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EAS: Kein Step-up bei Zuzug und nachträglicher Veräußerung einer britischen Liegenschaft

Bearbeiter: Jürgen Romstorfer

EStG 1988: § 30

DBA-Großbritannien 2018: Art 13 und Art 21

Abstract

Die vorliegende EAS-Auskunft behandelt die Frage, ob Österreich das Besteuerungsrecht am Veräußerungsgewinn zweier in Großbritannien belegener Liegenschaften zukommt, wenn ihr Eigentümer im Jahr 2020 zugezogen ist und die Liegenschaften erst nach Zuzug veräußert werden. Liegenschaftsveräußerungen unterliegen gem § 29 Z 2 iVm § 30 EStG in Österreich grundsätzlich der unbeschränkten Steuerpflicht. Art 13 Abs 1 DBA-Großbritannien weist das Besteuerungsrecht an den Veräußerungserlösen zwar Großbritannien zu, jedoch sieht Art 21 Abs 1 lit a des DBA (Methodenartikel) die Anrechnungsmethode vor. Damit darf Österreich – unter Anrechnung der in Großbritannien erhobenen Steuer – den gesamten nach seinem Recht eintretenden Wertzuwachs in die nationale Bemessungsgrundlage einbeziehen.

EAS 3440 vom 4. 11. 2022

Sachverhalt

Eine vormals in Großbritannien und seit 2020 in Österreich für nationale und DBA-Zwecke ansässige Person veräußert im Jahr 2021 zwei in Großbritannien belegene Liegenschaften. Dabei stellt sich die Frage, ob und wenn ja, in welchem Ausmaß Österreich ein Besteuerungsrecht am Veräußerungsgewinn zukommt.

Anfragebeantwortung des BMF

Eingangs wird in der EAS ausgeführt, dass die Veräußerung einer britischen Liegenschaft nach nationalem österreichischen Einkommensteuerrecht der Immobilienertragsteuer gem § 30 ff EStG unterliegt. Art 13 Abs 1 DBA-Großbritannien weist dem Quellenstaat, damit Großbritannien, ein Besteuerungsrecht für die Gewinne aus dem Verkauf der Liegenschaft zu. Österreich darf ebenfalls besteuern, muss aber gem Art 21 DBA-Großbritannien (Methodenartikel) die in Großbritannien angefallene Steuer anrechnen.

Für Zwecke der Ermittlung der Einkünfte gem § 30 EStG ist lt EAS zwischen Alt- und Neuvermögen zu unterscheiden (unter Verweis auf EStR 2000 Rz 6631). Handelt es sich bei den Liegenschaften um Altvermögen, weil sie vor dem 31. 3. 2002 angeschafft wurden, und waren sie demnach am 31. 3. 2012 nicht steuerverfangen, so beträgt der zu versteuernde Veräußerungsgewinn gem § 30 Abs 4 EStG pauschal 14 % des Veräußerungserlöses, unabhängig vom Anschaffungswert. Sind die Liegenschaften hingegen als Neuvermögen anzusehen, weil sie nach dem 31. 3. 2002 angeschafft wurden, so ist der Veräußerungsgewinn gem § 30 Abs 3 EStG als Unterschied zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten zu ermitteln.

An der Ermittlung des Veräußerungsgewinns ändert Art 13 DBA-Großbritannien nichts, weil dieser grundsätzlich auf den Veräußerungszeitpunkt bezogen anzuwenden ist. Dies leitet sich lt EAS einerseits aus dem zeitpunktbezogenen Begriff der Veräußerung (unter Verweis auf Schuch, Die Zeit im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 231 f mwN), und andererseits aus der Systematik von Art 13 DBA-Großbritannien ab. Dieser strebt einen Gleichlauf zur laufenden Besteuerung nach den jeweiligen DBA-rechtlichen Besteuerungstatbeständen an. Dementsprechend ist auch die Bemessungsgrundlage für die Steuer auf die Veräußerungsgewinne auf den Veräußerungszeitpunkt zu berechnen. Art 13 unterscheidet nicht nach dem Ursprung des Veräußerungsgewinns, welcher über längere Zeit anwachsen oder in relativ kurzer Zeit entstehen kann, und überlässt es dem nationalen Recht, ob die jeweiligen Gewinne besteuert werden sollen oder eben nicht (OECD-MK Art 13 Rz 11). Daneben ist auch die Bemessungsgrundlage nach dem innerstaatlichem Recht zu ermitteln (OECD-MK Art 13 Rz 12).

Österreich kann nach der in der EAS vertretenen Ansicht somit für sich das Recht in Anspruch nehmen, im Fall einer nach dem Zuzug stattfindenden Veräußerung den gesamten nach seinem Recht ermittelten Wertzuwachs zu besteuern (mit Verweis auf EAS 3163 vom 21. 6. 2010). Eine möglicherweise dadurch eintretende Doppelbesteuerung ist gem Art 21 Abs 1 lit a DBA-Großbritannien durch die Anrechnung der in Großbritannien erhobenen Steuer zu vermeiden.

Conclusio

In der vorliegenden EAS bekräftigt das BMF seine bereits in der EAS 3163 vom 21. 6. 2010 geäußerte Ansicht, wonach der Zuzugsstaat den gesamten nach seinem Recht eintretenden Wertzuwachs bei einer Veräußerung nach Zuzug besteuern darf. Zu einem Step-up (steuerliche Erfassung zum gemeinen Wert im Zeitpunkt des Zuzugs), wodurch lediglich der Wertzuwachs zwischen Zuzugszeitpunkt und Veräußerungszeitpunkt besteuert werden dürfte, kommt es nicht. Eine Pflicht zu einem Step-up ergibt sich weder aus dem DBA-Großbritannien selbst (eine solche Pflicht findet sich bspw in Art 13 Abs 6 DBA-Deutschland für die Veräußerung von Anteilen an einer Gesellschaft) noch aus einer Bestimmung des innerstaatlichen Rechts. Hier entsteht eine Diskrepanz zwischen im Betriebsvermögen und dem Privatvermögen zugeordneten Grundstücken. So ist gem § 6 Z 6 EStG beim Zuzug von Betrieben ein Step-up zwingend vorzunehmen. Ein Step-up ist daneben gem § 27 Abs 6 Z 1 lit e EStG auch bei der Entstehung des Besteuerungsrechts der Republik Österreich an Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen, Derivaten und Kryptowährungen vorgesehen. Indes ist unklar, warum der österreichische Gesetzgeber für private Grundstücksveräußerungen nach § 30 EStG keinen Step-up vorgesehen hat. Mangels gesetzlicher Grundlage für einen Step-up im Privatvermögen, überzeugt die in der EAS vertretene Ansicht. Aus rechtspolitischer Perspektive wäre die Möglichkeit eines Step-ups auch für private Grundstücksveräußerungen konsequent wie auch wünschenswert. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch, dass Österreich einen Vorbehalt zu Art 13 Abs 5 OECD-MA abgegeben hat, wonach von Österreich die Ansicht vertreten wird, dass im Wegzugsfall die stillen Reserven, die bis zum Wegzugszeitpunkt entstanden sind, weiterhin vom früheren Ansässigkeitsstaat besteuert werden dürfen. Hier würde Österreich also sehr wohl von einem Step-up ausgehen (OECD-MK zu Art 13 OECD-MA 2017 Rz 32.1).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33465 vom 30.12.2022