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BREXIT: Ltd mit Verwaltungssitz in Östereich

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

IPRG: § 10

UGB: § 142

Die Rechtsfähigkeit eines ausländischen Rechtsträgers ist nach ihrem Gesellschaftsstatut zu beurteilen. Zur Ermittlung des Gesellschaftsstatuts verweist das österreichische Kollisionsrecht auf den Sitzstaat (vgl § 10 IPRG: „Sitztheorie“). § 10 IPRG und mit ihm die Sitztheorie wurden aber vom Anwendungsvorrang der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit überlagert. Eine Gesellschaft, die in einem Vertragsstaat nach dessen Vorschriften wirksam gegründet wurde (hier Ltd), ist demnach in einem anderen Vertragsstaat – unabhängig vom Ort des tatsächlichen Verwaltungssitzes (hier Österreich) – in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie gegründet wurde.

Aus österreichischer Sicht besteht jedoch infolge des BREXIT kein Rechtsgrund mehr zur Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer britischen limited liability company mit Hauptverwaltungssitz in Österreich als eine solche Ltd. Die Rechtsform einer Ltd, die bisher nach europarechtlichen Vorgaben als eigenständiger Rechtsträger anzuerkennen war, bei der diese Anerkennungsgrundlage Brexit-bedingt aber weggefallen ist, ist somit dann, wenn der Sitz ihrer Verwaltungstätigkeit ein Inlandssitz ist, nach österreichischem Gesellschafterstatut nunmehr als Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen bzw ist im Fall eines Alleingesellschafters von der Zuordnung an ihn als Einzelunternehmer auszugehen (§ 142 UGB analog).

OGH 27. 1. 2022, 9 Ob 74/21d

Entscheidung

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist – anders als in Deutschland – keine juristische Person und auch nicht rechts- und parteifähig (RS0022184 [insbes T13]; RS0113444). Zurechnungsobjekte der Rechte und Pflichten sind deren Gesellschafter, die auch die Vertragspartner eines Dritten sind (RS0022132 [T2]). Im Prozess haben die Gesellschafter als Prozessparteien aufzutreten (RS0022184 [T11]).

Bei Untergang einer juristischen Person mit Gesamtrechtsnachfolge sind behängende Verfahren mit dem Universalsukzessor fortzusetzen; dieser tritt auch in die Prozessverhältnisse ein (s nur Fink in Konecny/Fasching, ZPG II/33 § 155 Rz 8 mwN).

Da im vorliegenden Fall von einer Gesamtrechtsnachfolge der Alleingesellschafterin in ihrer nunmehrigen Eigenschaft als Einzelunternehmerin auszugehen ist, ist sie auf Klagsseite in das Prozessverhältnis eingetreten. Im Hinblick auf die gegebene Vertretung der Kl ist damit auch die Unterbrechungswirkung des § 155 Abs 1 ZPO (RS0036806) nicht eingetreten, die grds auch für den Fall des Untergangs einer juristischen Person gelten würde.

Nicht in Betracht kommt dagegen ein Wahlrecht der Bekl wie nach der Rsp zur Fortsetzung eines Verfahrens gegen eine Gesellschaft, die während des Prozesses gelöscht wird (s RS0110979), würde ein solches Wahlrecht doch dazu führen, dass sich eine bekl P auf diese Weise der weiteren Prozessführung und in der Folge der Durchsetzbarkeit ihrer allfälligen Zahlungspflichten entziehen könnte. Das ist sachlich nicht gerechtfertigt. Ein Schutzbedarf der Bekl ist insoweit nicht erkennbar.

Bei Vollbeendigung einer juristischen Person mit Gesamtrechtsnachfolge wird die Parteibezeichnung auf den (oder die) Gesamtrechtsnachfolger umgestellt (s Fink in in Konecny/Fasching, ZPG II/33 § 155 Rz 8). Es entspricht auch der Rsp, dass bei Gesamtrechtsnachfolge des Übernehmers im Wege der Anwachsung (§ 142 UGB) die Parteibezeichnung auf den Namen der Rechtsnachfolgerin richtigzustellen ist (RS0039306).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32337 vom 05.04.2022