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EuGH: „Einkaufsgemeinschaft“ – Verbrauchereigenschaft

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

RL 93/13/EWG: Art 2

Der Kl des Ausgangsverfahrens, eine natürlich Person, übt keine gewerbliche oder berufliche kaufmännische Tätigkeit aus. Die Bekl des Ausgangsverfahrens, ein Handelsunternehmen, hat eine „Einkaufsgemeinschaft“ eingerichtet, die ihre Mitglieder (ua den Kl) berechtigt, Waren und Dienstleistungen von Händlern zu erwerben, die mit der Bekl in einer vertraglichen Beziehung stehen, andere Personen in das System hineinzuvermitteln und Einkünfte in Form von Rückvergütungen für Einkäufe und Provisionen sowie anderen Vorzugskonditionen zu erhalten („Lyoness-System“).

Eine natürliche Person, die keine gewerbliche oder berufliche kaufmännische Tätigkeit ausübt und der es bei ihrer Teilnahme an einem derartigen System im Wesentlichen um vorteilhafte Bedingungen im Rahmen des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen zu nicht gewerblichen Zwecken bei Handelspartnern des Betreibers dieses Systems geht, darf die Eigenschaft als „Verbraucher“ iSd Art 2 Buchst b RL 93/13/EWG [über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen; KlauselRL] in der vertraglichen Beziehung mit diesem Betreiber nicht allein dadurch verlieren, dass sie bestimmte Vorteile in Form von Rückvergütungen für Einkäufe, Provisionen und anderen Vorzugskonditionen nutzen kann, die sich aus ihren eigenen Einkäufen oder denen anderer Personen ergeben, die auf ihre Empfehlung hin am System teilnehmen. Eine Auslegung des Art 2 Buchst b KlauselRL, die eine solche natürliche Person vom Begriff „Verbraucher“ ausschlösse, weil sie aus ihrer Teilnahme am System bestimmte finanzielle Vorteile zieht, würde nämlich verhindern, dass der Schutz sichergestellt werden kann, den die Klausel-RL allen natürlichen Personen gewährt, die sich gegenüber einem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Position befinden und die angebotenen Dienstleistungen nicht gewerblich oder beruflich nutzen.

Eine natürliche Person, die Mitglied in einem solchen System wird, fällt somit unter den Begriff „Verbraucher“ iSd Art 2 Buchst b KlauselRL, wenn sie zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

EuGH 8. 6. 2023, C-455/21, Lyoness Europe

Zu einem rumänischen Vorabentscheidungsersuchen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34143 vom 14.06.2023