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EAS: Nichtselbständige Arbeit eines Familienmitglieds eines Diplomaten im österreichischen Homeoffice

Bearbeiter: Christian Knotzer

Wiener Diplomatenrechtskonvention (WDK): Artikel 34, Artikel 37 Abs 1

OECD-Musterabkommen (OECD-MA): Art 4 Abs 1, Art 5, Art 15

EStG 1988: § 1 Abs 3, § 98 Abs 1 Z 4

Abstract

Diplomaten sind gem Art 34 der Wiener Diplomatenkonvention (BGBl 1966/66) von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder -abgaben mit Ausnahme der in Art 34 lit a bis f leg cit genannten Steuern und Abgaben befreit. Diese Befreiung wird gem Art 37 der Konvention auf bestimmte Familienmitglieder des Diplomaten erweitert. Nicht befreit sind gem Art 34 lit d leg cit Steuern und sonstige Abgaben von privaten Einkünften, deren Quelle sich im Empfangsstaat befindet. Für nach Österreich entsandte Diplomaten und deren begünstigte Familienmitglieder besteht die Steuerpflicht daher (nur) für (private) Einkünfte iSd § 98 EStG. Abkommensrechtlich geht die Befreiung des Art 34 der Konvention mit dem Verlust des Status der Ansässigkeit einher (Art 4 Abs 1 Satz 2 OECD-MA). Übt also die Gattin eines Diplomaten im Inland eine nichtselbständige Arbeit aus, unterliegen die dafür bezogenen Gehälter gem § 98 Abs 1 Z 4 TS 1 EStG der beschränkten Steuerpflicht. Diesen innerstaatlichen Steueranspruch darf Österreich (als Quellenstaat) auch gem Art 15 Abs 1 iVm Abs 2 OECD-MA wahrnehmen.

EAS 3441 vom 29. 11. 2022

Sachverhalt

Die Ehegattin eines nach Österreich entsandten Diplomaten mit der Staatsbürgerschaft des Entsendestaats arbeitete als IT-Expertin für einen ausländischen Arbeitgeber im Homeoffice in Österreich. Es stellt sich die Frage, ob die von der Ehegattin dafür erhaltenen Gehaltszahlungen der österreichischen Besteuerung unterliegen.

Anfragebeantwortung des BMF

Art 34 der Wiener Diplomatenkonvention sieht eine Befreiung des Diplomaten von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder -abgaben vor. Diese Befreiung wird gem Art 37 Abs 1 der Wiener Diplomatenkonvention auf zum Haushalt des Diplomaten gehörende Familienmitglieder ausgedehnt, sofern sie nicht Angehörige des Empfangsstaats (hier also Österreich) sind. Die Befreiung des Art 34 der Wiener Diplomatenkonvention gilt gem lit d leg cit nicht für Steuern und sonstige Abgaben von privaten Einkünften, deren Quelle sich im Empfangsstaat befindet. Folglich besteht nach Ansicht des BMF für den Diplomaten selbst sowie für die nach Art 37 Abs 1 der Wiener Diplomatenkonvention begünstigten Familienmitglieder eine Steuerpflicht (nur) für Einkünfte aus inländischen Quellen gem § 98 EStG (s kritisch zu der in der EAS-Auskunft vertretenen Ansicht jedoch Lang, Steuerliches Sonderrecht für Dienstnehmer von Körperschaften des öffentlichen Rechts mit ausländischem Dienstort und für deren Angehörige, SWI 2023, 25 [FN 13]).

Diese Einschränkung – lediglich beschränkte Steuerpflicht trotz inländischen Wohnsitzes – bewirkt auf DBA-Ebene den Verlust der „Ansässigkeit“ in Österreich gem Art 4 Abs 1 OECD-MA. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung umfasst der Begriff „eine in einem Vertragsstaat ansässige Person“ nämlich nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat steuerpflichtig ist. Dies trifft nach Z 8.1. OECD-MK zu Art 4 OECD-MA in einigen Staaten, insbesondere bei ausländischen Diplomaten und Konsularbeamten, zu, die im Hoheitsgebiet dieser Staaten tätig sind. Der EAS-Auskunft zufolge gilt dies auch für Österreich. Bestätigt wird diese Sichtweise, so die EAS-Auskunft, durch den VwGH, der den durch die Wiener Diplomatenkonvention begünstigten Personenkreis als beschränkt steuerpflichtig iSd § 1 Abs 3 EStG wertet, wodurch dieser nur mit Einkünften gem § 98 EStG steuerpflichtig sein kann (Verweis auf VwGH 29. 1. 1965, 0202/63).

