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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
EStG 1988: § 37 Abs 2 Z 2, § 32 Abs 1 Z 1 lit a
Abstract
Das BFG hatte zu beurteilen, ob die Pensionsabfindung einer verstorbenen Arbeitnehmerin eine Entschädigung gem § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG darstellt und dadurch eine Verteilung dieser Einkünfte auf drei Jahre gem § 37 Abs 2 Z 2 EStG möglich ist. Das Gericht bejahte dies im konkreten Fall und ließ eine Verteilung auf drei Jahre zu, weil es sich bei der Pensionsabfindung um einen Schadensausgleich für den Verlust des Pensionsanwartschaftsrechts handelt und außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs liegt.
BFG 14. 3. 2025, RV/3100513/2024
Sachverhalt
Im Jahr 2018 verstarb die Erblasserin eines natürlichen Todes. Bis zum Tod war sie leitende Angestellte einer GmbH. Sie hatte im Jahr 2004 eine Pensionszusage von ihrer Arbeitgeberin erhalten. In dieser findet sich folgende Bestimmung: „Im Falle des Ablebens der Begünstigten während des Dienstverhältnisses überträgt das Unternehmen die zu diesem Zeitpunkt gültigen Kapitalwerte aus Wertpapieren und Rückdeckenversicherung an die Hinterbliebenen der Begünstigten.“ Wie in der Vereinbarung festgelegt, erhielten die Hinterbliebenen 2018 eine Zahlung iHv 90.326,04 €. Weder die Zusage der Pensionsabfindung noch dessen Auszahlung war von der Erblasserin initiiert worden.
Die Bf argumentierte, dass die Pensionsabfindung eine Entschädigung gem § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG sei. Die Ausgleichszahlung an die Hinterbliebenen stelle eine Kompensation für die zukünftigen Pensionszahlungen dar, welche die Arbeitnehmerin erhalten hätte. Somit ist eine Dreijahresverteilung der Einkünfte möglich.
Das FA war jedoch der Ansicht, dass Einkünfte aus früherer nichtselbstständiger Tätigkeit der Erblasserin an ihre Rechtsnachfolger gem § 32 Abs 1 Z 2 EStG vorliegen. Es argumentierte, dass diese Zahlung in der Einkommensteuerklärung der Verstorbenen anzugeben und somit auch vollständig im Jahr der Veranlagung 2018 zu berücksichtigen ist. Weiters führte die Behörde aus, dass § 32 Abs 1 Z 2 EStG eine lex specialis zu § 37 Abs 2 Z 2 EStG ist. Auch wenn alle Bedingungen des § 37 EStG erfüllt wären, wäre dieser somit nicht anzuwenden. Nach Erlass einer negativen Beschwerdevorentscheidung wurde ein Vorlageantrag von der Bf eingebracht.
In dem Verfahren vor dem BFG erläuterte die Bf, dass das Vorliegen nichtselbstständiger Einkünfte das Bestehen einer Entschädigung iSd § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG nicht hindere. In § 37 Abs 4 Z 7 lit a EStG wird normiert, dass die Dreijahresverteilung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft frühzeitig endet, wenn das Steuersubjekt verstirbt. Da bei den anderen Bestimmungen keine vergleichbare Ausnahme definiert ist, lässt sich daraus ableiten, dass diese keine derartige Folge bewirken.
Entscheidung des BFG
Das BFG stellte zunächst fest, dass nach § 37 Abs 2 Z 2 EStG Entschädigungen iSd § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG auf drei Jahre verteilt veranlagt werden können. Der Zeitraum, für den die Entschädigung ausbezahlt wird, muss mindestens sieben Jahre betragen. Es war im vorliegenden Fall unbestritten, dass diese zusätzliche zeitliche Voraussetzung erfüllt ist.
