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EuG: Tax Rulings und Beihilferecht – Entscheidung in der Causa Apple

Bearbeiter: Alexandra Miladinovic

AEUV: Art 107 (1)

Abstract

Tax Rulings, die nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, sind nach Ansicht des EuG grundsätzlich geeignet, einen selektiven Vorteil zu verschaffen.

EuG, Irland ua gegen Europäische Kommission, T-778/16 und T-892/16 vom 15. 7. 2020

Sachverhalt

Im Jahr 2016 erließ die Kommission nach beihilferechtlicher Prüfung eine negative Entscheidung betreffend zwei Tax Rulings, die von den irischen Steuerbehörden zu Gunsten von Apple Sales International (ASI) und Apple Operations Europe (AOE) – zwei nach irischem Recht gegründete Unternehmen, die ihre steuerliche Ansässigkeit nicht in Irland hatten – ausgestellt wurden. Mit den Tax Rulings bestätigte die irische Steuerbehörde die Verrechnungspreisgestaltung und -methoden zur Ermittlung der in Irland steuerpflichtigen Einkünfte der irischen Betriebstätten von ASI und AOE. Da die Tax Rulings nach Ansicht der Kommission nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprachen und vom Authorized OECD Approach (AOA) abwichen, führten sie zu einer begünstigten Besteuerung der beiden Betriebstätten, wodurch Irland einen selektiven Vorteil an ASI und AOE gewährte. Die Kommission sah in den beiden Tax Rulings daher eine nicht mit dem Binnenmarkt vereinbare steuerliche Beihilfe gem Art 107 (1) AEUV und ordnete eine Beihilferückforderung in Höhe von ca 13 Mrd Euro an.

Entscheidung des EuG

In der Rs Irland ua gegen Europäische Kommission (T-778/16 und T-892/16) vom 15. 7. 2020 entschied das EuG über die von Irland und Apple eingebrachte Nichtigkeitsklage in Bezug auf die Kommissionsentscheidung, mit der die beiden von den irischen Steuerbehörden zur Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage der zwei irischen Betriebstätten von ASI and AOE ausgestellten Tax Rulings zu illegalen staatlichen Beihilfen erklärt wurden. Grundsätzlich bestätigte das EuG die Ansicht der Kommission hinsichtlich der beihilferechtlich geforderten Ermittlung der Höhe der Steuerbemessungsgrundlage. Da die Bestimmungen des irischen Körperschaftsteuerrechts eine Gleichstellung von inländischen Betriebstätten nichtansässiger Unternehmen und ansässigen Unternehmen bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage vorsehen, sind diese Unternehmen aus Sicht des EuG vergleichbar. Aus diesem Grund muss sichergestellt werden, dass die Betriebstätteneinkünfte jenen Einkünften entsprechen, die unter Marktbedingungen zustande gekommen wären. Daher stand es nach Ansicht des EuG der Kommission zu, die Höhe der steuerlichen Einkünfte unter Zuhilfenahme der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zu überprüfen und zu ermitteln. Im Ergebnis erklärte das EuG die Entscheidung der Kommission allerdings für nichtig, weil es Letzterer nicht gelang, das Vorliegen eines selektiven Vorteils zugunsten von ASI und AOE nachzuweisen: Die Kommission brachte keine ausreichenden Beweise dafür vor, dass sämtliche Einkünfte von ASI und AOE aufgrund der ausgeführten Aufgaben unter Berücksichtigung der verwendeten Mittel und der eingegangenen Risiken den irischen Betriebstätten zuzuweisen wären. Darüber hinaus erbrachte die Kommission nicht genügend Nachweise, um eine Verringerung der Bemessungsgrundlage durch Fehler in der Anwendung der Verrechnungspreismethoden zu beweisen. Schließlich gelang es der Kommission auch nicht nachzuweisen, dass die irischen Behörden bei der Ausstellung der Tax Rulings den gesetzlich eingeräumten Ermessenspielraum überschritten.

Conclusio

Legt die Kommission ein Rechtsmittel gegen die E ein, hat der EuGH das letzte Wort im Fall Apple. Die E zu den Tax Ruling-Fällen könnten Auswirkungen auf die Ruling-Praxis aller Mitgliedstaaten, ua auch die Ausstellung von Auskunftsbescheiden nach § 118 BAO, haben.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29587 vom 27.08.2020