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Abstract
Am 20. 11. 2020 haben die Abgeordneten Schwarz und Kopf im Parlament einen selbständigen Antrag zur Verabschiedung des COVID-19-Steuermaßnahmengesetzes (COVID-19-StMG) eingebracht.1 Bei dem Gesetzesentwurf handelt es sich um die lang erwartete steuerliche Herbstlegistik des BMF, die aus ertragsteuerlicher Sicht uA insbesondere wegen der geplanten Einführung von Bestimmungen zur Zinsschranke interessant ist. Der selbständige Antrag wurde dem Finanzausschuss zugewiesen, eine Beratung wurde noch nicht aufgenommen. Der Gesetzesentwurf wurde keinem Begutachtungsverfahren unterzogen.
Allgemein
Mit dem neuen § 12a KStG unter der Bezeichnung „Zinsschranke“ sollen die Vorgaben des Art 4 ATAD2 zur Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen in das nationale Steuerrecht umgesetzt werden. Diese Bestimmungen haben zum Ziel, etwaige von Unternehmensgruppen betriebene Gewinnverlagerungen in Form von überhöhten Zinszahlungen durch Beschränkung der Abzugsfähigkeit der überschüssigen Fremdkapitalkosten zu bekämpfen.3
§ 12a Abs 1 KStG normiert die Grundregel der Zinsschranke, der zufolge ein Zinsüberhang nur im Ausmaß von 30 % des steuerlichen EBITDA abzugsfähig ist bzw enthält einen Freibetrag von EUR 3 Mio, dh ein Zinsüberhang soll bis zu diesem Betrag unabhängig von Höhe des steuerlichen EBITDA jedenfalls sofort als Betriebsausgabe abzugsfähig sein.
Persönlicher Anwendungsbereich
Der persönliche Anwendungsbereich umfasst gem § 12a Abs 2 KStG unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften iSd § 1 Abs 2 Z 1 KStG und beschränkt steuerpflichtige Körperschaften iSd Abs 3 Z 1 lit a leg cit mit einer inländischen Betriebsstätte. Die Zinsschranke soll keine Anwendung auf Körperschaften finden, die
- | nicht vollständig in einen Konzernabschluss einbezogen werden, |
- | über kein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 10a Abs 4 Z 2 KStG verfügen und |
- | keine ausländische Betriebsstätte unterhalten. |
Es handelt sich um kumulativ zu erfüllende Bedingungen.
Legaldefinitionen: Zinsüberhang und steuerliches EBITDA
Der vom österreichischen Gesetzgeber verwendete Begriff „Zinsüberhang“ entspricht inhaltlich der Formulierung „überschüssige Fremdkapitalkosten“ im Art 2 Abs 2 ATAD und soll lediglich verständlicher zum Ausdruck bringen, dass mit diesem Begriff ein Überhang der Zinsaufwendungen über (etwaige) Zinserträge gemeint ist. Es handelt sich somit um eine (negative) Nettogröße, die durch Abzug der Zinserträge von den Zinsaufwendungen zu ermitteln ist. Als Zinsen sind gem § 12a Abs 3 KStG „jegliche Vergütungen für Fremdkapital einschließlich sämtlicher Zahlungen für dessen Beschaffung4 sowie sonstige Vergütungen, die wirtschaftlich gleichwertig sind,“ zu verstehen.
Das steuerliche EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) wird gem § 12a Abs 4 KStG ausgehend vom (vorläufigen) Gesamtbetrag der Einkünfte, dh vor Anwendung des § 12a KStG, ermittelt, der um steuerliche Abschreibungen zu erhöhen bzw steuerliche Zuschreibungen zu vermindern ist. Steuerfreie Einkünfte (insb befreite Beteiligungserträge und nach DBA befreite ausländische) sind kein Bestandteil des Gesamtbetrages der Einkünfte und daher finden diese keinen Eingang in das steuerliche EBITDA. Von dem so ermittelten steuerlichen EBITDA gelten 30 % als das „verrechenbare EBITDA“, das die Grenze für die steuerliche Abzugsfähigkeit des Zinsüberhanges bildet.5
Eigenkapitalquote und Zinsabzug bei Konzerngesellschaften
§ 12a Abs 5 KStG enthält eine Ausnahmebestimmung für Körperschaften, die in einen Konzernabschluss nach dem Unternehmensgesetzbuch, den International Financial Reporting Standards (IFRS) oder anderen vergleichbaren Rechnungslegungsstandards vollständig einbezogen werden. Diese Körperschaften dürfen den gesamten Zinsüberhang (unabhängig von Höhe des verrechenbaren EBITDA) abziehen, wenn die Eigenkapitalquote der Körperschaft gleich hoch oder höher als die Eigenkapitalquote des Konzerns ist. Ein Unterschreiten der Konzern-Eigenkapitalquote bis zu 2 % ist unschädlich (Toleranzgrenze). Maßgeblicher für die Ermittlung der Konzern-Eigenkapitalquote ist der Abschlussstichtag des Wirtschaftsjahres, in das der Einzelabschluss der Körperschaft fällt. Die Eigenkapitalquoten sind basierend auf dem Rechnungslegungsstandard zu ermitteln, nach dem der Konzernabschluss erstellt wurde. Wird der Einzelabschluss der Körperschaft nach einem anderen Rechnungslegungsstandard als der Konzernabschluss erstellt, ist beim Einzelabschluss eine Überleitung auf den Rechnungslegungsstand des Konzernabschlusses vorzunehmen.
