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Einkünftezurechnung bei Zwischenschaltung einer OG

Bearbeiter: Jürgen Romstorfer

EStG 1988: § 22 Z 2 TS 2

FLAG: § 41

Abstract

Der VwGH hatte zu entscheiden, ob Einkünfte bei Zwischenschaltung einer Personengesellschaft der zwischengeschalteten Gesellschaft oder den Leistungserbringern direkt zuzurechnen sind. Für die Zurechnung zu einer zwischengeschalteten Personengesellschaft muss die Leistungserbringung auf der Durchführung einer klaren, nach außen in Erscheinung getretenen Vereinbarung über den Leistungsgegenstand basieren. Basiert die Leistungserbringung nicht auf einer solchen Vereinbarung, kommt dies dem Fehlen einer Vereinbarung gleich, weshalb die Einkünfte direkt den Leistungserbringern zuzurechnen sind.

VwGH 3. 1. 2023, Ra 2021/15/0107

Sachverhalt

An der revisionswerbenden GmbH (Rw) waren in den Streitjahren Frau A und Frau B mit jeweils 50 % beteiligt. Der Unternehmensgegenstand der Rw bestand in der Ausübung der Steuerberatung. Frau A und Frau B waren unentgeltlich mit der Geschäftsführung der Rw befasst und daneben auch in beratender Funktion für sie tätig. Das Entgelt für die Beratungstätigkeiten wurde von der Rw nicht direkt an die Geschäftsführerinnen, sondern an die X OG bezahlt, deren einzige unbeschränkt haftende Gesellschafterinnen Frau A und Frau B waren. Weitere Mitarbeitende wurden von der X OG nicht beschäftigt. Alle Beratungsleistungen, die von der X OG an die RW verrechnet wurden, wurden von den beiden Gesellschafterinnen persönlich erbracht. Zwischen der X OG und der Rw bestand keine vertragliche Vereinbarung über die Beratungsleistungen. Die Einbindung der X OG in die Verhältnisse zwischen der Rw und Frau A und Frau B erschöpfte sich in der Ausstellung von Rechnungen und der Vereinnahmung von Rechnungsbeträgen. Die Umsätze der X OG bestanden zum überwiegenden Teil aus den an die Rw verrechneten Beträgen. Leistungen an Dritte wurden nur in untergeordnetem Umfang erbracht.

Nach einer GPLA setzte das Finanzamt (FA) Dienstgeberbeiträge für Frau A und Frau B mittels Bescheid fest. Die Einkünfte seien dem FA zufolge den Geschäftsführerinnen direkt als Gehälter und sonstige Vergütungen iSd § 22 Z 2 TS 2 EStG zuzurechnen. Dieser Beurteilung folgte auch das BFG in der gegen die Bescheide erhobenen Beschwerde. Das BFG führte aus, dass die beiden Gesellschafter-Geschäftsführerinnen das Entgelt für ihre laufenden Tätigkeiten nicht direkt von der Rw, sondern über die zwischengeschaltete X OG bezogen. Zwischen der Rw und der X OG habe jedoch keinerlei vertragliche Vereinbarung bestanden, die geregelt hätte, welche Verpflichtungen die X OG gegenüber der Revisionswerberin getroffen hätten und welche Rechte ihr eingeräumt gewesen seien. Die von der Rw an die X OG bezahlten Beratungshonorare sind nach Ansicht des BFG schon aufgrund der bloßen Zahlstellenfunktion der X OG Frau A und Frau B persönlich zuzurechnen gewesen. Gegen das Erk des BFG erhob die Rw außerordentliche Revision. Begründend führte sie unter der Überschrift „Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision sowie Revisionsausführungen“ aus, dass das BFG auf die durch die Rw vorgebrachten Argumente, wonach wirtschaftliche und außersteuerliche Gründe für die Zwischenschaltung der X OG vorlägen, nicht eingegangen ist.

