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EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012: § 30 Abs 1 Z 1 lit a
Abstract
Wird in einem Leasingvertrag eine Kaufoption vereinbart und ist deren Nichtausübung ex ante als „wirtschaftlich grob widersinnig“ zu bewerten, ist dies ein starkes Indiz dafür, dass das Leasinggut im wirtschaftlichen Eigentum des Leasingnehmers steht.
VwGH 31. 12. 2020, Ra 2019/13/0100
Sachverhalt
Der verstorbene Gatte der Revisionswerberin veräußerte im Jahr 2010 seinen, seit der Gründung 2006 im Privatvermögen gehaltenen Anteil an einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft. Die Gesellschaft war im Bereich der Grundstücksvermietung tätig und leaste ein Grundstück, das von ihr weitervermietet wurde. Das Finanzamt setzte nach einer Außenprüfung im Jahr 2013 die Einkommensteuer für das Jahr 2010 neu fest, weil der Prüfer der Ansicht war, dass das geleaste und weitervermietete Grundstück im wirtschaftlichen Eigentum der Leasingnehmerin, dh der KG, stand. Dies ist von Relevanz, da bei Veräußerung der Anteile an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf das Gesellschaftsvermögen abzustellen ist. Im vorliegenden Fall war die für Grundstücke relevante Spekulationsfrist des § 30 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012 (10 Jahre) bei Veräußerung noch nicht abgelaufen, weshalb im neuen ESt-Bescheid der Veräußerungserlös als Spekulationseinkünfte aus Veräußerung eines Grundstückes behandelt wurde.
Entscheidung des VwGH
Der VwGH hatte sich nun damit auseinanderzusetzen, ob das Grundstück im wirtschaftlichen Eigentum der Leasinggeberin oder der Leasingnehmerin, der KG, stand. Der Gerichtshof stellt insbesondere darauf ab, wer die Chance der Wertsteigerung und das Risiko der Wertminderung trägt (VwGH 24. 10. 2019, Ro 2019/1/0177). Diese trug im vorliegenden Fall die Leasingnehmerin, weil sie bei Nichtausübung der Option der Leasinggeberin die Differenz zu einem Mindererlös bei Verkauf an einen Dritten zu ersetzen hätte, aber auch 70 % eines erzielten Mehrerlöses lukrieren würde. Auch wurde das Grundstück ins Anlageverzeichnis der KG aufgenommen (siehe dazu das zu einem anderen Beteiligten an der KG ergangene Erkenntnis VwGH 23. 1. 2019, Ra 2018/13/0052: „Dass wirtschaftliches Eigentum der Y KG […] bestanden habe, wird etwa durch die Verzeichnung dieser Liegenschaft im Anlagevermögen in der Bilanz der Y KG […] nahegelegt, da für die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen das wirtschaftliche Eigentum am Wirtschaftsgut entscheidend ist.“)
Vor allem jedoch hatte die Leasinggeberin der Leasingnehmerin eine Kaufoption nach der festgelegten Mindestvertragslaufzeit eingeräumt, wobei der Kaufpreis anhand bereits festgelegter Berechnungsmodalitäten zu bestimmen war. Die Nichtausübung dieser Option wäre „wirtschaftlich grob widersinnig“. Diese wirtschaftliche Prüfung durch die Gerichte entspricht zwar der stRspr, es ist aber dennoch beachtlich, dass im vorliegenden Fall diese Einschätzung kaum belegt wurde. War zwar in VwGH 29. 6. 1995, 93/15/0107 die Nichtausübung „gegen jede Vernunft“ und musste sie in VwGH 17. 2. 1999, 97/14/0059 „bei vernünftiger wirtschaftlicher Vorgehensweise“ ausgeübt werden, wurde diese Einschätzung anhand der Notwendigkeit des Leasinggutes zur Fortführung des Betriebes begründet. Im gegenständlichen Judikat wurde jedoch bloß pauschal darauf verwiesen, dass der Kaufpreis „im Wesentlichen“ aus der Anrechnung der bereits geleisteten Miet- und Kautionszahlungen bestünde.
Conclusio
Für die Praxis bedeutet dieses Urteil, dass die Nachprüfung der Wirtschaftlichkeit der Optionsausübung durch die Gerichtsbarkeit auch bei eher losen Anknüpfungspunkten zu Lasten des Leasingnehmers ausgehen kann. Leider äußert sich der VwGH nicht zu dem Parteivorbringen, dass der Leasingvertrag den Kriterien der Rz 136 ff EStR 2000 für die Zurechnung zum Leasinggeber entsprochen habe. Es bleibt weiterhin ungewiss, ob der VwGH die Kriterien der EStR zum Leasing anerkennt (so auch schon Schachner, Zurechnung von Leasinggütern beim Finanzierungsleasing im Spannungsfeld zwischen Verwaltungspraxis und Rsp, taxlex 2007, 299 (303 f)).