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Entwurf der COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung in Begutachtung

Bearbeiter: Katharina Geweßler / Bearbeiter: Franziska Uedl

EStG idF KonStG 2020: § 124b Z 355

KStG idF KonStG 2020: § 26c Z 76

Verordnung zur Verlustberücksichtigung 2019 und 2018 (COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung)

Abstract

Für den betrieblichen Bereich hat der Gesetzgeber durch das KonStG 2020 die Möglichkeit eines Verlustrücktrags im EStG und KStG normiert.1 Die Regelungen enthalten umfassende Verordnungsermächtigungen des BMF. Per 10. 8. 2020 wurde nun die Verordnung zur Verlustberücksichtigung 2019 und 2018 (COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung) in Begutachtung geschickt.2

1. Verordnungsermächtigung

In den Übergangsbestimmungen des § 124b Z 355 EStG sowie § 26c Z 76 KStG zum Verlustrücktrag normierte der Gesetzgeber jeweils Verordnungsermächtigungen. Auf Basis dieser Ermächtigungen wurde per 10. 8. 2020 ein Entwurf zur Verlustberücksichtigungsverordnung in Begutachtung geschickt. Im Wesentlichen umfasst die Ermächtigung Regelungen zur sofortigen Umsetzung des Verlustrücktrags, um eine Geltendmachung vor Veranlagung 2020 zu erzielen. In diesem Zusammenhang schlagen schon die EB zur RV die Bildung einer Rücklage vor.3 Zudem wird der BMF ermächtigt, die Voraussetzungen für die Verlustberücksichtigung iRd Veranlagung 2018 näher festzulegen. Im Bereich des KStG findet sich eine umfassende Verordnungsermächtigung für die Umsetzung des Verlustrücktrags bei Unternehmensgruppen.

2. Begutachtungsentwurf COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung

Der sich nun in Begutachtung befindende Verordnungsentwurf regelt einerseits die Voraussetzungen für die vorzeitige Geltendmachung des Verlustrücktrags, andererseits konkretisiert er die Regelungen zum Verlustrücktrag selbst. Dazu wird systematisch zwischen COVID-19-Rücklage (§§ 1- 4), Herabsetzung von Vorauszahlungen für 2019 (§ 5) sowie Verlustrücktrag (§§ 6-8) getrennt. Zudem beinhalten die Erläuterungen zur VO zahlreiche Beispiele. Die Verordnung erinnert in einem hohen Grad an die in Deutschland erlassenen Regelungen des § 110 und § 111 dEStG.4

2.1. COVID-19-Rücklage

Durch die bereits vor Durchführung der Veranlagung 2020 bei der Veranlagung 2019 zu berücksichtigende COVID-19-Rücklage können voraussichtliche betriebliche Verluste vorzeitig berücksichtigt werden. Dies erfolgt in Form eines Abzugspostens auf Ebene des Gesamtbetrags der Einkünfte, die betrieblichen Einkünfte blieben dabei unberührt (vgl § 1 Abs 1 Z 2 VO-Entwurf), woraus folgt, dass bspw die Bemessungsgrundlage der Sozialversicherungsbeiträge nicht beeinflusst wird.5 Die VO umfasst primär eine pauschalierte Rücklage, abhängig vom Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte aus 2019: Der Steuerpflichtige kann dabei ohne weiteren Nachweis bis zu 30 % des positiven Gesamtbetrags der betrieblichen Einkünfte 2019 als Rücklage bilden, sofern die Vorauszahlung für 2020 auf Null bzw Höhe der MiKöSt herabgesetzt wurde (vgl § 1 Abs 1 Z 3 VO-Entwuf). Will der Steuerpflichtige einen höheren Verlust geltend machen oder wurden die Vorauszahlungen im Jahr 2020 nicht auf Null herabgesetzt, gibt es sekundär die Möglichkeit die Höhe der voraussichtlichen betrieblichen Verluste 2020 glaubhaft zu machen, wodurch die COVID-19-Rücklage iHv bis zu 60 % des positiven Gesamtbetrags der betrieblichen Einkünfte aus 2019 angesetzt werden kann. Als Maximalgrenze für die Rücklage sind die bereits in § 124b Z 355 EStG normierten MEUR 5 angeführt.

