News

Deutsche Gesellschaft mit Büro in Österreich – KommSt?

Bearbeiter: Birgit Bleyer

KommStG § 1

DBA-Deutschland 2002: Art 2

DBA-Deutschland 1954: Art 4

Während sich das DBA-Deutschland 1954, BGBl 1955/221, auch auf die Kommunalsteuer erstreckt hat, ist die Kommunalsteuer im DBA-Deutschland 2002, BGBl III 2002/182, bei den österreichischen Steuern, für die das Abkommen gilt, nicht angeführt. Das Protokoll zu Art 24 DBA-Deutschland 2002 sieht jedoch ausdrücklich vor, dass in der BRD ansässige Unternehmen, denen nach den Bestimmungen des DBA-Deutschland 1954 eine Entlastung von der österreichischen Kommunalsteuer zu gewähren gewesen wäre, diese Entlastung auch weiterhin so lange zusteht, wie Mitgliedstaaten der EU aufgrund ihrer DBA mit der Republik Österreich von dieser Abgabe entlastet werden.

Unterhält daher eine in Deutschland ansässige GmbH ein Büro in Linz – bei dem es sich um eine feste Geschäftseinrichtung handelt, die nur dazu unterhalten wird, um für das Unternehmen Tätigkeiten vorbereitender Art bzw Hilfstätigkeit auszuüben – würde dieses nur dann keine Betriebsstätte darstellen, wenn es vom Ausnahmekatalog der Nr 9 des Schlussprotokolls zu Art 4 DBA-Deutschland 1954 (Stapelgelegenheiten, Warenlager, Einkaufsbetriebsstätten) erfasst wäre. Da dies im vorliegenden Fall jedoch weder behauptet noch festgestellt wurde, begründet das Büro in Linz eine Betriebsstätte in Österreich und die Arbeitslöhne der diesem Büro zuzurechnenden Dienstnehmer unterliegen daher der Kommunalsteuer.

VwGH 15. 9. 2016, 2013/15/0219

Sachverhalt

Die Mitbeteiligte ist eine in Deutschland ansässige GmbH mit dem Geschäftsgegenstand das Investmentgeschäft in Form der Verwaltung von Sondervermögen. Sie unterhält ein Büro in Linz, in dem in den streitgegenständlichen Jahren 2006 bis 2010 zwei Mitarbeiter beschäftigt waren. Ihre Hauptaufgabe ist die Suche nach potentiellen Kunden (Banken, Assetmanagern, Versicherungen, Pensionskassen etc), die im Privatkundengeschäft aktiv sind. Sobald ein potentieller Kunde an den Produkten Interesse zeigt, können die österreichischen Mitarbeiter allgemeine Auskünfte zu diesen erteilen. Detaillierte Auskünfte zu einzelnen Produkten werden direkt vom zuständigen Fonds- und Produktmanager der Mitbeteiligten in Deutschland erteilt. Die österreichischen Mitarbeiter können weder die Konditionen der Vertriebsverträge mit den Kunden (Banken, Versicherungen) verhandeln noch haben sie Abschlussvollmacht für die Mitbeteiligte.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass es sich beim Büro der Mitbeteiligten in Linz um eine feste Geschäftseinrichtung handle, die nur dazu unterhalten werde, für das Unternehmen Tätigkeiten vorbereitender Art bzw Hilfstätigkeit auszuüben. Gemäß Art 5 Abs 4 lit e DBA-Deutschland 2002 seien solche Einrichtungen keine „Betriebsstätten“, weshalb die Arbeitslöhne der dem österreichischen Büro der Mitbeteiligten zuzurechnenden Dienstnehmer nicht der Kommunalsteuer unterlägen.

Rückgriff auf DBA-Deutschland 1954

Das DBA-Deutschland 1954, BGBl 1955/221, das die Anwendbarkeit auf die österreichische Gewerbesteuer ausdrücklich vorsah und aufgrund der Anpassungsklausel des Art 2 Abs 2 auch für jede gleiche oder ähnliche Steuer galt, die nach seiner Unterzeichnung von einem der Vertragsstaaten eingeführt wurde, hat sich auch auf die Kommunalsteuer erstreckt (vgl VwGH 3. 8. 2000, 99/15/0265, ARD 5157/16/2000).

