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EAS: Anschaffungskosten einer Beteiligung bei Wiederzuzug aus der Schweiz

Bearbeiter: Jürgen Romstorfer

EStG 1988: § 27 Abs 6 Z 1 lit e

DBA-Schweiz: Art 13 Abs 4

Abstract

In der vorliegenden EAS Auskunft beschäftigt sich das BMF mit der Höhe der Anschaffungskosten einer Beteiligung bei Wegzug einer natürlichen Person aus Österreich in die Schweiz und späterem Wiederzuzug nach Österreich. Dabei kommt es zum Ergebnis, dass Österreich aufgrund von Art 13 Abs 4 DBA-Schweiz im Zeitpunkt des Wegzugs keine Besteuerung vornehmen darf. Beim späteren Zuzug kommt es – mangels einer Anwendbarkeit von § 27 Abs 6 Z 1 lit e EStG – nur zu einem Step-up, wenn die Schweiz beim Wegzug von ihrem Besteuerungsrecht im Rahmen des Art 13 Abs 4 erster Satz DBA-Schweiz Gebrauch macht. Österreich darf daher grundsätzlich auch den Wertzuwachs besteuern, der während der Ansässigkeit in der Schweiz entstanden ist.

EAS 3446 vom 25. 7. 2023

Sachverhalt

Eine bis zum Jahr 2018 in Österreich ansässige natürliche Person mit ausschließlichem Wohnsitz in Österreich hält seit mehreren Jahren eine 33,33%ige Beteiligung an der X-GmbH, die ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung ebenfalls in Österreich hat. Im Jahr 2018 verlegt die natürliche Person ihren Wohnsitz in die Schweiz und im Jahr 2021 wieder zurück nach Österreich. Im Zeitraum zwischen dem Wegzug 2018 und dem Zuzug 2021 tritt bei der Beteiligung an der X-GmbH nachweislich eine Wertsteigerung ein. In der EAS hatte das BMF die Frage zu beantworten, wie sich der Zuzug im Jahr 2021 auf die steuerlichen Anschaffungskosten der Beteiligung an der X-GmbH auswirkt.

Anfragebeantwortung des BMF

Eingangs führt das BMF aus, dass der Steuerpflichtige hinsichtlich der Beteiligung bereits vor dem Zuzug 2021 in Österreich steuerpflichtig war. Vor dem Wegzug unterlag der Steuerpflichtige der unbeschränkten und nach dem Wegzug der beschränkten Steuerpflicht in Österreich. Mit dem Zuzug im Jahr 2021 entsteht somit nicht das österreichische Besteuerungsrecht iSd § 27 Abs 6 Z 1 lit e erster Satz EStG („Entstehung des Besteuerungsrechts der Republik Österreich“). Stattdessen ist für den Zuzug im vorliegenden Fall § 27 Abs 6 Z 1 lit e zweiter bis vierter Satz EStG analog anzuwenden, der den Wiederzuzug nach Nichtfestsetzung behandelt. Dies ergibt sich nach Ansicht des BMF daraus, dass für den Wiederzuzug aus der Schweiz keine ausdrückliche gesetzliche Regelung vorliegt und dass die Besteuerung der stillen Reserven beim Wegzug 2018 aufgrund von Art 13 Abs 4 DBA-Schweiz unterblieben ist (EStR 2000 Rz 6148b).

§ 27 Abs 6 Z 1 lit e zweiter Satz EStG sieht vor, dass in Fällen, in denen zuvor eine Abgabenschuld nicht festgesetzt wurde und im Anschluss daran ein Wiedereintritt in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich erfolgt, weiterhin die ursprünglichen Anschaffungskosten maßgeblich sind. Weist der Steuerpflichtige gem § 27 Abs 6 Z 1 lit e vierter Satz EStG jedoch eine Wertsteigerung nach, die im EU/EWR-Raum eingetreten ist, ist diese vom Veräußerungserlös abzuziehen. Da die Schweiz nicht dem EU/EWR-Raum angehört, ist § 27 Abs 6 Z 1 lit e vierter Satz EStG nicht anzuwenden, weshalb auch die Wertsteigerungen in der Schweiz bei einer späteren Veräußerung der Steuerpflicht in Österreich unterliegen.

