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RL 2008/95/EG: Art 9
VO (EG) 207/2009: Art 54, Art 110, Art 111
Der Inhaber einer älteren Marke oder eines sonstigen älteren Rechts verwirkt es, die Nichtigerklärung einer gutgläubig angemeldeten jüngeren Marke zu verlangen oder sich deren Benutzung zu widersetzen, wenn er während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung von der Vornahme einer Handlung abgesehen hat, die klar seinen Willen zum Ausdruck bringt, sich dieser Benutzung zu widersetzen und der behaupteten Verletzung seiner Rechte abzuhelfen.
Die Einlegung eines behördlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs vor Ablauf dieser Frist beendet jedenfalls die Duldung und verhindert folglich die Verwirkung. Ist der Einlegung dieses Rechtsbehelfs eine Abmahnung vorausgegangen, der der Inhaber der jüngeren Marke nicht nachgekommen ist, kann diese Abmahnung die Frist für den Eintritt der Verwirkung durch Duldung unterbrechen, sofern der Inhaber der älteren Marke oder des sonstigen älteren Rechts nach der nicht zufriedenstellenden Reaktion auf die Abmahnung weiterhin seinen Widerstand gegen die Benutzung der jüngeren Marke zum Ausdruck bringt und die Maßnahmen ergreift, die ihm zur Verfügung stehen, um seine Rechte geltend zu machen.
Hat der Inhaber der älteren Marke dagegen zwar seinen Widerspruch gegen die Benutzung der jüngeren Marke durch eine Abmahnung zum Ausdruck gebracht, nach der Weigerung des Adressaten, dieser Abmahnung nachzukommen oder Verhandlungen aufzunehmen, seine Bemühungen jedoch nicht innerhalb einer angemessenen Frist fortgesetzt, um diesem Zustand abzuhelfen – gegebenenfalls durch Einlegung eines behördlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs –, muss daraus geschlossen werden, dass er nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die ihm zur Verfügung standen, um die behauptete Verletzung seiner Rechte abzustellen. Unternimmt er also nicht die notwendigen Schritte für eine rechtsverbindliche Lösung, beendet eine Handlung – wie zB eine Abmahnung – somit die Duldung nicht und unterbricht dementsprechend nicht die Verwirkungsfrist.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Einlegung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs die Verwirkung durch Duldung verhindert, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück zwar vor Ablauf der Verwirkungsfrist eingereicht wurde, aber aufgrund mangelnder Sorgfalt des Rechtsbehelfsführers nicht die Anforderungen des nationalen Rechts erfüllte, die für die Zwecke der Zustellung gelten, und die Mängel aus Gründen, die ihm zuzurechnen sind, erst nach Ablauf der Verwirkungsfrist behoben wurden.
Der Inhaber einer älteren Marke oder eines sonstigen älteren Rechts ist bei Verwirkung seines Anspruchs auf Nichtigerklärung einer jüngeren Marke und auf Unterlassung ihrer Benutzung auch daran gehindert, Neben- oder Folgeansprüche wie Ansprüche auf Schadenersatz, auf Auskunft oder auf Vernichtung von Waren zu erheben.
EuGH 19. 5. 2022, C-466/20, HEITEC
Zu einem deutschen Vorabentscheidungsersuchen.
Hinweis:
Die RL 2008/95/EG wurde mit Wirkung vom 15. 1. 2019 durch die RL (EU) 2015/2436 (MarkenRL = MarkenRL 2015) und die VO (EG) 207/2009 mit Wirkung vom 1. 10. 2017 durch die VO (EU) 2017/1001 (UnionsmarkenVO = UMV) aufgehoben und ersetzt. Nach dem Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits war das Vorabentscheidungsersuchen jedoch noch im Hinblick auf die alten Regelungen zu prüfen. Art 9 RL 2008/95/EG entspricht Art 9 MarkenRL 2015, Art 54 VO (EG) 207/2009 Art 61 UMV und die Art 110, 111 VO (EG) 207/2009 Art 137, 138 UMV.