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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
DBA Ö-VAE: Art 10 Abs 1 idF Protokoll (2021)
Abstract
Die gegenständliche EAS befasst sich mit Dividenden iRd DBA Ö-Vereinigte Arabische Emirate (VAE). Der durch ein im Jahr 2021 unterzeichnetes Protokoll geänderte Art 10 Abs 1 des DBA sieht ein prozentuell beschränktes Besteuerungsrecht des Quellenstaates vor (lit b). Die Bestimmung sieht jedoch in lit c sublit i ein ausschließliches Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats vor, wenn der Nutzungsberechtigte der andere Staat selbst oder eine seiner Gebietskörperschaften oder eine qualifizierte staatliche Einrichtung ist. Ist demnach eine qualifizierte staatliche Einrichtung mittelbar an einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Gesellschaft beteiligt, kann die Bestimmung nur zur Anwendung gelangen, wenn die Einrichtung – und nicht die unmittelbare Anteilseignerin – auch Nutzungsberechtigter der Dividenden ist. Dies ist etwa der Fall, wenn die Zwischengesellschaft vertraglich dazu verpflichtet ist, die Dividendenzahlung an die Einrichtung weiterzuleiten.
EAS 3439 vom 21. 10. 2022
Sachverhalt
Eine in den VAE ansässige „qualifizierte staatliche Einrichtung“ (definiert in Art 8 Z 3 des Protokolls [2021] zu Art 10 des DBA) hält eine 100 %ige Beteiligung an einer ebenfalls in den VAE ansässigen Holdinggesellschaft. Diese hält wiederum Anteile an einer in Österreich (Ö) ansässigen Kapitalgesellschaft, wobei die Beteiligungshöhe unter 10 % liegt. Schüttet die in Ö ansässige Gesellschaft eine Dividende aus, stellt sich die Frage, ob Ö – als Quellenstaat – diese Dividende besteuern darf.
Zu dem DBA VAE (2003) wurde am 1. 7. 2021 ein Protokoll unterzeichnet, welches mangels Austauschs der Ratifikationsurkunden noch nicht in Kraft getreten ist. Art 4 dieses Protokolls ersetzt den bisherigen Art 10 Abs 1 des DBA, welcher fortan ein auf 10 % beschränktes Quellenbesteuerungsrecht für Dividenden vorsieht. Diese dürfen allerdings gem Art 10 Abs 1 lit c DBA VAE idF des Protokolls (2021) nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden, wenn der Nutzungsberechtigte entweder (i) der andere Staat selbst oder eine seiner Gebietskörperschaften oder eine qualifizierte staatliche Einrichtung ist oder (ii) die Beteiligung mind 10 % beträgt.
Im gegenständlichen Fall war also konkret fraglich, ob die Quellensteuerbefreiung des Art 10 Abs 1 lit c sublit i DBA VAE idF des Protokolls (2021) anwendbar ist, obwohl die „qualifizierte staatliche Einrichtung“ lediglich mittelbar an der österr Kapitalgesellschaft beteiligt ist.
Anfragebeantwortung des BMF
Der Begriff „qualifizierte staatliche Einrichtung“ wird in Art 8 Z 3 des Protokolls (2021) als „jede Einrichtung oder Institution, die unmittelbar oder mittelbar im Alleineigentum der nationalen oder lokalen Verwaltung oder ihren Gebietskörperschaften steht“ definiert und durch eine abschließende Aufzählung erfasster Einrichtungen konkretisiert. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die unmittelbar an der österr Gesellschaft beteiligte Holding von dieser Definition nicht umfasst ist. Lediglich die mittelbar beteiligte Gesellschaft ist im Protokoll zu Art 10 lit a (2021) genannt. In Art 10 Abs 1 lit c DBA VAE idF Protokoll (2021) wird jedoch auf die nutzungsberechtige Gesellschaft abgestellt, unabhängig von der (Un-)Mittelbarkeit der Beteiligung. Zwar kommt die Nutzungsberechtigung einer Dividende grundsätzlich der direkten Anteilseignerin (gegenständlich also der Holding) zu. Etwas anderes gilt jedoch, wenn ihr Nutzungs- und Verfügungsrecht über die Dividende durch eine Verpflichtung zur Weiterleitung der Zahlung an einen Dritten eingeschränkt ist (Verweis auf OECD-MK Art 10 Z 12.4). Sind der Anteilseignerin im Übrigen die Dividenden nach den Grundsätzen des nationalen Steuerrechts zuzurechnen, so wird ihr idR auch die Nutzungsberechtigung zukommen (Verweis auf EAS 2288 v 6. 5. 2003 und EAS 2996 v 25. 8. 2008). Ob die mittelbar beteiligte qualifizierte staatliche Einrichtung im gegenständlichen Fall – trotz Zwischenschaltung einer Holdinggesellschaft – nutzungsberechtigt ist, stellt eine Sachverhaltsfrage dar, die nicht im ministeriellen EAS-Verfahren geklärt werden kann.
Conclusio
Die Frage, welche Gesellschaft im vorliegenden Fall „Nutzungsberechtigter“ der Dividenden ist, entscheidet, ob Ö ein Quellenbesteuerungsrecht zukommt: Sind die Dividenden der unmittelbaren Anteilseignerin (Holding) zuzurechnen, hätte Ö ein auf 10 % des Bruttobetrags der Dividende beschränktes Quellenbesteuerungsrecht. Da die Beteiligungshöhe an der österr Gesellschaft nämlich unter 10 % liegt, kann Art 10 Abs 1 lit c sublit ii DBA VAE idF des Protokolls (2021) nicht zur Anwendung gelangen. Gemäß Art 24 Abs 1 DBA VAE, müssten die VAE die österr Steuer anrechnen. Ist jedoch die qualifizierte staatliche Einrichtung nutzungsberechtigt, käme Art 10 Abs 1 lit c sublit i DBA VAE idF des Protokolls (2021) zur Anwendung, wonach ausschließlich die VAE (als Ansässigkeitsstaat) besteuerungsberechtigt wären. Schließlich bleibt zu erwähnen, dass die EAS-Auskunft (noch) keine praktischen Auswirkungen hat. Da das 2021 unterzeichnete Protokoll noch nicht in Kraft getreten ist (die Ratifikation des Protokolls durch die VAE dürfte noch ausstehen), ist noch Art 10 Abs 1 des (unveränderten) DBA aus 2003 anzuwenden. Dieser sieht eine ausschließliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat (gegenständlich wären dies die VAE) vor.