Eine Einschränkung erfährt das auf österreichischem nationalem Recht basierende Besteuerungsrecht nach Ansicht des BMF jedoch durch Art 13 Abs 4 zweiter Satz DBA-Schweiz. Demnach hat eine Aufwertung (Step-up) der ursprünglichen Anschaffungskosten zu erfolgen, wenn der ehemalige Ansässigkeitsstaat – also in diesem Fall die Schweiz – eine Wegzugsbesteuerung vornimmt. Kommt es in der Schweiz also zu einer Wegzugsbesteuerung, darf Österreich den Wertzuwachs zwischen 2018 und 2021 nicht besteuern. Unterbleibt die Wegzugsbesteuerung in der Schweiz, wird Österreich durch das DBA-Schweiz nicht an einer Besteuerung des während der Ansässigkeit in der Schweiz entstandenen Wertzuwachses gehindert.

Conclusio

In der vorliegenden EAS-Auskunft analysiert das BMF Art 13 Abs 4 DBA-Schweiz und § 27 Abs 6 Z 4 lit e EStG. Art 13 Abs 4 DBA-Schweiz sieht grundsätzlich vor, dass bei einem Ansässigkeitswechsel zwischen Österreich und der Schweiz eine Besteuerung aufgrund des Ansässigkeitswechsels unterbleibt. Gem Art 13 Abs 4 Satz 1 darf der ehemalige Ansässigkeitsstaat den Vermögenszuwachs, der bis zum Ansässigkeitswechsel entstanden ist, besteuern, wenn die Anteile veräußert werden oder wenn eine Maßnahme zum endgültigen Verlust des Besteuerungsrechts führt. Ein Step-up hat bei einem späteren Wiederzuzug gem Art 13 Abs 4 dritter Satz DBA-Schweiz (in der EAS Auskunft wird Art 13 Abs 4 zweiter Satz DBA-Schweiz angeführt, was wohl nicht korrekt ist) nur zu erfolgen, wenn der andere Vertragsstaat eine Wegzugsbesteuerung vornimmt.

Wie vom BMF korrekt festgestellt, unterbleibt der Step-up gem § 27 Abs 6 Z 1 lit e vierter Satz EStG grundsätzlich, weil die Schweiz weder dem EU- noch dem EWR-Raum angehört. Eine analoge Anwendung von § 27 Abs 6 Z 1 lit e vierter Satz EStG ist aber mE nicht unbedingt ausgeschlossen. § 27 Abs 6 Z 1 lit e vierter Satz EStG wird wohl aus der Niederlassungsfreiheit abgeleitet. Die Änderung in § 31 EStG, in dem die Besteuerung bei Wegzug und Zuzug vor der Umgliederung in § 27 Abs 6 Z 1 lit e EStG geregelt wurde, erfolgte mit dem AbgÄG 2004, durch das die Modalitäten für die Besteuerung beim Wegzug in Folge des Urteils vom EuGH zur Niederlassungsfreiheit vom 11. 3. 2004, C-9/02, Hughes de Lasteyrie du Siallant geändert wurden. Die Anwendung der Niederlassungsfreiheit auf den vorliegenden Fall hätte wohl zur Folge, dass ein Step-up aufgrund der analogen Anwendung von § 27 Abs 6 Z 1 lit e vierter Satz EStG erfolgen müsste. Die Schweiz gehört zwar nicht der EU oder dem EWR-Raum an, jedoch ist im Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen) in Art 12 ebenfalls eine Garantie der Niederlassungsfreiheit für selbständig erwerbstätige enthalten. Kommt Art 12 des Freizügigkeitsabkommen zur Anwendung, weil die natürliche Person eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, würde die Niederlassungsfreiheit wohl zu einer analogen Anwendung von § 27 Abs 6 Z 1 lit e vierter Satz EStG führen (zur Niederlassungsfreiheit im Freizügigkeitsabkommen s das Urteil des EuGH vom 15. 3. 2018, C-355/16, Picart).

Im Ergebnis ist der Ansicht des BMF daher nur zuzustimmen, wenn die natürliche Person in dem der EAS zugrundeliegenden Sachverhalt keine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt. Österreich kann grundsätzlich auch den in der Schweiz entstandenen Wertzuwachs besteuern, außer die Schweiz macht von ihrem Besteuerungsrecht nach Art 13 Abs 4 erster Satz DBA-Schweiz Gebrauch, was jedoch nur möglich ist, „wenn diese Anteile veräußert werden oder wenn Maßnahmen dieser Person zum Verlust des Besteuerungsrechtes“ der Schweiz führen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34589 vom 04.10.2023