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Domain-Vergabestelle: Pflichten bei Eingriffen ins Namensrecht

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 43

Eine Domain-Namensverwalterin haftet für das rechtswidrige Verhalten des unmittelbaren Täters dann, wenn der Verletzte unter Darlegung des Sachverhalts ein Einschreiten verlangt und die Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist. In einem solchen Fall ist es der Vergabestelle auch zumutbar, Maßnahmen zur Verhinderung einer Fortsetzung der Rechtsverletzung vorzunehmen, widrigenfalls sie auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Weigert sich die Vergabestelle trotz Kenntnis von einer Rechtsverletzung, eine Domain zu sperren, bedeutet dies eine Förderung des offenkundigen Verstoßes des unmittelbaren Täters. Eine allgemeine Prüfungspflicht kann der Vergabestelle hingegen nicht zugemutet werden (auch in Anlehnung an die Verneinung einer Haftung von Presseunternehmen für wettbewerbswidrige Anzeigen).

Der Einwand der ausnahmsweise fehlenden Zumutbarkeit im konkreten Einzelfall ist nicht im Titelverfahren geltend zu machen, sondern im Impugnationsprozess. Diesen Grundsatz vertritt die Rsp ganz allgemein bei Unterlassungsansprüchen (auch) gegen Gehilfen/Beitragstäter bzw mittelbare Störer und auch bei Namensrechtsverletzungen.

OGH 29. 3. 2022, 4 Ob 44/22g

Entscheidung

Im Sinne der Parallele zum Lauterkeitsrecht ist der Bekl hier ein „bewusstes Verschließen“ vor der Kenntnis der Umstände vorzuwerfen, die die Registrierung der Domains iZm ihrer missbräuchlichen Verwendung objektiv rechtswidrig erscheinen lassen (RS0078656). Ungeachtet der mehrfachen Hinweise der Kl und ihrer technischen Möglichkeiten nahm sie keine Prüfungen dahin vor, ob weitere Registrierungen mit den Worten „Binder“ und „Grösswang/Grosswang/Groesswang“ erfolgten. Das BerufungsG hat zutreffend darauf verwiesen, dass die groben und auffallenden Verstöße, auf die sich die Prüfpflicht bezieht (RS0031329 [T10]), im Anlassfall wegen der mehrfachen Hinweise der Kl und auch deshalb vorlagen, weil es sich beim Anmelder um eine natürliche Person mit Adresse in Frankreich handelte, keinerlei Bezug zum angemeldeten Namen oder der at-Kennung ersichtlich war und die Namenskombination im Übrigen unstrittig außergewöhnlich ist und nichts mit Waren oder Dienstleistungen zu tun hat.

Die gebotenen Maßnahmen zur Verhinderung der Fortsetzung der Rechtsverletzung durften sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls nicht auf die Sperre der jeweils bekanntgegebenen Domains beschränken, weil es offensichtlich war, dass der Dritte die damit bewirkte Sperre ohne großen Aufwand durch leichte Modifikationen der bisher registrierten Second Level Domains umgehen konnte. Das BerufungsG hat im Anlass eine Prüfpflicht iZm weiteren Registrierungen einer Domain unter kombinierter Verwendung von „Binder“ und „Grösswang/Grosswang/Groesswang“ zu Recht bejaht. Bereits wegen der Anwendung der dargelegten Prinzipien auf den vorliegenden Fall besteht ein Unterlassungsanspruch, sodass es dahinstehen kann, ob die Grundsätze betr Haftung des Host-Providers die Klagsstattgebung ebenfalls stützen können.

Die Ansicht des BerufungsG, dass im Anlassfall das Mehrbegehen „und/oder ähnliche Domains“ überschießend sein würde, weicht von den Grundsätzen der Rsp nicht ab. Grundlage des Unterlassunsgbegehren sind Eingriffe in das Namensrecht der Kl durch Verwendung („der einzigartigen Kombination“) der Namen Binder und Grösswang (einschließlich der „internationalen“ Schreibweisen „Groesswang“ oder „Grosswang“). Dass der Kl durch das Mehrbegehren ein Titel auch abseits von Eingriffen in ihr Namensrecht zugesprochen werden und dieser daher „überschießend“ sein würde, bedarf keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung. Das Verbot würde dann nämlich auch abseits der bisherigen Verstöße auch „ähnliche Domains“ umfassen, die die Namen der Kl aber gerade nicht enthalten müssten (zB „Kröswang“ oder „Pinder“). Das entspricht im Übrigen auch dem Rechtsstandpunkt der Kl in ihrer Revisionsbeantwortung zur Revision der Bekl, in der jene davon ausgeht, dass ihr Unterlassungsbegehren (nur) ganz bestimmte Kombinationen der Namen „Binder“ und „Grösswang/Groesswang/ Grosswang“ betreffe.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32539 vom 16.05.2022