Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der RdW erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
EuGVVO 2012: Art 7
Art 7 Nr 1 EuGVVO 2012 regelt den internationalen Wahlgerichtsstand des Erfüllungsorts.
Der vorliegende Vertrag betrifft die Entwicklung und den laufenden Betrieb einer Software, die auf die individuellen Bedürfnisse der Bestellerin ausgerichtet ist; die Bestellerin ist im Mitgliedstaat A ansässig (hier: Deutschland; die Software dient der Auswertung von Corona-Tests nach den Vorgaben des deutschen Gesetzgebers und für den Einsatz in deutschen Testzentren). Das Unternehmen, das die geistige Schöpfung hinter der Software („Programmierung“) erbringt, ist im Mitgliedstaat B ansässig (hier: Österreich).
Dieser Vertrag fällt unter den Begriff „Erbringung von Dienstleistungen“ iSd Art 7 Nr 1 lit b zweiter Gedankenstrich EuGVVO 2012. Da die charakteristische Verpflichtung eines Vertrags über die Online-Lieferung einer Software wie hier darin besteht, diese dem betreffenden Besteller zur Verfügung zu stellen, ist – beim Fehlen vertraglicher Bestimmungen – als Erfüllungsort eines solchen Vertrags der Ort anzusehen, an dem die Software den Besteller erreicht, dh der Ort, an dem sie von diesem abgerufen und zum Einsatz gebracht wird.
Soll die betreffende Software an verschiedenen Orten zum Einsatz gebracht werden, befindet sich dieser Ort am Wohnsitz bzw am Sitz des Bestellers, da es sich sowohl für den Kl als auch für den Bekl um einen feststehenden und feststellbaren Ort handelt, der daher geeignet ist, die Beweiserhebung und die Gestaltung des Prozesses zu erleichtern.
Dies gilt unabhängig davon, ob die Vorgaben, an die sich der Softwareentwickler halten musste, in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats vorgesehen waren, in dem der Besteller seinen Wohnsitz hatte (hier: Deutschland). Zwar entspricht ein solcher sachlicher Anknüpfungspunkt mit diesem Mitgliedstaat den in den Erwägungsgründen 15 bzw 16 EuGVVO 2012 genannten Zielen der Vorhersehbarkeit und der räumlichen Nähe, doch sind sich die Parteien des Ausgangsverfahrens uneins über die Tragweite dieser Vorgaben, deren Klärung zur inhaltlichen Prüfung durch das zuständige Gericht gehört. Die Bestimmung des Erfüllungsorts eines Vertrags über die Erbringung von Dienstleistungen iSv Art 7 Nr 1 Buchst b zweiter Gedankenstrich EuGVVO 2012 darf aber nicht von Kriterien abhängen, die Teil dieser inhaltlichen Prüfung sind.
EuGH 28. 11. 2024, C-526/23, VariusSystems
Zum Vorabentscheidungsersuchen OGH 13. 7. 2023, 1 Ob 73/23a, RdW 2023/460.
Zu den Schlussanträgen des Generalanwalts siehe RdW 2024/529.