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der IT-Expertin sind daher nicht von der Befreiung der Wiener Diplomatenkonvention erfasst, sondern unterliegen gem § 98 Abs 1 Z 4 TS 1 EStG der beschränkten Steuerpflicht in Österreich. Dieses innerstaatliche Besteuerungsrecht darf Österreich (als Quellenstaat) gem Art 15 Abs 1 iVm Abs 2 OECD-MA auch wahrnehmen. Die Gehälter der IT-Expertin unterliegen somit der österreichischen beschränkten Steuerpflicht, da die „Quelle“ der Einkünfte aufgrund der Tätigkeitsausübung in Österreich liegt.

Zusätzlich führt die EAS-Auskunft auch die Frage an, ob das Homeoffice der IT-Expertin eine Betriebsstätte iSd Art 5 OECD-MA für den ausländischen Arbeitgeber begründen kann (oder ob es sich um bloß unterstützende Hilfstätigkeiten iSd Art 5 Abs 4 lit d OECD-MA handelt). Dieser Sachverhaltsfrage widmet sich die EAS-Auskunft allerdings nicht näher, da das ministerielle EAS-Verfahren lediglich auf die Beantwortung von Rechtsfragen ausgerichtet ist (Verweis auf EAS 3399).

Conclusio

Gem Art 4 Abs 1 Satz 2 OECD-MA umfasst der Ausdruck „in einem Vertragsstaat ansässige Person“ nicht jene Personen, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat steuerpflichtig sind. Nach Z 8.3. OECD-MK zu Art 4 OECD-MA ist Zweck dieser Bestimmung, jene Personen von der Abkommensberechtigung in einem Staat auszunehmen, die in diesem Staat keiner umfassenden (die Welteinkünfte umschließenden) Steuerpflicht unterliegen. In Österreich (und wohl in einigen weiteren Staaten) trifft dies auf Diplomaten und deren begünstigte Familienmitglieder zu. Üben die Familienmitglieder zB eine nichtselbständige Tätigkeit in Österreich aus, unterliegen die dafür bezogenen Gehälter der beschränkten Steuerpflicht gem § 98 Abs 1 Z 4 TS 1 EStG. Abkommensrechtlich wäre zu prüfen, ob Österreich (diesfalls als Quellenstaat) das innerstaatliche Besteuerungsrecht auch wahrnehmen darf. Vorbehaltlich der „183-Tage-Regel“ des Art 15 Abs 2 OECD-MA wird dies bei begünstigten Familienmitgliedern von dauerhaft nach Österreich entsandten Diplomaten wohl regelmäßig der Fall sein.

Die Regelung des Art 4 Abs 1 Satz 2 OECD-MA soll im Übrigen nicht so weit führen, dass sämtlichen Personen, die in Staaten mit einem reinen Territorialitätsprinzip ansässig sind, die Abkommensberechtigung versagt wird (s Loukota/Jirousek, IntStR Art 4 Rz 5). In solchen Fällen wäre daher nach der in Z 8.3. OECD-MK zu Art 4 OECD-MA vertretenen Ansicht eine einengende Auslegung geboten.

Die zusätzlich von der EAS-Auskunft aufgeworfene Frage, ob das Homeoffice der IT-Expertin für den ausländischen Arbeitgeber eine Betriebsstätte begründet, wird (als Sachverhaltsfrage) nicht näher behandelt. Im Allgemeinen wird die Möglichkeit einer sog „Homeoffice-Betriebsstätte“ in der Literatur allerdings kritisch gesehen (s zB Bendlinger/Bendlinger, Der VwGH zur Verfügungsmacht und das jähe Ende der Homeoffice-Betriebsstätte, SWI 2022, 436 ff).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33654 vom 10.02.2023