Fraglich war in diesem Fall, ob eine Entschädigung gem § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG vorliegt. Die vorliegende Pensionsabfindung stellt einen Ausgleich für den Schaden dar, der durch den Verlust der Pensionsanwartschaft entstanden ist. Solche Abfindungen können Entschädigungen gem § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG sein. Der Schaden darf jedoch nicht vom Begünstigten verursacht werden. Eine Abmachung über die Entschädigung zu treffen ist möglich, solange diese nicht vom Steuerpflichtigen initiiert wird. Nach den Feststellungen des BFG ist die Zusage zur Pensionsabfindung nicht von der Begünstigten initiiert worden. Da die Angestellte eines natürlichen Todes starb, kann sie den Schaden in Form der Pensionsentschädigung nicht freiwillig verursacht haben.
Das BFG beurteilte die Zahlung iHv 90.326,04 € somit als eine Entschädigung gem § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG. Da auch alle weiteren Voraussetzungen des § 37 Abs 2 Z 2 EStG erfüllt waren, darf die Pensionsabfindung auf drei Jahre verteilt veranlagt werden, beginnend mit dem Jahr 2018.
Das BFG widersprach der Ansicht der Behörde, dass § 32 Abs 1 Z 2 EStG eine lex specialis zu § 37 Abs 2 Z 2 EStG sei. Die Pensionsabfindung fällt zwar unter die Einkünfte aus ehemaliger nichtselbstständiger Arbeit, jedoch normiert § 32 Abs 1 Z 2 EStG nur, bei welchem Steuersubjekt die Einkünfte zu berücksichtigen sind. Aus dieser Bestimmung lässt sich nicht ableiten, dass die gesamte Zahlung in jenem Jahr steuerlich zu berücksichtigen ist, in dem der Steuerpflichtige verstorben ist. Der erste Drittelbetrag im Jahr 2018 ist gem § 32 Abs 1 Z 2 EStG eindeutig bei der Veranlagung der Erblasserin einzubeziehen.
Das BFG stimmte der Argumentation der Bf zu, dass bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zwar die Verteilung auf drei Jahre mit dem Tod endet, jedoch nur deshalb, weil es hierfür eine explizite Regelung gibt. Im Fall des § 37 Abs 2 Z 2 EStG wurde so eine Ausnahme nicht vorgesehen, weshalb davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber diese Folge nicht wünscht.
Fraglich ist weiterhin, bei welchem Steuersubjekt die restlichen zwei Drittelbeträge im Jahr 2019 und 2020 zu berücksichtigten sind: Entweder unmittelbar bei den Erben oder bei den Rechtsnachfolgern unter der Steuernummer der Erblasserin. Das BMF und das Finanzamt vertreten seit der Entscheidung des BFG vom 6. 6. 2017, RV/3100546/2016 die Ansicht, dass die Einkünfte bei den Erben unter der Steuernummer der Erblasserin zu berücksichtigen sind (EStR 2000 Rz 7369). Da sich das vorliegende Verfahren jedoch nur auf das Jahr 2018 bezieht, hat das BFG diese Frage nicht abschließend beantwortet.
Conclusio
Das BFG hat im Ergebnis festgestellt, dass die Pensionsabfindung eine Entschädigung iSd § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG ist. Diese Entschädigung darf gem § 37 Abs 2 Z 2 EStG auch im Todesfall der Begünstigten auf drei Jahre verteilt veranlagt werden.
Wenn Rechtsnachfolger nicht-laufende Bezüge aus früherer nichtselbstständiger Tätigkeit von ihren Rechtsvorgängern erhalten, sind diese gem § 32 Abs 1 Z 2 EStG beim Verstorbenen zu veranlagen (Kanduth-Kristen in Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner [Hrsg], Jakom EStG17 [2024] § 32 Rz 25). Hieraus ergibt sich, dass der erste Drittelbetrag der Entschädigung beim verstorbenen Steuerpflichtigen zu berücksichtigen ist. Ungeklärt bleibt jedoch, bei welchem Steuersubjekt die Drittelbeträge 2019 und 2020 zu berücksichtigen sind. Zu dieser Rechtsfrage findet sich momentan weder eine ausdrückliche Regelung im Gesetz noch existiert höchstgerichtliche Rsp.
