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MwStSyst-RL: Art 2 Abs 1 lit c
Abstract
Der EuGH bestätigte in diesem Urteil, dass Kontrollgebühren für die vertragswidrige Nutzung eines Parkplatzes als Teil der Gegenleistung des Bereitstellens des Parkplatzes einzuordnen sind.
EuGH vom 20. Januar 2022, C‑90/20, Apcoa Parking Danmark
Sachverhalt
Apcoa betrieb im Einvernehmen mit den Eigentümern von Privatgrundstücken Parkplätze auf deren Grundstücken. In den AGB legte Apcoa die Entgelterhebung und die Höchstdauer des Parkens für die Nutzung der von ihr verwalteten Parkflächen fest. Bei einem Verstoß gegen die AGB erhob Apcoa neben den Parkgebühren für die Nutzung der Parkplätze zusätzlich eine Kontrollgebühr, auf die der Nutzer des Parkplatzes bei der Einfahrt durch Anbringen eines Schilds hingewiesen wurde. Unstrittig war, dass Apcoa eine wirtschaftliche Tätigkeit iSv Art 9 Abs 1 MwStSyst-RL ausübte und die Zahlungen der Parkgebühren mehrwertsteuerpflichtig waren. Apcoa bestritt jedoch, dass die eingehobenen Kontrollgebühren mehrwertsteuerpflichtig seien.
Entscheidung des EuGH
Kern dieser Entscheidung war die Frage, ob Kontrollgebühren, die ein Betreiber von einem Parkplatz bei einem Verstoß gegen die AGB, als Gegenleistung für die Erbringung der sonstigen Leistungen (dem Bereitstellen von Parkplätzen) anzusehen sind und somit der Mehrwertsteuer unterliegen.
Der EuGH bestätigte in einem ersten Schritt das Vorliegen eines Rechtsverhältnisses zwischen Apcoa und den Parkplatznutzern. IRd Rechtsverhältnisses übernehmen die Parteien Rechte und Pflichten gemäß den AGB für die Nutzung der betreffenden Parkflächen, zu denen insbesondere die Bereitstellung eines Parkplatzes durch Apcoa und die Verpflichtung des betreffenden Parkplatznutzers gehören, neben den Parkgebühren bei etwaiger Nichteinhaltung der AGB eine Kontrollgebühr wegen vorschriftswidrigen Parkens zu zahlen. Daher entspricht der Gesamtbetrag der Zahlung durch den Nutzer des Parkplatzes, einschließlich der Kontrollgebühr, der Gegenleistung, weil auch die Einhebung der Kontrollgebühr Teil der Bedingung zur Nutzung des Parkplatzes war. Die Kontrollgebühr steht in unmittelbarem Zusammenhang zur Leistung und ist integraler Bestandteil des Gesamtbetrages, der für die Nutzung des Parkplatzes geleistet werden muss.
Dem Vorhalt, dass die Kontrollgebühr nicht als Teil der Gegenleistung zu qualifizieren sei, weil die Bereitstellung des Parkplatzes unabhängig von der Entrichtung der Kontrollgebühr sei, folgte der EuGH nicht. Grundsätzlich müsse zwar jede Leistung als eigene und selbstständige Leistung angesehen werden, jedoch besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen zwei Leistungen, wenn diese Leistungen sich gegenseitig bedingen. In vorliegendem Fall besteht keine Notwendigkeit vorschriftswidriges Parken zu kontrollieren, und mithin keine Auferlegung einer solchen Kontrollgebühr geben, wenn nicht zuvor die Dienstleistung der Bereitstellung eines Parkplatzes erbracht wurde. Auch das Vorbringen durch Apcoa, dass der Betrag nicht im Vorhinein feststeht und in keinem konkreten wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Wert der erbrachten Parkdienstleistung stehe, lehnte der EuGH ab. Nach stRsp ist für die Einordnung einer Leistung als steuerbarer Umsatz iSv Art 2 Abs 1 lit c MwStSyst-RL der Betrag der Gegenleistung und insbesondere der Umstand, ob dieser höher, gleich hoch oder geringer als die Kosten ausfällt, die dem Steuerpflichtigen iRd Erbringung seiner Leistung entstanden sind, unerheblich (mVa C‑94/19, San Domenico Vetraria, Rn 29 mwN).
Conclusio
In der Rs Apcoa Parking Danmark festigt der EuGH seine Rsp zur Abgrenzung von Leistungsaustausch und „echtem“ Schadenersatz. Der EuGH entschied, dass die Einhebung von Kontrollgebühren Teil des Entgelts für den Leistungsaustausch (die Benützung des Parkplatzes) und aus diesem Grund steuerpflichtig ist. Davon ist die Leistung von sog echtem Schadenersatz zu unterscheiden. Echter Schadenersetz ist nicht als Entgelt für eine Lieferung oder sonstige Leistung zu qualifizieren, sondern ist das vertragliche oder gesetzliche Einstehen für einen Schaden. Die Leistung von echtem Schadensersatz ist nicht steuerpflichtig. Ob es sich um einen Leistungsaustausch oder um einen echten Schadenersatz handelt, ist eine Einzelfallentscheidung und führt in der Praxis oft zu Rechtsunsicherheit.