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EuGH-GA: Schadenersatz durch Gesellschaftsorgan – Rom II-VO?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Rom II-VO: Art 1, Art 4

Anlässlich der deliktischen Schadenersatzklage eines Spielers wegen erlittener Spielverluste gegen die Geschäftsführer einer Gesellschaft, die konzessionslos Online-Glücksspiel in Österreich anbietet, richtete der OGH das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH hinsichtlich der Frage, welches materielle nationale Recht anzuwenden ist.

Gem Art 1 Abs 2 lit d VO (EG) 864/2007 [über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht; (Rom II-VO)] sind vom Anwendungsbereich der VO ua außervertragliche Schuldverhältnisse ausgenommen, „die sich aus dem Gesellschaftsrecht [...] ergeben, wie [...] die persönliche Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft“. Nach Ansicht des Generalanwalt umfasst diese Ausnahme nicht ein angebliches „außervertragliches Schuldverhältnis“ des Geschäftsführers einer Gesellschaft, das sich aus dem Verstoß gegen eine Pflicht oder ein Verbot ergibt, die bzw das dem Geschäftsführer unabhängig von seiner Bestellung gesetzlich auferlegt ist, wie etwa das für jedermann geltende Verbot, Glücksspiele in einem bestimmten Mitgliedstaat ohne eine von den Behörden dieses Staates erteilte Konzession anzubieten.

Die zweite Vorlagefrage bezieht sich auf Art 4 Abs 1 Rom II-VO, wonach auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung grds das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Dazu möchte der OGH wissen, wonach sich der Ort des Schadenseintritts hier richtet - nach dem Ort, von dem aus der Spieler Überweisungen von seinem Bankkonto auf das Spielerkonto leistet (auf dem Guthaben und Verluste verbucht werden und von dem aus er seine Spieleinsätze tätigt), nach dem Ort, wo die Gesellschaft das Spielerkonto führt, nach dem Wohnort des Spielers als Belegenheitsort seines Hauptvermögens bzw seiner Forderung auf Auszahlung des Guthabens auf dem Spielerkonto. Nach Ansicht des Generalanwalts trat der „Schaden“ iSv Art 4 Abs 1 Rom II-VO in dem Staat ein, von dem aus die Spieleinsätze getätigt wurden - wobei diesbezüglich vom Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Spielers in Österreich auszugehen ist, ungeachtet dessen, an welchem Ort der Spieler sich tatsächlich aufgehalten hat, als er an einem Glücksspiel (etwa über ein Smartphone) teilgenommen hat.

Schlussanträge des Generalanwalts 12. 6. 2025, C-77/24, Wunner

Zum Vorabentscheidungsersuchen OGH 11. 1. 2024, 5 Ob 9/24w, RdW 2024/147.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36844 vom 17.06.2025