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EuGH: Die Vorsteuerkorrektur bei Immobilienveräußerungen

Bearbeiter: Christina Pollak

MwStSyst-RL: Art 188 Abs 2

MwStSyst-RL: Art 189

UStG: § 12 Abs 10

Abstract

Der EuGH beschäftigte sich in diesem Urteil mit der Frage, welcher Unternehmer in einer Veräußerungskette einer Immobilie zur Vorsteuerkorrektur verpflichtet ist. Der EuGH führte aus, dass jener Unternehmer zur Vorsteuerkorrektur verpflichtet ist, der den Vorsteuerabzug ursprünglich auch geltend gemacht hat.

EuGH vom 26. 10. 2020, C‑787/18, Sögård Fastigheter

Sachverhalt

Sögård Fastigheter erwarb im Jahr 2012 eine Immobilie. Der frühere Eigentümer (Erstveräußerer) dieser Immobilie, von dem Sögård Fastigheter die Immobilie erworben hatte, optierte zur MwSt und machte die Vorsteuer auf Umsätze iZm einem Umbau der Immobilie geltend. Auch Sögård Fastigheter (Zweitveräußerer) vermietete die Immobilie umsatzsteuerpflichtig. Aus diesem Grund optierte auch Sögård Fastigheter zur Besteuerung.

2013 verkaufte Sögård Fastigheter die Immobilie an zwei Privatpersonen, die nicht beabsichtigten, die Immobilie für steuerpflichtige Umsätze zu nutzen. Folglich endete die optionale Besteuerung. Die Steuerbehörde forderte daher Sögård Fastigheter auf, den vom früheren Eigentümer vorgenommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen und die auf den verbleibenden Berichtigungszeitraum entfallende Vorsteuer zurückzuerstatten.

Entscheidung des EuGH

Das schwedische Gericht befragte den EuGH, ob eine nationale Regelung der MwStSyst-RL entgegensteht, wonach ausschließlich der Veräußerer die Vorsteuerkorrektur vornehmen muss, der die Immobilie an Erwerber, die die Immobilie nicht für steuerpflichtige Leistungen nutzen, verkauft.

Im vorliegenden Fall musste eine Vorsteuerkorrektur eines Investitionsgutes iSd Art 188 MwStSyst-RL vorgenommen werden, weil der Zweitveräußerer die fragliche Liegenschaft an zwei Erwerber verkaufte, die die Liegenschaft für nicht steuerpflichtige Umsätze verwendeten. Kernfrage des vorliegenden Urteils war, ob der Zweitveräußerer zur Korrektur des durch den Erstveräußerer geltend gemachten Vorsteuerabzugs herangezogen werden darf.

Gemäß Art 189 MwStSyst-RL dürfen Mitgliedstaaten zweckdienliche Vorkehrungen treffen, um zu gewährleisten, dass keine ungerechtfertigten Vorteile aus der Vorsteuerberichtigung entstehen. Die nationalen Bestimmungen dürfen jedoch nicht dazu führen, dass die Berichtigung eines Vorsteuerabzugs einen anderen als den Steuerpflichtigen belastet, der diesen Abzug vorgenommen hat. Die MwStSyst-RL enthält zwar keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, welcher Steuerpflichtige für Steuerforderungen aufkommen muss, die sich aus der Berichtigung eines Vorsteuerabzugs ergeben. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Mitgliedstaaten frei entscheiden dürfen, welcher Steuerpflichtige in einer solchen Situation die Mehrwertsteuer zu tragen hat (siehe dazu bereits EuGH 10. 10. 2013, Pactor Vastgoed, C‑622/11).

Einerseits sollen Unternehmer vollumfänglich von der entrichteten MwSt entlastet werden, wenn Unternehmer die erworbenen Gegenstände oder Dienstleistungen für ihre besteuerten Umsätze verwenden. Andererseits stellen die Berichtigungsmechanismen in der MwStSyst-RL die Genauigkeit der Vorsteuerabzüge sicher und gewährleisten dadurch die Neutralität der MwSt. Eine Auslegung, wonach die Berichtigung eines Vorsteuerabzugs einen anderen als den Steuerschuldner belasten könnte, der den Abzug vorgenommen hat, wäre mit den in der MwStSyst-RL verfolgten Zielen unvereinbar. Demnach widerspricht eine nationale Regelung der MwStSyst-RL, wonach ausschließlich der Zweitveräußerer (und nicht der Erstveräußerer) zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges herangezogen wird.

Mit der zweiten Vorlagefrage wollte das vorlegende Gericht die rechtliche Einschätzung des EuGH erhalten, ob die in Frage 1 getroffenen rechtlichen Ausführungen auch auf die Übertragung von Vermögen im Sinne von Art 19 MwStSyst-RL anzuwenden wären. Der EuGH erklärte diese Frage jedoch als unzulässig, weil sie hypothetisch und für die Klärung des Rechtsstreites nicht notwendig ist.

Conclusio

In Sögård Fastigheter betont der EuGH, dass jener Unternehmer zur Vorsteuerkorrektur herangezogen werden muss, der den Vorsteuerabzug ursprünglich geltend gemacht hat. Dies führt zu der praktischen Schwierigkeit, dass bei einer uU längeren Veräußerungskette vorhergehende Eigentümer während des Berichtigungszeitraumes kontaktiert und über die notwendige Korrektur informiert werden müssten. Diese Schwierigkeit begründet sich insbesondere darauf, dass in Schweden keine Besteuerungsoption bei Immobilienveräußerungen vorgesehen ist. Der österr Gesetzgeber ist dieser Schwierigkeit insoweit entgegengetreten, als ein Veräußerer das Recht hat, zur Umsatzsteuer zu optieren und die Immobilie umsatzsteuerpflichtig zu veräußern (siehe § 6 Abs 2 UStG).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30336 vom 29.01.2021