Zins- und EBITDA-Vortrag
Die Vorschriften des § 12a Abs 6 KStG regeln einen zeitlich unbeschränkten Vortrag des Zinsüberhanges. Übersteigt der Zinsüberhang das verrechenbare EBITDA, kann der in dem laufenden Wirtschaftsjahr nicht geltend gemachte Teil des Zinsüberhanges auf Antrag in darauffolgende Wirtschaftsjahre vorgetragen und in diesen bis zur Höhe des verrechenbarem EBITDA als Zinsaufwand steuerlich abgezogen werden (Zinsvortrag). Der Zinsvortag erhöht nicht das in Folgejahren zu ermittelnde EBITDA.
Übersteigt hingegen das verrechenbare EBITDA den Zinsüberhang, kann dieser Differenzbetrag (EBITDA-Vortrag) nur in die darauffolgenden fünf Wirtschaftsjahre vorgetragen werden. Dieser EBITDA-Vortrag erhöht in den fünf Folgejahren jeweils das ermittelte verrechenbare EBITDA, somit das Abzugspotenzial. Bei Verrechnung von Zinsvorträgen mit EBITDA-Vorträgen sind die ältesten EBITDA-Vorträge zuerst zu verbrauchen. Sowohl der Zins- als auch der EBITDA-Vortrag erfolgen nur auf Antrag des Steuerpflichtigen.
Zinsabzug bei Unternehmensgruppen
Bei Unternehmensgruppen gem § 9 KStG kommen die Bestimmungen der Zinsschranke gem § 12a Abs 7 KStG nur auf Ebene des Gruppenträgers iR der Ermittlung des zusammengefassten Gruppenergebnisses zur Anwendung. In diesem Fall ist die Abzugsfähigkeit des Gruppenzinsüberhangs mit 30 % des Gruppen-EBITDA beschränkt. In die Ermittlung beider Größen sind der Gruppenträger, unbeschränkt steuerpflichtige Gruppenmitglieder und beschränkt steuerpflichtige Gruppenmitglieder, die im Inland eine Betriebsstätte unterhalten, einzubeziehen. Bei den Letztgenannten sind bei Ermittlung der Kenngrößen nur der Zinsüberhang bzw das EBITDA aus der inländischen Betriebsstätte zu berücksichtigen. Auch Unternehmensgruppen steht ein Freibetrag von insgesamt EUR 3 Mio (bezogen auf die gesamte Unternehmensgruppe) pro Veranlagungsjahr zu.
Ähnlich wie im § 12a Abs 5 KStG ist auch für Unternehmensgruppen in § 12a Abs 7 Z 2 KStG eine Ausnahmebestimmung für Konzerne vorgesehen. Diese kommt zur Anwendung, wenn der Gruppenträger vollständig in einen Konzernabschluss einbezogen wird und die Eigenkapitalquote der Unternehmensgruppe gleich hoch oder höher als die Eigenkapitalquote des Konzerns ist. Beim Unterschreiten der Konzern-EK-Quote ist im Gesetzesentwurf für Unternehmensgruppen keine Toleranzgrenze normiert. Ein Gruppen-Zinsüberhang und ein nicht verrechenbares Gruppen-EBITDA können gem § 12a Abs 7 Z 3 KStG auf Antrag des Gruppenträgers vorgetragen werden; beim Gruppen-EBITDA ist der Vortrag auf fünf Jahre begrenzt.
Sonstiges
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass § 12a Abs 5 Z 3 KStG und Abs 8 leg cit eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Finanzen enthalten, die ihn zur Regelung des Übergangs von nicht verrechneten Zinsvorträgen und EBITDA-Vorträgen anlässlich Umgründungen sowie zur Ermittlung der Gruppen-EBITDA iR einer Verordnung berechtigen.
Die Bestimmungen des § 12a KStG sollen mit 1. 1. 2021 in Kraft treten und sind erstmalig für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2020 beginnen.
Der selbständige Antrag ist unter dem folgenden Link abrufbar: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_01109/imfname_850032.pdf
RL 2016/1164/EG des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts ABl L 2016/193, 1.
Vgl ErwG 6 der ATAD.
Von dem Zinsbegriff sind daher auch Geldbeschaffungskosten oder Finanzierungskosten iR vom Finanzierungsleasing umfasst.
Zum Freibetrag von EUR 3 Mio siehe oben.