Der Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte wird im VO-Entwurf als der Saldo der Gewinne und Verluste aus den betrieblichen Einkunftsarten aus Wirtschaftsjahren, die im jeweiligen Kalenderjahr enden, definiert (vgl § 1 Abs 1 Z 1 VO-Entwurf). Werden daher im Jahr 2019 EaGB iHv EUR 385.000, ein Verlust aus selbständiger Arbeit iHv EUR 7.200 sowie Einkünfte aus VuV iHv EUR 6.500 erzielt, beträgt die Ermittlungsbasis für die Rücklage EUR 377.700 (385.000-7.200).6

IZm der Bildung der Rücklage gibt der VO-Entwurf für Mitunternehmerschaften eine Geltendmachung auf Ebene des jeweiligen Mitunternehmers vor (§ 1 Abs 2 VO) sowie bei Unternehmensgruppen auf Ebene des Gruppenträgers (§ 1 Abs 3 VO) vor.7 Der gruppenbezogene Höchstbetrag der Rücklage ergibt sich, gleich wie beim Verlustrücktrag8, anhand der Anzahl der unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder und dem Gruppenträger. Die Bemessungsgrundlage für die Rücklage stellt bei Unternehmensgruppen der Gesamtbetrag der Einkünfte der Unternehmensgruppe, dh das zusammengefasste Gruppenergebnis dar.9

Technisch gesehen wird die Rücklage im Jahr 2019 gebildet und im Jahr 2020 in gleicher Höhe über den Ansatz eines Hinzurechnungspostens aufgelöst, wodurch die in 2020 entstandenen Verluste neutralisiert werden. Eine steuersubjektübergreifende Berücksichtigung der Rücklage wird aus Vereinfachungsgründen10 durch die VO abgelehnt (vgl § 1 Abs 2 VO-Entwurf).11

Wie auch beim Verlustrücktrag12 besteht für die Rücklage bei abweichenden Wirtschaftsjahren das Wahlrecht, entweder den negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte aus 2020 oder jenen aus 2021 heranzuziehen. Bei Inanspruchnahme für 2021 beziehen sich sämtliche Ausführungen der §§ 1 und 2 auf die Jahre 2021 und 2020 statt 2020 und 2019 (§ 3 VO-Entwurf). Ab Inkrafttreten der VO kann der Steuerpflichtige die Rücklage mittels amtlichen Formulars beantragen. Sofern bereits rechtskräftig veranlagt wurde, gilt auch für die Rücklage, dass der Antrag ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO darstellt (vgl § 4 VO-Entwurf).

2.2. Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019

Zusätzlich ermöglicht § 5 des VO-Entwurfs die nachträgliche Herabsetzung der Einkommen- und Körperschaftsteuervorauszahlung für 2019, sofern die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Rücklage vorliegen. Dies soll bereits vor Veranlagung 2019 eine liquiditätsmäßige Entlastung gewährleisten. Die herabgesetzte Vorauszahlung hat die COVID-19-Rücklage zu berücksichtigen.13 Der Antrag muss eine Berechnung dieses Betrages beinhalten.

2.3. Verlustrücktrag

Übersteigen die Verluste jene, die im Rahmen der COVID-19-Rücklage berücksichtigt wurden, können diese iRd Verlustrücktrags gem § 124b Z 355 EStG bzw § 26c Z 76 KStG im Jahr 2019 berücksichtigt werden. In der Veranlagung 2018 können sodann verbleibende Verluste idH von maximal MEUR 2 berücksichtigt werden.

