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EuGH-GA: Zugang zu iZm Kartellverfahrenen abgegebenen Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen in Strafverfahren

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

AEUV: Art 101

RL 2014/104/EU: Art 1 ff

RL (EU) 2019/1: Art 1 ff

1. Das Wettbewerbsrecht der Union, insb die RL 2014/104/EU [über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union; KartellschadensersatzR] und die RL (EU) 2019/1 [zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts], regelt nicht die Frage, ob Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen (im Folgenden: Dokumente der schwarzen Liste) von einer Strafverfolgungsbehörde im Rahmen eines Strafverfahrens zum Akt genommen und als Basis für weitere Ermittlungen verwendet werden dürfen. Art 101 AEUV steht dem nicht entgegen, dass solche Dokumente von einer Strafverfolgungsbehörde im Rahmen eines Strafverfahrens zum Akt genommen und als Basis für weitere Ermittlungen verwendet werden, sofern die in den vorgenannten Richtlinien festgelegten Anforderungen an ihren Schutz gegenüber Rechtsuchenden eingehalten werden.

2. Art 31 Abs 3 RL (EU) 2019/1 bestimmt, dass der Zugang zu Dokumenten der schwarzen Liste nur Parteien, die Gegenstand des betreffenden Verfahrens sind, und nur für Zwecke der Ausübung ihrer Verteidigungsrechte gewährt wird. Art 31 Abs 3 RL (EU) 2019/1

-steht einer nationalen Regelung entgegen, die es den Privatbeteiligten in einem Strafverfahren, das keine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht zum Gegenstand hat, ermöglicht, Zugang zu diesen Dokumenten zu erhalten, die von einer Strafverfolgungsbehörde zum Akt eines Strafverfahrens genommen wurden;
-steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es Personen, gegen die im Rahmen dieses Strafverfahrens ermittelt wird und bei denen es sich nicht um die Verfasser der Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen handelt, ermöglicht, Zugang zu diesen Dokumenten zu erhalten, die von einer Strafverfolgungsbehörde zum Akt eines Strafverfahrens genommen wurden.

3. Der durch die RL 2019/1 den Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen zuerkannte Schutz erstreckt sich nicht auf andere Dokumente, die eigens für die Zwecke eines Verfahrens einer Wettbewerbsbehörde erstellt und freiwillig oder auf Verlangen dieser Behörde vorgelegt wurden.

Schlussanträge des Generalanwalts 24. 10. 1024, C-2/23, FL und KM Baugesellschaft und S

Zu einem Vorabentscheidungsersuchen des OLG Wien.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36013 vom 25.10.2024