In der Entscheidung vom 6. 6. 2017, RV/3100546/2016 beschäftigte sich das BFG mit einem ähnlichen Fall. Es führt darin aus, dass alle Einkünfte im Zusammenhang mit einem Betriebsaufgabegewinn, die der Verstorbene bis zu seinem Todestag erzielte, ihm auch zuzurechnen sind (siehe dazu auch Höber/Peyerl, Einkünfteverteilung gemäß § 37 Abs 2 EStG nach dem Tod, SWK 2017, 1273 [1273 f]). Diese Entscheidung des BFG unterscheidet sich von der vorliegenden Entscheidung jedoch insofern, als der Steuerpflichtige noch zu Lebzeiten die Betriebsaufgabe vorgenommen hat, weshalb ihm im Sinne der Markteinkommenstheorie der vollständige Betriebsaufgabegewinn zuzurechnen war und daher auch die übrigen zwei Drittelbeträge unter seiner Steuernummer in den beiden Folgejahren zu veranlagen waren. Daher ist der vollständig entstandene Gewinn diesem zu Lebzeiten zuzurechnen gewesen, was zwangsläufig auch eine Zurechnung der übrigen zwei Drittelbeträge der Folgejahre an diesen zur Folge hat.
Im vorliegenden Fall ist jedoch ungewiss, ob die verstorbene Arbeitnehmerin die Pensionsabfindung zu Lebzeiten bereits vollständig erwirtschaftet hat und dieser im Sinne der Markteinkommenstheorie zuzurechnen war. Für diese Annahme spricht, dass an die Hinterbliebenen nur jene Beträge ausbezahlt wurden, die sich zum Zeitpunkt des Todes aus den Kapitalwerten ergaben. Somit nur jene Einkünfte, auf welche die Arbeitnehmerin bereits einen Anspruch im Fall ihres Todes hatte. Zudem handelt es sich bei der Pensionsabfindung um einen Schadensausgleich für das verlorene Pensionsanwartschaftsrecht der Erblasserin aufgrund ihres Todesfalles (VwGH 25. 4. 2013, 2010/15/0158), was ebenfalls für eine Zurechnung der bis zu ihrem Tod entstandenen Kapitelwerte an sie sprechen könnte. Das würde im Ergebnis bedeuten, dass auch die übrigen Drittelbeträge unter der Steuernummer der Erblasserin zu veranlagen sind, weil sie – und nicht ihre Erben – das Zurechnungssubjekt im Sinne der Markteinkommenstheorie ist.
Im Gegensatz dazu kann jedoch auch argumentiert werden, dass die Einkünfte demjenigen zuzurechnen sind, der wirtschaftlich über die Einkunftsquelle disponieren kann (VwGH 5. 12. 2010, 2008/13/0012). Es wäre somit möglich, dass die Quelle der Einkünfte die Entschädigungszahlung an die Erben ist. Da die Erblasserin bereits verstorben ist, war es ihr nie möglich, über diese Einkunftsquelle zu disponieren. Somit wären die übrigen zwei Drittelbeträge den Erben zuzurechnen. ME würde sich aus dieser Überlegung zusätzlich ergeben, dass die Drittelbeträge in den Jahren 2019 und 2020 unter den Erben aufgeteilt werden dürfen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um zwei Erben. Diese könnten dann jeweils die Hälfte des Drittelbetrages unter ihrer Steuernummer veranlagen, wodurch sich aufgrund des progressiven Steuersatzes gem § 33 Abs 1 EStG eine andere Steuerlast ergeben würde.
Hinzuweisen ist jedoch auch auf die Ausführungen von Ruppe, dass der Leistungserbringer das Steuersubjekt darstellt und nicht derjenige, der die Früchte aus der Leistung erhält (Ruppe, Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung von Einkunftsquellen als Problem der Zurechnung von Einkünften, in Tipke [Hrsg], Übertragung von Einkunftsquellen im Steuerrecht [1978] 7 [19]). Hieraus kann man für den vorliegenden Sachverhalt ableiten, dass die Einkunftsquelle die frühere nichtselbstständige Tätigkeit der Erblasserin ist, über welche sie auch disponieren konnte. Folgt man dieser Überlegung, kommt man zu dem vorhin bereits ausgeführten Ergebnis, dass die Drittelbeträge in den Jahren 2019 und 2020 unter der Steuernummer der Erblasserin zu veranlagen sind.