Im für die Streitjahre anwendbaren DBA-Deutschland 2002, BGBl III 2002/182, ist die Gewerbesteuer nicht mehr bei den bestehenden österreichischen Steuern angeführt, für die das Abkommen gilt; auch die neu eingeführte Kommunalsteuer ist im Katalog des Art 2 nicht angeführt. Abs 12 lit a des Protokolls zu Art 24 DBA-Deutschland 2002 sieht jedoch ausdrücklich vor, dass in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Unternehmen, denen nach den Bestimmungen des Abkommens vom 4. 10. 1954 eine Entlastung von der österreichischen Kommunalsteuer zu gewähren gewesen wäre, diese Entlastung auch weiterhin so lange zusteht, wie Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund ihrer DBA mit der Republik Österreich von dieser Abgabe entlastet werden.

In den Streitjahren waren mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen auf die österreichische Gewerbesteuer und damit aufgrund einer entsprechenden Anpassungsklausel auch auf die Kommunalsteuer anwendbar (ua die Abkommen mit Frankreich, BGBl 1994/613, Italien, BGBl 1985/125, oder Portugal, BGBl 1972/85).

Daher ist im Streitfall nach den Bestimmungen des DBA-Deutschland 1954 zu prüfen, ob der Mitbeteiligten eine Entlastung von der Kommunalsteuer „zu gewähren gewesen wäre“.

Text des DBA-Deutschland 1954

Art 4 Abs 3 DBA-Deutschland 1954, BGBl 1955/221, lautete:

Betriebsstätte im Sinne dieses Abkommens ist eine ständige Geschäftseinrichtung des gewerblichen Unternehmens, in der die Tätigkeit dieses Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.“

Die Nummern 8 und 9 des Schlussprotokolls zu Art 4 DBA-Deutschland 1954, BGBl 1955/221, lauteten:

8. Betriebstätten sind Zweigniederlassungen, Geschäftsstellen, Fabriken, Werkstätten, Lagerhäuser, Bergwerke, Steinbrüche oder andere Stätten der Ausbeutung von Grund und Boden, dauernde Verkaufsausstellungen; ferner Bauausführungen, Montagen und dergleichen, deren Dauer zwölf Monate überschritten hat oder voraussichtlich überschreiten wird, und andere ständige Geschäftseinrichtungen.

9. Unbeschadet der Vorschriften in Nummer 10 gelten nicht als Betriebstätten:

a)die gelegentliche oder zeitlich beschränkte Benutzung bloßer Stapelgelegenheiten;
b)das bloße Unterhalten eines Warenlagers, auch in einem Lagerhaus, zu Auslieferungs-, nicht aber zu Ausstellungszwecken;
c)das bloße Unterhalten einer ständigen Geschäftseinrichtung ausschließlich für den Einkauf von Gütern und Waren.“

Vorliegen einer Betriebsstätte

Im DBA-Deutschland 1954 findet sich keine dem Art 5 Abs 4 lit e DBA-Deutschland 2002 vergleichbare Bestimmung. Nach Art 4 Abs 3 DBA-Deutschland 1954 stellen feste Geschäftseinrichtungen, in denen vorbereitende Tätigkeiten und Hilfstätigkeiten ausgeübt werden, nur dann keine Betriebsstätten dar, wenn sie vom Ausnahmekatalog der Nr 9 des Schlussprotokolls (Stapelgelegenheiten, Warenlager, Einkaufsbetriebsstätten) erfasst sind (vgl Lang/Schuch, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Österreich, Art 4, Rz 118). Daher fielen auch bloße Verbindungsbüros (Repräsentanzen) regelmäßig unter den Betriebsstättenbegriff des Art 4 Abs 3 DBA-Deutschland 1954.

Dass im Büro der Mitbeteiligten in Linz vom Ausnahmekatalog der Nr 9 des Schlussprotokolls zum DBA-Deutschland 1954 erfasste Tätigkeiten ausgeübt worden wären hat die Mitbeteiligte im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Derartiges wurde von der belangten Behörde auch nicht festgestellt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22477 vom 20.10.2016