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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
Rom I-VO: Art 6
Im Ausgangsfall begehrt ein in Italien wohnhafter Verbraucher von der bekl Bank mit Sitz in Österreich Schadenersatz wegen seiner Verluste aus dem Kauf von Finanzprodukten, weil ihn die Bank falsch informiert und beraten habe. Die Bank habe ihre Tätigkeit auf Italien ausgerichtet, weshalb die vereinbarte Rechtswahlklausel unberücksichtigt bleiben müsse, weil italienisches Recht für ihn vorteilhafter sei als österreichisches Recht. Die bekl Bank hält hingegen die Wahl österreichischen Rechts für wirksam. Die getätigten Geschäfte habe der Verbraucher allesamt in Auftrag gegeben, ohne eine Anlageberatung in Anspruch zu nehmen; außerdem seien alle Anlagen für ihn angemessen gewesen seien, so dass die Bank nach österreichischem Recht nicht hafte.
Nach Ansicht des Generalanwalts sind die Rechtsfolgen von Aufträgen zum Erwerb von Finanzprodukten, die ein im Staat A wohnhafter Verbraucher aufgrund einer ständigen Geschäftsbeziehung einer im Staat B ansässigen Bank erteilt, nach dem Recht zu beurteilen, das die Parteien in dem Vertrag bestimmt haben, mit dem die Geschäftsbeziehung begründet wurde, auch wenn die Voraussetzungen für die Anwendung von Art 6 Abs 1 VO (EG) 593/2008 (Rom I-VO) (auf den Verbraucherstaat ausgerichtete Tätigkeit) nach Abschluss dieses Vertrags eintreten und bei Erteilung der einzelnen Aufträge erfüllt sind.
Schlussanträge des Generalanwalts 22. 5. 2025, C-279/24, Liechtensteinische Landesbank
Zum Vorabentscheidungsersuchen OGH 8. 4. 2024, 1 Ob 151/23x, Rechtsnews 35367 = RdW 2024/220.
Entscheidung
In Anbetracht dieses Antwortvorschlags zur ersten Vorlagefrage erübrigte sich eine Prüfung der zweiten und der dritten Vorlagefrage. Der Generalanwalt behandelte sie dennoch der Vollständigkeit halber und für den Fall, dass der EuGH sich seinem Antwortvorschlag zur ersten Vorlagefrage nicht anschließen sollte:
Wäre Art 6 Rom I-VO demnach grds anwendbar, möchte der OGH mit der zweiten Vorlagefrage wissen, ob die Voraussetzungen für die Ausnahme nach Art 6 Abs 4 lit a Rom I-VO betr Verträge erfüllt sind, bei denen „die dem Verbraucher geschuldeten Dienstleistungen ausschließlich in einem anderen als dem Staat erbracht werden müssen, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat“, wenn die Bank wie hier auf Grundlage des Vertrags Konten für den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Verbraucher eröffnet und sodann aufgrund von Aufträgen des Verbrauchers für diesen Finanzprodukte erwirbt, die den Konten zugeschrieben werden, wobei der Verbraucher die Aufträge (auch) im Weg der Fernkommunikation erteilen kann. Der Generalanwalt hält diesbezüglich die Ausnahme des Art 6 Abs 4 Buchst a Rom I-VO nicht anwendbar.
Für den Fall der Verneinung der Frage 2 und der Anwendbarkeit des Art 6 Rom I-VO (und damit Anwendbarkeit des italienischen Recht) wäre eine Rechtswahl zwar möglich, dürfte aber nach Art 6 Abs 2 Rom I-VO nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch das zwingende Recht seines Aufenthaltsstaates gewährt wird. Damit stellt sich für den OGH im konkreten Fall die Frage, ob die von den Parteien getroffene Rechtswahl (vor Eintreten der Voraussetzungen für die Anwendung von Art 6 Rom I-V) weiterhin zu beachten ist, obwohl darin nicht – iSd Rs C-191/15 (= RdW 2016/454) – auf die Rechtsfolgen des Art 6 Abs 2 Rom I-VO hingewiesen wurde.
Der Generalanwalt vertritt dazu die Auffassung, dass eine Rechtswahlklausel nicht als missbräuchlich iSv Art 3 Abs 1 RL 93/13/EWG [über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen; KlauselRL] anzusehen ist, wenn der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht auf die Rechtsfolgen des Art 6 Abs 2 Rom I-VO hingewiesen wurde, die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Art 6 aber erst nach Vertragsschluss eingetreten sind.