter anderem unentgeltliche Zuwendungen an privatrechtliche Stiftungen oder damit vergleichbare Vermögensmassen, wenn der Zuwendende im Zeitpunkt der Zuwendung einen Wohnsitz, den gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Ort der Geschäftsleitung im Inland hat. Damit ist auch der Übergang einer Beteiligung an einer österreichischen GmbH an eine Schweizer Stiftung (als „vergleichbare Vermögensmasse“) als unentgeltliche Zuwendung vom StiftEG erfasst und unterliegt grundsätzlich der StiftESt.

Da der Zuwendende (hier auch Erblasser) seinen Wohnsitz im Zeitpunkt seines Todes in Österreich hatte, ist darüber hinaus der persönliche Anwendungsbereich in Art 1 lit a des DBA(Erb)-FRA erfüllt. Die StiftESt ist eine Steuer „gleicher oder im wesentlichen ähnlicher Art“ zur abgeschafften österreichischen Erbschafts- und Schenkungssteuer, weshalb auch der sachliche Anwendungsbereich in Art 2 Abs 2 iVm Abs 1 lit b des DBA(Erb)-FRA gegeben ist (siehe dazu auch EAS 3428 zum DBA(Erb)-USA sowie EAS 3435 zum DBA(Erb)-CH).

Wäre die Beteiligung an der österreichischen GmbH mit Immobilienbesitz in Frankreich als „unbewegliches Vermögen“ iSd Art 5 Abs 3 DBA(Erb)-FRA einzustufen, würde dies nach Art 5 Abs 1 iVm Art 11 Abs 2 lit a und c DBA(Erb)-FRA zu einer Einschränkung des Besteuerungsrechts Österreichs führen. Frankreich käme das alleinige Besteuerungsrecht zu und Österreich müsste die betroffenen Einkünfte von der Besteuerung ausnehmen. Gem Art 5 Abs 3 fallen unter „unbewegliches Vermögen“ auch Aktien, Anteile oder andere Rechte an einer Gesellschaft, deren gehaltenes Aktivvermögen – auch unter Zwischenschaltung einer oder mehrerer Gesellschaften – „hauptsächlich“ aus in Frankreich gelegenem unbeweglichem Vermögen besteht. Für die Beurteilung, ob das Gesamtvermögen der österreichischen GmbH hauptsächlich aus französischem Immobilienbesitz besteht, sind die Verkehrswerte der in Frankreich gelegenen unbeweglichen Wirtschaftsgüter ins Verhältnis zum Verkehrswert des gesamten Aktivvermögens der Gesellschaft zu setzen (Schulden und Lasten sind dabei außer Acht zu lassen). Beim Begriff „hauptsächlich“ ist jedoch nicht auf ein Überschreiten von 50 % abzustellen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der Immobilienbesitz im Einzelfall – im Hinblick auf den Geschäftszweck des Unternehmens – dessen Hauptsache bildet (vgl dazu EAS 3146 und EAS 3137). Steht die Immobilie im Besitz einer Tochtergesellschaft, so ist das Verkehrswertverhältnis auf Basis sämtlicher unmittelbar und mittelbar gehaltener Vermögenswerte der österreichischen GmbH zu ermitteln und auf deren Geschäftszweck abzustellen. Dazu wird folgendes Beispiel genannt: Bei einem Anteil des französischen Immobilienvermögens von 45 %, das jedoch nicht den hauptsächlichen Geschäftszweck der österreichischen GmbH bildet, wäre Art 5 Abs 3 DBA(Erb)-FRA nicht erfüllt. Diesfalls wäre die Beteiligung nicht als „unbewegliches Vermögen“ iSd Art 5 Abs 1 DBA(Erb)-FRA einzustufen. Stattdessen käme Art 8 DBA(Erb)-FRA zur Anwendung, wodurch – analog zu Art 13 Abs 6 und Art 22 Abs 4 DBA-FRA – Österreich das ausschließliche Besteuerungsrecht für die Zuwendung der Beteiligung an die Stiftung zukäme. Würde es sich bei der Beteiligung an der österreichischen GmbH jedoch um französisches „unbewegliches Vermögen“ iSd Art 5 Abs 3 DBA(Erb)-FRA handeln, würde das Besteuerungsrecht gem Art 5 Abs 1 DBA(Erb)-FRA wieder Frankreich zuteilwerden. Österreich müsste die Zuwendung von der Besteuerung ausnehmen.

Conclusio

Die gegenständliche Anfragebeantwortung beschäftigt sich im Kern mit der abkommensrechtlichen Qualifikation der Zuwendung einer GmbH-Beteiligung mit ausländischem (französischem) Immobilienbesitz. Im Ergebnis soll klargestellt werden, ob die Zuwendung einer solchen Beteiligung an eine gemeinnützige Schweizer Stiftung in Österreich der StiftESt unterliegt. Für diese Zwecke präzisiert das BMF jene Faktoren, die ausschlaggebend sind, ob eine Beteiligung unter das erweiterte Begriffsverständnis des unbeweglichen Vermögens iSd Art 5 Abs 3 DBA(Erb)-FRA fällt und nimmt dabei eine Auslegung des Begriffs „hauptsächlich“ im Sinne der genannten Bestimmung vor. Demnach ist insb der hauptsächliche Geschäftszweck der jeweiligen Gesellschaft entscheidungsrelevant.

Interessant ist darüber hinaus auch Satz 2 des Art 5 Abs 3 DBA(Erb)-FRA, der in der EAS nicht weiter behandelt wird und wonach „diese Aktien, Anteile oder anderen Rechte (…) als in Frankreich gelegen [gelten]“. Ist die Beteiligung an der österreichischen immobilienbesitzenden GmbH nämlich aufgrund des „hauptsächlich“ gehaltenen unbeweglichen Vermögens in Frankreich vom Begriff des „unbeweglichen Vermögens“ und damit von Art 5 Abs 3 DBA(Erb)-FRA umfasst, so würde es sich bei der Beteiligung an der österreichischen Gesellschaft nach Satz 2 der Bestimmung nämlich um französisches unbewegliches Vermögen handeln. In weiterer Folge hätte Österreich kein Besteuerungsrecht mehr an der Zuwendung der Beteiligung an die Schweizer Stiftung. Nicht auszuschließen ist jedoch, – und darauf wird auch in der gegenständlichen EAS eingegangen – dass es zwischen Österreich und Frankreich zu einem unterschiedlichen Begriffsverständnis kommt und somit ein Qualifikationskonflikt ausgelöst wird. So könnte ein Staat die Beteiligung als „unbewegliches Vermögen“ iSd Art 5 Abs 3 DBA(Erb)-FRA einordnen, wohingegen der andere Staat die Beteiligung als nicht von dieser Bestimmung umfasst sieht. Dies würde im Ergebnis zu einer unterschiedlichen Verteilung der Besteuerungsrechte führen. In einem solchen Fall wäre – auch laut BMF – ein Verständigungsverfahren nach Art 13 DBA(Erb)-FRA erforderlich, um eine Besteuerung im Sinne des Abkommen sicherzustellen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33904 vom 12.04.2023