Der VO-Entwurf normiert in § 8 wie mit dem Verlustrücktrag bei entgeltlichen und unentgeltlichen Übertragungen umzugehen ist: dementsprechend sind die Grundsätze für den Verlustabzug zu berücksichtigen. Der Verlustrücktrag ist daher grds von jenem Steuerpflichtigen zu verwerten, der diesen erwirtschaftet hat. Anders als bei der Rücklage, bei der eine subjektübergreifende Berücksichtigung ausgeschlossen ist, erfolgt jedoch beim Verlustrücktrag bei unentgeltlicher Übertragung von Todes wegen gem § 6 Z 9 lit a EStG ein betriebsbezogener Übergang.14

Bei Umgründungen kann der Verlustrücktrag gem VO hingegen nicht steuersubjektübergreifend beim Rechtsvorgänger erfolgen. Dies soll einen Einfluss auf gesellschaftsrechtlich bereits abgeschlossene Vorgänge verhindern.15

Conclusio

Die auf Basis der Verordnungsermächtigungen erlassene VO beinhaltet die technische Ausgestaltung der periodenübergreifenden Verlustberücksichtigung vor Veranlagung 2020 durch die Bildung einer (pauschalen) Rücklage in der Veranlagung 2019 sowie der Möglichkeit der nachträglichen Herabsetzung der Einkommens- und Körperschaftsteuer 2019. Zudem führt der BMF auf Basis der Ermächtigung aus, unter welchen Voraussetzungen Verluste in die Veranlagungsperiode 2018 rückgetragen werden können.

Fraglich ist aus heutiger Sicht, ob der BMF eine eigene VO für Unternehmensgruppen erlassen wird. Dies wäre uE zu begrüßen, da sich in diesem Zusammenhang noch zahlreiche offene Punkte ergeben.16

Soweit noch nicht erfolgt, sollte für jene Steuerpflichtige, die planen die pauschale Rücklage iHv 30 % in Anspruch zu nehmen, eine Herabsetzungsantrag der Steuervorauszahlungen auf Null für 2020 bis 31. 10. 2020 erfolgen.17 Des Weiteren sollten bei geplanten Umgründungen zum Stichtag 31. 12. 2019 die Regelungen zum Verlustrücktrag in die Planung mit einbezogen werden.

1

Siehe dazu Geweßler/Uedl, Verlustrücktrag im Rahmen des Konjunkturstärkungsgesetzes 2020, lexisnexis360 Rechtsnews 29305.


2

Die Begutachtung endet am 24. 8. 2020, der Text des Begutachtungsentwurfs und die dazu ergangenen Erläuterungen sind hier aufrufbar: https://www.bmf.gv.at/rechtsnews/steuern-rechtsnews/in-begutachtung.html (abgerufen am 11. 8. 2020).



4

Siehe dazu umfassend Geweßler/Uedl, Einführung eines rechtsformunabhängigen Verlustrücktrags im EStG und KStG durch das Konjunkturstärkungsgesetz 2020, ÖStZ 2020/520 (in Druck).


5

Vgl Entwurf der Erläuterungen zur VO, § 1, 1.


6

Vgl Entwurf der Erläuterungen zur VO, Beispiel 1, 2.


7

Siehe dazu die Ausführungen in Geweßler/Uedl, Einführung eines rechtsformunabhängigen Verlustrücktrags im EStG und KStG durch das Konjunkturstärkungsgesetz 2020, ÖStZ 2020/520 (in Druck).



9

Vgl Entwurf der Erläuterungen zur VO, § 1, 3.


10

Vgl Entwurf der Erläuterungen zur VO, § 1, 2.


11

Zu den Konsequenzen dieser Regelung auf (un)entgeltliche Betriebsübertragungen in 2019 und 2020 beinhalten die Erläuterungen zum VO-Entwurf auf S 2 f beispielhafte Ausführungen.



13

Vgl Entwurf der Erläuterungen zur VO, § 5, 4.


14

Vgl Entwurf der Erläuterungen zur VO, § 8 mit Verweis auf einschlägige Judikatur 5.


15

Vgl Entwurf der Erläuterungen zur VO, § 8, 5.


16

Siehe dazu auch Geweßler/Uedl, Einführung eines rechtsformunabhängigen Verlustrücktrags im EStG und KStG durch das Konjunkturstärkungsgesetz 2020, ÖStZ 2020/520 (in Druck).


17

BMF-Info – erweiterte Version, 24. 3. 2020, GZ 2020-0.190.277, Rechtsnews Nr 28816.


Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29549 vom 18.08.2020