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Abstract
Der Ansässigkeitsstaat wird durch die Grundfreiheiten nicht dazu verpflichtet, steuerliche Mehrbelastungen, die sich aus einer grenzüberschreitenden Tätigkeit des Steuerpflichtigen ergeben, auszugleichen. Der Anrechnungshöchstbetrag darf mit der auf die entsprechenden Einkünfte entfallenden nationalen Steuer gedeckelt werden.
EuGH 25. 2. 2021, C-403/19, Société Générale
Sachverhalt
Die Société Générale Asset Management Banque (SGAM) mit Sitz in Frankreich tätigte Wertpapierleihgeschäfte, bei denen der Entleiher als Sicherheit Wertpapiere für die von SGAM verliehenen Wertpapiere übertrug. SGAM wurde Eigentümer der Wertpapiere, war aber nicht nur dazu verpflichtet dem Entleiher gleichwertige Wertpapiere zurückzugeben, sondern musste diesem auch während der Entleihung entstehende Dividendenansprüche sichern oder ihn in Höhe des Dividendenbetrags entschädigen. Weiters verwaltete SGAM Aktienkörbe, wobei die Dividenden an SGAM ausbezahlt wurden und SGAM für ein fixes Entgelt eine den Dividenden und der Wertsteigerung entsprechende Summe an die Anleger auszuzahlen hatte. Anders gesagt: SGAM war dazu verpflichtet, die aus diesen Wertpapieren entspringenden Dividenden in voller Höhe an die Entleiher und Anleger weiterzuleiten.
SGAM bezog aus diesen Bankgeschäften Dividenden aus Italien, Großbritannien und den Niederlanden, wobei jeweils Quellensteuer auf die Kapitalerträge abgeführt wurde. Die DBA mit Frankreich sahen jeweils die Anrechnungsmethode auf die Dividendeneinkünfte vor, weshalb Frankreich die französische Steuer, die auf die ausländischen Dividenden anfiel, berechnete und von dieser die im Ausland bezahlte Quellensteuer zum Abzug brachte. Frankreich behandelte die an die Entleiher und Anleger zu leistende Zahlungen als mit den Dividenden in Zusammenhang stehende Ausgaben, welche von den Dividendeneinkünften abgezogen werden konnten. Von dieser Steuergrundlage (praktisch EUR 0) wurde dann die französische Steuer berechnet, mit der der Anrechnungsbetrag der ausländischen Steuer begrenzt wurde.
Entscheidung des EuGH
Der EuGH hatte zu beurteilen, ob eine nationale Regelung, nach der im Ausland entrichtete Steuern auf Dividenden nur mit dem Betrag der auf die Dividenden anfallenden nationalen KöSt begrenzt im Rahmen der Anrechnungsmethode berücksichtigt werden können, gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Wenig überraschend kam der EuGH zu dem Schluss, dass Art 63 AEUV die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, im Ausland gezahlte Steuern voll anzurechnen. Eine Anrechnungsverpflichtung ergibt sich nur bis zur Höhe der sich nach nationalem Recht aus dem steuerbaren Sachverhalt ergebenden Steuer.
Société Générale, die Muttergesellschaft der SGAM, berief sich in ihrem Vorbringen insbesondere auch auf den Fall EuGH 28. 2. 2013, C-168/11, Beker. In diesem Fall wurde der Anrechnungshöchstbetrag anhand einer Formel ermittelt, wonach Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen nicht im Rahmen der Bezugsgröße „Summe der Einkünfte“, durch die die ausländischen Einkünfte geteilt wurden, zu berücksichtigen sind. Solche Belastungen hätten sich daher in einem rein nationalen Fall zu Gunsten des Steuerzahlers ausgewirkt, nahmen jedoch keinen Einfluss auf den anrechenbaren Betrag ausländischer Steuern. Anders als in dieser Rs berechnete jedoch Frankreich die Bemessungsgrundlage aus den Dividenden nicht anders, als dies bei einem rein nationalen Sachverhalt der Fall gewesen wäre.
Conclusio
Während persönliche und familienbezogene Ausgaben bei natürlichen Personen vom Ansässigkeitsstaat in voller Höhe berücksichtigt werden müssen, ergibt sich aus den Grundfreiheiten keine Pflicht, dass der Ansässigkeitsstaat dafür Sorge tragen muss, dass grenzüberschreitende Tätigkeiten seiner Ansässigen keiner höheren als der nationalen Besteuerung unterliegen (vgl S. Bendlinger, Die Anrechnungsmethode im Lichte der Kapitalverkehrsfreiheit, SWK 2021, 701). Wie im vorliegenden Fall kann dies zu verbleibenden ausländischen Quellensteuern führen, die im Ansässigkeitsstaat nicht anrechenbar sind.