Entscheidung des VwGH

Nach der Jud des VwGH sind die Gründe für die Zulässigkeit der Revision gesondert von den Revisionsgründen darzustellen. Da im vorliegenden Fall keine gesonderte Darstellung erfolgte, erachtete der VwGH die Revision als unzulässig. Er führte dazu aus, dass dem Erfordernis nach § 28 Abs 3 VwGG, wonach die Gründe, aus denen die Revision für zulässig erachtet wird, gesondert darzulegen sind, nicht entsprochen wurde (mit Verweis auf VwGH 27. 4. 2021, Ra 2021/19/0105, mwN). Die Revision war daher nicht gesetzmäßig ausgeführt. Doch selbst unter Außerachtlassung des Formalfehlers konnte die Rw die Zulässigkeit der ao Revision nicht dartun, weil das BFG der Rsp des VwGH gefolgt ist.

Nach der stRsp des VwGH sind Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern einer GmbH und der GmbH an jenen Kriterien zu messen, welche für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden. Demzufolge muss die Vereinbarung nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden (mit Verweis auf VwGH 18. 10. 2017, Ra 2016/13/0050, mwN). Dieselben Kriterien seien auch in diesem Fall anwendbar.

Im vorliegenden Fall traf das BFG die Feststellung, dass die Leistungserbringung zwischen der Rw und der X OG nicht auf der Durchführung einer klaren, nach außen in Erscheinung getretenen Vereinbarung über den Leistungsgegenstand basierte. Dies kommt dem Fehlen einer Vereinbarung gleich (unter Verweis auf VwGH 29. 6. 2022, Ro 2021/15/0026). Der VwGH konnte daher dem Ergebnis des BFG nicht entgegentreten, wonach die Vergütungen unmittelbar den beiden die Leistungen erbringenden Gesellschafter-Geschäftsführerinnen als sonstige Vergütung iSd § 22 Z 2 TS 2 EStG zuzurechnen sind. Aus diesem Grund sind bei der Rw Dienstgeberbeiträge festzusetzen.

Conclusio

Im vorliegenden Erkenntnis bestätigt der VwGH die Anwendbarkeit der Angehörigenjudikatur auf Vereinbarungen, die zwischen einer zwischengeschalteten Personengesellschaft und der GmbH, für die die natürlichen Personen die vereinbarten Leistungen erbracht haben, geschlossen wurden (so bspw auch VwGH 29. 6. 2022, Ro 2021/15/0026). Die Angehörigenjudikatur setzt voraus, dass ein Rechtsverhältnis nach außen ausreichend zum Ausdruck kommt, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hat und auch zwischen fremden Dritten unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre (vgl VwGH 21. 2. 1996, 92/14/0041; 21. 10. 1980, 2385/79 mwN). Wird diesen Erfordernissen nicht entsprochen, kann den nicht zum Ausdruck gelangten Vereinbarungen die Anerkennung versagt werden. Da im vorliegenden Fall lediglich mündliche Verträge geschlossen wurden, die weder nach außen zum Ausdruck gebracht wurden, noch einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, wurden die Einkünften direkt den Gesellschafterinnen der OG zugerechnet.

Vom Fehlen einer klaren, nach außen in Erscheinung getretenen Vereinbarung über den Leistungsgegenstand kann aber nicht nur – wie im vorliegenden Fall – beim tatsächlichen Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung ausgegangen werden. So interpretiert der VwGH bspw auch ein deutliches Abgehen von den vertraglich vereinbarten Vergütungen als eine nicht klare, nach außen in Erscheinung getretene Vereinbarung. Vielmehr kommt eine solche Situation dem Fehlen einer Vereinbarung gleich, weshalb die Vergütungen direkt den Gesellschaftern und nicht der zwischengeschalteten Personengesellschaft zugerechnet werden (VwGH 29. 6. 2022, Ro 2021/15/0026).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33900 vom 11.04.2023