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RL 2000/31/EG: Art 2
Wie sich aus ihrem 24. Erwägungsgrund ergibt, beruht die RL 2000/31/EG [über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insb des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („RL über den elektronischen Geschäftsverkehr“; EC-RL = E-CommerceRL] auf dem Grundsatz, dass Dienste der Informationsgesellschaft an der Quelle zu beaufsichtigen sind. Dass Dienste der Informationsgesellschaft den nationalen Vorschriften in ihrem Niederlassungsstaat entsprechen müssen (Art 3 Abs 1 EC-RL) und in einem anderen Mitgliedstaat grds nicht eingeschränkt werden dürfen (Art 3 Abs 2 EC-RL), bezieht sich jeweils nur auf Vorschriften, „die in den koordinierten Bereich fallen“. Dazu wird in Art 2 Buchst h Z i zweiter Gedankenstrich EC-RL präzisiert, dass der „koordinierte Bereich“ ua die Anforderungen in Bezug auf die Ausübung der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft umfasst, etwa Anforderungen betr die Qualität oder den Inhalt des Dienstes sowie betr Werbung. Dagegen sind nach Art 2 Buchst h Z ii erster Gedankenstrich EC-RL die Anforderungen betr die Waren als solche vom koordinierten Bereich ausgeschlossen.
Kennzeichnung – wie ua die Verpackung, die Form oder die Zusammensetzung einer Ware – stellt eine Anforderung betr die Ware als solche dar. Auch der 21. Erwägungsgrund der RL, in dessen Licht Art 2 Buchst h Z ii erster Gedankenstrich E-CommerceRL auszulegen ist, zählt die Kennzeichnungspflichten zu den Anforderungen betr die Waren. Somit fallen die Kennzeichnungspflichten nicht in den koordinierten Bereich. Die Annahme, dass Kennzeichnungspflichten für online beworbene und verkaufte Waren in den koordinierten Bereich fielen, würde gegen den ausdrücklichen Willen des Unionsgesetzgebers verstoßen.
Nationale Vorschriften über die Kennzeichnung von online beworbenen und verkauften Waren, die von dem Mitgliedstaat vorgeschrieben werden, in dem sich die durch diese Online-Vermarktungsmaßnahmen angesprochenen Verbraucher befinden, sind daher nicht vom Begriff „koordinierter Bereich“ umfasst.
Ein Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft unterliegt zum einen der E-CommerceRL, insb was die Anforderungen betreffend die Onlinewerbung betrifft, und zum anderen den Bestimmungen des Unionsrechts, die die Kennzeichnungspflichten für die Waren konkretisieren, die er auf seiner Website zum Verkauf anbietet. Diese Auslegung stellt den Verbraucherschutz sicher, weil jeder betroffene Mitgliedstaat unmittelbar sicherstellen kann, dass in seinem Gebiet die Vorschriften über die Kennzeichnung der Waren eingehalten werden.
EuGH 19. 9. 2024, C-88/23, Parfümerie Akzente
Zu einem schwedischen Vorabentscheidungsersuchen.
Entscheidung
Die vorliegende Vorabentscheidung ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem es ua darum geht, der Parfümerie Akzente GmbH die Vermarktung nicht in schwedischer Sprache gekennzeichneter kosmetischer Mittel in Schweden zu verbieten.
Da die Anforderungen betr die Waren als solche - und damit auch betr deren Kennzeichnung – vom koordinierten Bereich iSv Art 2 Buchst h EC-RL ausgeschlossen sind, ist im Kontext des Ausgangsrechtsstreits auf die Anforderungen der RL 75/324/EWG [... über Aerosolpackungen] und der VO (EG) 1223/2009 [über kosmetische Mittel] zurückzugreifen. Diese beiden Sekundärrechtsakte erlauben es den Mitgliedstaaten, in ihrem Hoheitsgebiet die Verwendung einer bestimmten Sprache vorzuschreiben (Art 8 Abs 2 RL 75/324/EWG; Art 19 Abs 5 VO (EG) 1223/2009).
Wie der EuGH bereits zu Art 19 Abs 5 VO (EG) 1223/2009 entschieden hat, könnte der Schutz der menschlichen Gesundheit nicht in vollem Umfang gewährleistet werden, wenn die Verbraucher nicht in der Lage wären, insb die Angaben betr Verwendungszweck des kosmetischen Mittels und besondere Vorsichtsmaßnahmen bei seiner Verwendung zu verstehen (EuGH 17. 12. 2020, C-667/19, A. M. [Kennzeichnung kosmetischer Mittel], EU:C:2020:1039, Rn 47).
Hinsichtlich Aerosolpackungen müssen die Mitgliedstaaten im Rahmen der Möglichkeit des Art 8 Abs 2 RL 75/324/EWG vorsehen, dass das gesamte Etikett einer Aerosolpackung in der oder den jeweiligen Landessprache(n) abgefasst wird.
Bei kosmetischen Mitteln müssen dagegen nur die in Art 19 Abs 5 VO (EG) 1223/2009 genannten Informationen in der Sprache zugänglich sein, die der Mitgliedstaat bestimmt, in dem das kosmetische Mittel für die Endverbraucher bereitgestellt wird. Der Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft kann jedoch freiwillig auch für die Informationen, deren Übersetzung nicht verpflichtend ist, die Übersetzung in die Sprache des Verbrauchers gewährleisten (vgl EuGH 3. 6. 1999, Colim, C-33/97, EU:C:1999:274, Rn 42).